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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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Ständer, Wegener stöhnte laut auf, sein Schwanz rief im Hosenstall um Hilfe, die Schwellkörper quietschten, die Eichel wimmerte, »du warst doch bestimmt bei Frau Frommann, Alfons, oder?«, Marie öffnete flüsternd seine Jacke, griff in die Innentaschen, »die alte Seekuh konnte deinem Charme sicher nicht widerstehen«, Wegener spürte Maries Hände in seinen Hemdtaschen, ganz nah an der Haut, an den Brustwarzen, »im Grunde hätte ich da selbst drauf kommen müssen, Eins zu Null für dich, Alfons«, Wegener hörte sich jämmerlich jaulen, Marie umarmte ihn, er spürte ihre weiche, verschwitzte Haut an seiner Wange, roch ihren Atem, alles duftete nach Magdalena, nach Karolina, Maries Finger in den hinteren Hosentaschen des Cordwunders, begrapschten Wegeners Arsch, fanden nichts, wanderten in die vorderen Jackentaschen des Mantels, »na, wo ist denn der kleine Zettel, du wärst hier doch gar nicht aufgetaucht, wenn du die Koordinaten nicht gekriegt hättest, das kannst du deiner Lieblingspfanne nicht erzählen«, Wegener hörte sein eigenes Winseln, eindeutig wildes Waldtier, das bei lebendigem Leib frittiert wird, Marie ruckte zur Seite, ihr Knie rutschte ab und klotzte in seine Hoden, ein Panzer, der in einen Porzellanfachhandel brettert, Sternenzelte fuhren jetzt Achterbahn im Treptower Blitz, das aufgerissene Tigermaul von hinten, der triste Blick in die Kulisse, der jedes Geheimnis schnöde entwürdigt, sobald man es kennt, ist es egal, sobald die Wahrheit im Raum steht, will man sie nur noch rausschicken, wie man eine ungelenke, polnische Nutte rausschickt, die beim Blasen mit den Schneidezähnen die arische Glans massakriert, Wegener röchelte, würgte, kriegte keine Luft zum Brüllen, Maries nasse Haare in seinem Gesicht, Maries Knie ein Rammbock in seinem Schritt, ihre Hände in seinen Hosentaschen, alles festhaltend, den pochenden Eiersalat, den Peinpenis, den Zettel mit den Koordinaten, der jetzt aus der Tasche gezogen und hochgehalten wurde wie ein WM-Pokal, »ich wollte dir nicht weh tun, Süßer«, derart rabiates Glück hatte Wegener noch nie in einem Frauengesicht gesehen, Triumph und Schweiß und Schmutz verkochten zu einer militanten Anmut, die ihn für Sekunden sein eigenes Geschrei vergessen ließ, du kannst ja doch noch Mädchen glücklich machen, Martin, sagte er offenbar zu sich selbst, weil es sonst niemand tat, kippte auf die Seite, lag erledigt in Laub und Erde und kotzte, natürlich, was sonst, sah Marie, die ihren Zetteltraum in der Hand hielt, Zahlen in ihr Minsk tippte und dann nach rechts, nach links lief, bis alles zu passen schien, die den Spaten hob und anfing zu graben wie eine Berserkerin, die ihren schweren linken Springerstiefel immer wieder auf das Spatenblatt stieß, es in den Boden trieb, Wurzeln durchtrennte, Erdbrocken heraushebelte, Dreck in ihrem nassen Gesicht verrieb, du bist die wahre Laura Kraft, dachte Wegener, da kann der humpelnde Wagenknechtkrüppel einpacken, wenn es eine Heldin verdient hat, dass Filme über sie gedreht werden, dann du hartgesottene Kämpferin für Familienehre und politische Verblendung. Marie zerrte etwas Rosafarbenes aus dem Loch, förderte eine Sandkastenmuschel aus Plaste zutage, brach die Muschel mit einem Spatenschlag auf, klappte den Deckel hoch und wühlte darin herum, warf bemalte Blätter, Papierrollen, Briefe hinter sich, kippte schließlich die ganze Muschel um, fand endlich, was sie suchte, einen erstaunlich kleinen braunen Umschlag, der wie ein Brief vom Finanzamt aussah, den sie mit Küssen bedeckte, bevor sie ihn in die Jacke schob und noch einen Moment still stand, inmitten flatternder Kinderbriefe, vom milden Oktobersonnenlicht weichgezeichnet, die schlammbedeckte Heldin am Ende eines unglaublichen Babelsbergabenteuers.
    Dann ging sie zu ihrem Phobos, kam sofort wieder zurück, hielt jetzt einen Knirps in der Hand, den sie aufspannte und über Wegeners Kopf zwischen die Betonpfeiler der Pipelinestelze klemmte.
    Das Tropfen hörte auf.
    »Endlich mal ein Rettungsschirm für einen Ossi«, sagte Wegener und stöhnte sein leisestes Stöhnen.
    Marie hockte sich neben ihn. Die Entengrützeteiche in ihrem Gesicht waren noch bodenloser als in Boltenhagen, kilometertief ging es da drin runter, zu viel für mich, dachte Wegener, zu gefährlich, zu entschlossen, diese Augen sind Miniaturweltmeere, Verbissenheitstiefseegräben, wer da hineinsteigt, muss bereit sein, das eigene Hirn in die Posteritatismus-Waschmaschine zu stecken oder er

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