Planlos ins Glueck
leid, was für ein Mensch ich war.“
„Was?“
„Und es tut mir leid, dass ich dich so schlecht behandelt habe.“
„Aber Liebes, du hast mich doch nicht schlecht behandelt!“
Ganz langsam und mit klopfendem Herzen schloss Jane die Schranktür und drehte sich zu ihrer Mutter um, die sie besorgt musterte.
„Seit ich zwölf war, bin ich wütend auf dich gewesen. Und ich habe dich gemieden, damit ich nicht darüber nachdenken muss, warum das so ist. Aber das hast du nicht verdient. Und es tut mir leid.“
„Ach, Schätzchen, du warst eben damit beschäftigt, dein eigenes Leben zu führen. Das ist nicht schlimm.“
„Nein, Mom, hör auf, mich in Schutz zu nehmen. Meine Wohnung ist nur zwanzig Minuten entfernt von hier. So beschäftigt war ich auch wieder nicht.“
Ihre Mom blickte zu Boden und nickte fast unmerklich.
„Ich versuche gerade, einiges zu ändern. Und als Erstes wollte ich mit dir sprechen. Weißt du, ich dachte immer, dass ich wütend auf dich bin. Aber in Wahrheit war ich vor allem wütend auf mich selber. Es war viel einfacher, dich zu hassen, als mir die Wahrheit einzugestehen: dass ich mich selber hasse.“
„Oh Jane“, sagte ihre Mutter und zog sie in ihre Arme. „Sag doch nicht so was. Du bist so klug und hübsch und stark.“
„Ist schon gut.“ Ihre Kehle brannte, aber ihre Augen blieben trocken. Es fühlte sich gut an, all das laut auszusprechen. „Ich habe mich so lange dafür gehasst, was ich bin. Aber auch das ändert sich gerade. Ich war noch ein Kind. Teenager stellen nun mal Dummheiten an. Das gehört sozusagen zum Job.“
„Wie meinst du das? Was ist denn passiert?“
Jane schüttelte den Kopf. Wenn ihre Mutter nicht zugeben wollte, dass sie alles gewusst hatte, würde Jane ihr den Gefallen tun und mitspielen. „Einfach nur die Pubertät, Mom. All das spielt jetzt keine Rolle mehr.“ Sie drückte ihre Mutter an sich. „Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch. Aber das weißt du ja. Wenigstens hatten wir immer einander, stimmt’s?“
Ja, das stimmte. Es war ja nicht so, dass ihre Mutter jede Woche mit einem neuen Typen die Stadt unsicher gemacht hätte. Sie hatte gearbeitet und sich Zeit für Jane genommen.
Ihre Mom löste sich aus der Umarmung und zog sie an der Hand zum Küchentisch. „Komm, wir setzen uns. Ich glaube, auch ich sollte dir einiges erklären. Du bist so viel klüger, als ich es jemals war. Und viel entschlossener. Weißt du überhaupt, warum ich deinen Vater geheiratet habe?“
Für einen Augenblick hielt Jane den Atem an und versuchte, das wilde Pochen ihres Herzens in den Griff zu bekommen. „Nein.“
„Mein Stiefvater … Du hast ihn nie kennengelernt, und das ist auch gut so. Er war nämlich kein sonderlich netter Mensch. Wenn er getrunken hatte, hat er meine Mom geschlagen. Wenn er nüchtern war, hat er sie nur betrogen. Und manchmal … manchmal hat er mir etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als gut für mich war. Verstehst du, was ich sagen will?“
Anstelle einer Antwort drückte sie die Hand ihrer Mutter.
“Ich hatte einfach kein Vertrauen in Männer. Ich mochte sie, aber sie haben mich auch nervös gemacht. Ich wusste nie, was ich von ihnen halten sollte. Dein Dad zum Beispiel … Ich kannte ihn, bevor er verurteilt wurde. Er war ein Draufgänger und ein ziemlicher Angeber, aber auch wahnsinnig charmant. Wir sind manchmal ausgegangen, aber ich war nicht seine einzige Freundin. Mir war klar, dass er sich für mich nicht ändern würde. Ich war einfach zu … zu schwach, denke ich. Aber als er festgenommen wurde, habe ich ihm geschrieben. Einfach weil ich dachte, dass ihm ein paar freundliche Worte guttun würden. Und er schrieb zurück! Er hat mir so viele Briefe geschickt … Er hat geschrieben, dass er mich liebt. Und er wollte mich heiraten. Wahrscheinlich hatte er kapiert, dass ich schwach genug war, um einen Mann zu heiraten, der die nächsten zwanzig Jahre im Gefängnis verbringen wird. Und er hatte recht. Ich hatte Angst vor Männern, aber ich wollte jemanden, den ich lieben kann. Und dieser gut aussehende, tolle Mann hatte sich ausgerechnet für mich entschieden.“
„Und da hast du ihn geheiratet“, flüsterte Jane betroffen. Keiner wusste besser als sie, was es hieß, sich wertlos zu fühlen und sich trotzdem nach Liebe zu sehnen.
„Ja, ich habe ihn geheiratet. Und daraus bist du entstanden. Ich war so glücklich, dass es dich gibt. Aber dein Dad wurde wütend, weil ich ihm nicht mehr so oft schrieb wie
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