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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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zeigte. Die obere Brötchenhälfte hatte fröhliche Comicaugen, zwei Käsescheiben bogen sich zu einem gelben Lächeln. »Da steht: Mich gibt’s jetzt auch mit frischer Rauke!«
    »Und dahinter ist ein kleines Sternchen.«
    »Martin, mein kleines Sternchen.« Karolina zeigte ihre makellos weißen Zähne. »Halt’s Maul, ok? Was ist überhaupt los?«
    Wegener holte Luft.
    »Sprich es aus.«
    »Ich sag schon mal vorab: Es tut mir leid.«
    »Weiter.«
    »Ich war gestern Abend auf dem Friedhof.«
    »Und?«
    »Wir haben telefoniert, du warst nicht zu Hause.«
    »Und?«
    Wegener spürte, dass er rot wurde.
    Karolina sah ihn an. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«
    »Was ist nicht mein Ernst?«
    »Du hast gesehen, dass bei mir Licht brannte.«
    Wegener wich Karolinas Blick aus und betrachtete das Reklameplakat. Der Wart-Burger strahlte ihn an. Daneben hing ein Porträt des BULETTO-Gründers S. Seifer. Der grinste noch feister als sein Essen.
    »Jetzt bin ich enttäuscht.«
    »Es tut mir leid. Ich hab’s vorher gesagt.«
    »Martin! Ich hatte morgens vergessen, die Wohnzimmerlampe auszumachen! Als du angerufen hast, saß ich im Ministerium hinter meinem Schreibtisch! Um elf Uhr kam das Taxi, zehn vor zwölf war ich zu Hause und hab gesehen, dass bei mir den ganzen Tag Licht gebrannt hat, ich weiß, nicht sehr vorbildlich, wenn man im Energieministerium arbeitet. Sonst noch irgendwelche Fragen?«
    Du Vollidiot, sagte die Früchtlstimme.
    Wie doppeltschön sie ist, wenn sie richtig wütend wird, dachte Wegener, und ich bin der Misstrauer Nr . 1, Josef, was hast du aus mir gemacht.
    Sei doch froh, dass du auch mal in irgendwas die Nr . 1 bist, sagte Früchtl.
    Karolina schüttelte den Kopf. »Klar, ich hab’s nötig, dir irgendwas zu erzählen! Warum eigentlich?«
    »Es war Zufall, Karo. Ich geh halt durch deine Straße, wenn ich zur S4 will, und dann brennt bei dir Licht.«
    Karolina starrte auf ihr Plastiktablett.
    Wegener nahm ihre Hand.
    »Hast du dein Versprechen gehalten?« Karolina schloss die Augen. Sie sah aus, als wüsste sie die Antwort schon.
    »Nein«, sagte Wegener, »habe ich nicht, weil ich alles falsch mache, was ich nur falsch machen kann, weil ich einen verdammt undankbaren Job erledigen muss, und wenn dann auch noch Pech dazu kommt, oder Politik, oder was auch immer, dann passieren die Dinge ohne mein Zutun.«
    Karolina kniff die Lippen zusammen.
    »Karo.«
    »Martin. Wir sitzen hier an einem Sonntagabend in einer BULETTO-Filiale, weil ich vergessen habe, in meinem eigenen Wohnzimmer das Licht auszuschalten. Ich mach mir Sorgen um dich. Es geht mich eigentlich nichts mehr an, aber einer muss es dir ja mal sagen: Du bist ein anderer geworden, seit Früchtl verschwunden ist. Du siehst Gespenster. Ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll. Manchmal glaube ich, du wirst langsam paranoid.«
    »Ich glaube manchmal, ich bin es längst.«
    »Deine Ironie macht es nicht besser.«
    »Das war Zynismus.«
    »Ein DDR-Bürger, der im Westfernsehen eine Reise gewinnt, das ist Zynismus.«
    »Nein, das ist Ironie.«
    »Nichts«, sagte Karolina, »ist schlimmer als ein ungebildeter Besserwisser.«
    »Du solltest nicht so kritisch mit dir sein, Karo.«
    »Zwei Branden-Burger, ein Wart-Burger mit Käse?« Der schnurrbärtige junge Mann tat so, als hätte er nichts gehört.
    »Für mich«, sagte Karolina. »Ist auf dem Wart-Burger frische Rauke?«
    »In der Mayonnaise ist Rauke.«
    »Nur in der Mayonnaise?«
    »Das steht aber auch überall.«
    »Was sehen Sie da drüben auf diesem bescheuerten Plakat?«
    Der Schnurrbärtige nahm sich ein Herz. »Einen Käse-Wart-Burger in einer Salatdekoration. Das ist aber nur ein Serviervorschlag.«
    »Dann servieren Sie mir das Ding bitte genau so.«
    »Es tut mir leid, aber das geht nicht.«
    »Das heißt also, Sie schlagen mir vor, dass ich mir diesen Wart-Burger selber so serviere?«
    »Auf dem Werbeaushang steht, das s ….«
    »Mich gibt’s jetzt auch mit frischer Rauke«, sagte Karolina. »Das steht da.«
    »Im Sternchentext wird darauf hingewiese n …«
    »Auf was wird denn in diesem Sternchentext noch hingewiesen? Ich hab leider mein Elektronenmikroskop nicht dabei.«
    »Dass der Käse Analog-Käse ist«, sagte Wegener, »dass das Fleisch nur zu 2 5 Prozent aus Rindfleisch besteht, dass die pflanzlichen Fette Spuren von Speck enthalten können, und dass die Brötchen mit Zuckerersatzstoffen hergestellt sind, die im sozialistischen Ausland produziert werden, ich tippe

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