Planetenwanderer: Roman (German Edition)
lachte sie aus. »Vor welchem Gericht? Auf welchem Planeten? Es würde voraussetzen, dass man uns am Leben lässt, was angesichts der Umstände äußerst unwahrscheinlich ist. Sie sind eine bemerkenswert dumme und hässliche Frau.«
Jefri Löw hatte dem Streit mit unbehaglichem Gesichtsausdruck zugehört. »Halt! Stopp!«, unterbrach er ihn schließlich. »Keine Beleidigungen, Nevis. Nicht so. Wir sind schließlich alle Partner«. Löw war ein kleiner, quadratischer Mann und trug eine Chamäleonjacke von militärischem Schnitt, die mit Ordensbändern von längst vergessenen Einsätzen dekoriert war. Der Stoff sah im schummrigen Licht des kleinen Restaurants grau aus, ein Grau, das zu Löws borstigem, spatenförmig geschnittenem Bart passte. Auf seiner breiten, allmählich kahl werdenden Stirn lag ein dünner Schweißfilm. Kaj Nevis machte ihn nervös, denn der Mann hatte schließlich einen gewissen Ruf. Löw schaute sich hilfesuchend zu den anderen um.
Celise Waan zog einen Schmollmund und starrte auf den leeren Teller vor ihr, als ob ihr Blick ihn wieder mit Sahnebällchen füllen könnte. Rica Morgenstern – die »Söldnerin«, wie Nevis sie genannt hatte – lehnte sich mit einem Ausdruck sardonischer Freude in den hellgrünen Augen im Sitz zurück. Unter ihrem bräunlichen Overall und dem silbrigen Kettenhemd sah ihr langer, durchtrainierter Körper entspannt, ja fast träge aus. Es ging sie nichts an, wenn sich ihre Arbeitgeber Tag und Nacht streiten wollten.
»Beleidigungen bringen nichts«, stellte Anittas fest. Es war schwer zu sagen, was der Cybertech dachte. Sein Gesicht bestand sowohl aus poliertem Metall und durchsichtigem Plastik als auch aus Fleisch und war nur minimal ausdrucksfähig. Die blau schim mernden Stahlfinger seiner rechten Hand waren mit ihren mokkafarbenen fleischigen Gegenstücken der Linken verschränkt. Er musterte Nevis mit den zwei glänzenden silbermetallenen Augen, die sich leicht in schwarzen Plastiksockeln bewegten. »Kaj Nevis hat einige stichhaltige Argumente angesprochen. Er ist auf diesem Gebiet erfahren, wir sind es nicht. Warum hätten wir ihn in dieses Unternehmen einbeziehen sollen, wenn wir nicht bereit sind, auf seinen Rat zu hören?«
»Ja, das ist wahr«, stimmte Jefri Löw zu. »Was schlagen Sie also vor, Nevis? Wie wollen wir den Seuchenstern erreichen, wenn wir die Transportunternehmen vermeiden müssen?«
»Wir brauchen ein Schiff«, sprach Celine Waan laut das Offensichtliche aus.
Kaj Nevis lächelte. »Die Transportunternehmen haben nicht das Monopol auf Schiffe. Deshalb hatte ich vorgeschlagen, dass wir uns heute lieber hier treffen als in Löws Büro. Diese Kaschemme liegt nahe am Hafen. Der Mann, den wir brauchen, wird hier sein, da bin ich mir sicher.«
Jefri Löw schaute skeptisch drein. »Ein Unabhängiger? Einige von denen haben einen etwas, nun, zweifelhaften Ruf, nicht wahr?«
»So wie ich«, erinnerte Nevis ihn.
»Trotzdem. Ich habe gehört, dass es dabei um Schmuggel oder sogar Piraterie geht. Wollen wir dieses Risiko wirklich eingehen, Nevis?«
»Wir wollen überhaupt kein Risiko eingehen«, sagte Kaj Nevis. »Und das werden wir auch nicht tun. Man muss nur die richtigen Leute kennen. Ich kenne eine ganze Menge Leute. Die richtigen Leute. Die falschen Leute.« Er machte eine kleine Kopfbewegung. »Zum Beispiel die dunkelhaarige Frau mit dem ganzen schwarzen Schmuck da hinten. Das ist Jessamyn Caige, die Herrin der Freies Wagnis . Wir könnten sie ohne Zweifel anheuern. Zu einem sehr angemessenen Preis.«
Celise Waan reckte den Hals, um einen Blick zu erhaschen. »Die da? Ich hoffe, ihr Schiff hat ein Schwerkraftnetz. Von Schwerelosigkeit wird mir schlecht.«
»Wann werden Sie sie ansprechen?«, fragte Jefri Löw.
»Gar nicht«, sagte Kaj Nevis zu ihnen. »Oh, ich habe Jessamyn ein- oder zweimal eine Fracht für mich transportieren lassen, aber das Risiko, tatsächlich mit ihr zu fliegen, würde ich nicht eingehen, und ich denke nicht im Traum daran, sie in etwas so Großes einzuweihen. Die Freies Wagnis hat eine neunköpfige Crew – mehr als genug, um mit mir und der Söldnerin fertigzuwerden. Ich will Sie nicht kränken, Löw, aber Sie und der Rest von Ihnen zählen nicht.«
»Ich möchte Sie nur wissen lassen, dass ich Soldat bin«, sagte Jefri Löw beleidigt. »Ich kenne mich im Kampf aus.«
»Das war vor hundert Jahren vielleicht so«, erwiderte Nevis. »Wie ich bereits sagte, der Rest von Ihnen zählt nicht. Und Jessamyn würde
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