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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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auf Kuba.«
    Der Schnurrbärtige nickte unglücklich.
    »Ach, vergessen Sie’s.« Karolina winkte ab. »Aber unterstehen Sie sich, mir einen guten Appetit zu wünschen.«
    Der Schnurrbärtige verkrümelte sich.
    »Ganz paranoid bin ich wohl doch noch nicht«, sagte Wegener.
    »Halbparanoid ist noch schlimmer, Sternchentextexperte. Wie soll das weitergehen?« Karolina packte einen der Branden-Burger aus, betrachtete ihn skeptisch und biss hinein. »Redest du wenigstens mit mir darüber?«
    »Mit wem sonst.«
    Karolina kaute, schluckte. »Natürlich war das mit Josef ein Schock. Es ist völlig normal, dass du nach einer Erklärung suchst. Aber die Erklärung besteht nicht darin, dass hinter jeder versehentlich brennenden Lampe eine Verschwörung steckt.«
    »Es ist mein Beruf«, sagte Wegener, »hinter brennenden Lampen eine Verschwörung zu erkennen.«
    »Dann schalt deinen Berufsmodus ab nach 1 8 Uhr.«
    »Klar, ich hab ja diesen Hebel am Hintern.«
    »Josef weg, und dann unsere Trennung. Alles zur selben Zeit.« Karolina legte den angebissenen Burger auf das Tablett. »Du hast es nicht gepackt, Martin. Du packst es immer noch nicht.«
    Wie knallhart sie geworden ist, dachte Wegener, wie radikal, wie mitleidslos.
    Also ich stand ja immer auf diese eisgekühlten Amazonen, sagte Früchtl, was gibt es denn bitte schärferes, als so ein siegreiches, bildhübsch-brutales Alphaweibchen, dem du dich vor die Füße schmeißen kannst, Martin, das mit dir macht, was es will, das dich vertrimmt, verliebt, verspielt, deine persönliche Privatherrscherin, die Lust der Unterwerfung wird ja immer noch maßlos verkannt, wie viele Generationen haben davon geträumt, endlich mal von einer jungen Diktatorin geknechtet zu werden und nicht schon wieder von so einem vertrockneten Tyranne n …
    Josef. Bitte .
    »Ich hatte es leichter, weil ich stinksauer auf dich sein konnte«, sagte Karolina.
    »Wir wissen beide, wer der Schuldige ist.«
    »Posttraumatisches Stresssyndrom. Schon mal gehört?«
    »Klar. Ich wache ja jeden Morgen damit auf.«
    »Du hast den Glauben an die Menschen verloren.« Karolina griff ihm so kräftig ins Haar, dass es weh tat. Ihre Hand rutschte auf seine Wange ab, streichelte ihn, zehn Sekunden lang, sank zurück auf den Tisch. »Das ist dein Problem.«
    Wegener spürte, wie ihn diese brutalzärtliche Karolinaberührung lähmte. Er wollte etwas antworten, aber wusste nicht, was.
    Karolina sah ihm in die Augen. »Geh zum Arzt.«
    Wegener starrte Karolina an.
    »Ich mein’s ernst. Was ist die letzte Wahnvorstellung, die dir durch den Kopf gegangen ist? Nachdem du vermutet hast, dass ich mir die Mühe mache, dich bezüglich meiner Aufenthaltsorte kategorisch anzulügen?«
    »Ich habe nicht behauptet, dass du mich anlügst.«
    »Natürlich hast du das.«
    Wegener zuckte mit den Schultern. Am Verkaufstresen wurden Stimmen laut. Der Schnurrbärtige diskutierte mit mehreren aufgeregten Gästen, die immer wieder auf die Angebotsmonitore zeigten.
    »Noch welche, die auf den Rauke-Trick reingefallen sind«, sagte Wegener.
    »Lenk nicht ab«, sagte Karolina. »Erzähl’s mir. Was kreist noch so durch deinen kranken Kopf?«
    Der Schnurrbärtige drückte jetzt auf einer Fernbedienung herum, die Burger verschwanden von den Bildschirmen, die Abendnachrichten erschienen, Michael Illner blickte irritiert in die Kamera, zur Seite, wieder in die Kamera.
    »Wenn ich dir das sage, schickst du mich ins Irrenhaus.«
    »Martin.« Karolina schüttelte den Kopf. Sie nahm den Rest ihres Branden-Burgers und steckte ihn in den Mund. »Ich hab dir doch gerade erklär t …«
    Jetzt flimmerten Bilder des Schlossplatzes über die Schirme, der Ton war plötzlich viel zu laut, viel zu hysterisch, der Sprecher des Berliner Polizeipräsidenten offiziell, dass es sich bei der Explosion, die gestern Morgen den Palast der Republik und den Volkskammersaal erheblich beschädigte, nicht wie bisher angenommen um eine defekte Gasleitung, sondern um einen terroristischen Akt handelte.
    Karolina verschluckte sich. Sie drehte sich hustend zum Tresen um.
    In ersten Kommentaren zeigten sich Mitglieder des Politbüros fassungslos und entsetzt darüber, dass der Terrorismus, der die imperialistische Welt seit Jahren mit unverminderter Härte heimsucht, nun auch unsere Republik getroffen haben soll.
    Wegener war aufgestanden und klopfte Karolina auf den Rücken, ihr Husten wurde heftiger, dazwischen verzweifelte Versuche, Luft zu kriegen, gieriges, hilfloses

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