Plasma City
Sarkasmus zu sagen, den sie fühlt. Dann geht sie einfach zu Constantine und zum großen Elton.
Mit einer eleganten Geste öffnet er die Tür. Aiah lässt sich auf dem Ledersitz nieder und Constantine schließt hinter ihr die Tür. Mit einem satten Knall legt sich die Panzerung zwischen sie und die Außenwelt.
Auf dem Weg zum Plasmalager ist Constantine fast ausgelassen, macht Scherze über die Delphine und ihre Ansprüche, über die Straßencapos der Operation, die eine unangenehme Überraschung erleben werden. Nachdem sie ihn ein paar Augenblicke lang beobachtet hat, geht seine heitere Stimmung auf sie über und dank der Vitalität, die nach der Plasmadusche alle Körperzellen erfüllt, spürt Aiah, wie sich der Knoten der Wut in ihrem Bauch auflöst.
Das Plasmalager befindet sich in einem unauffälligen Bürogebäude mit verdreckten, roten Ziegelmauern. Dahinter erhebt sich der dunkle Klotz eines großen Wohnkomplexes, ein Irrgarten festungsähnlich gesicherter Gebäude, auf deren Dächern kleine Villen und Gärten untergebracht sind. Als die Limousine vor dem Plasmalager hält, sieht Aiah am Gebäude nach oben. Eine Art Dornenkrone erhebt sich auf dem Dach als Verzierung. Wahrscheinlich eine künstlerische Tarnung der Antennen, vielleicht aber auch nicht.
Durch fleckige Bronzetüren betritt sie das Gebäude. Drinnen riecht es nach altem Fett und gebackenem Fisch. Laute Tanzmusik dröhnt in einem hohen Innenhof. Eine Wendeltreppe läuft bis zum Dach hinauf. Junge Männer lümmeln an den Eisengeländern im Foyer herum und hoffen ein Mädchen zu finden, in dessen Begleitung sie einen der Clubs betreten dürfen. Sie reagieren beinahe erschrocken auf Aiahs Auftritt und Aiah zuckt daraufhin ebenfalls erschrocken zusammen. Von Fahrern, Panzerungen und in Limousinen geschützt, hat sie fast vergessen, wie die Gegend am Terminal aussieht, die Aufkleber der Jaspeeri Nation in den Fenstern. Aber außer den üblichen Pfiffen und den ganz normalen hinterhergerufenen Sprüchen passiert nichts weiter, als sie ganz ins Gebäude tritt und nach oben sieht.
Der Innenhof ist von einem alten Gerüst aus Schmiedeeisen umgeben, das die riesige Wendeltreppe stützt. Die Streben reflektieren das Schildlicht, das durchs riesige Oberlicht hereinfällt. Es sieht aus, als wäre an den Wänden ein gewaltiges Spinnennetz bis zur Decke gebaut worden. Ein Aufzug, ein Käfig aus Schmiedeeisen, befördert die Gäste zu den Restaurants. Aiah geht langsam die spiralförmige Rampe hinauf, berechnet im Geist die Belastungen, Entfernungen und die Massen von Ziegelsteinen und Eisen. Sie muss sich die Plasmaakten des Gebäudes kommen lassen.
Im ersten Stock kauft sie bei einem fliegenden Händler ein Eis und geht weiter. Auf dieser Ebene sind vor allem Pfandleiher, Kreditvermittler, Clubs, Musikläden und Kautionsbürgen untergebracht. Junge Liebespaare, die sich in Eingängen aneinander drängen, achten nicht auf Aiah, als sie vorbeikommt. Das Plasmalager ist in einem Büro im vierten Stock hinter einer grauen Metalltür mit abblätternder weißer Schrift: Kremag & Partner. Aiah sieht nur flüchtig hin, aber sie glaubt, in den schmiedeeisernen Blättern, die zu beiden Seiten der Tür aus Eisensäulen sprießen, die Objektive kleiner Überwachungskameras zu erkennen.
Sie geht ein paar Türen weiter, dann fährt sie mit dem Aufzug wieder nach unten.
Es gibt diese und jene Art von Macht, denkt sie, während sie sich am Eisengitter des Aufzugs festhält. Sorya kennt eine Art von Macht, Aiah kennt eine andere. Doch auch wenn Aiah nicht mit Soryas Macht geboren wurde, sie lernt dazu.
Habe ich Angst vor Sorya?, fragt sie sich. Nein, denkt sie. Sie fragt sich, warum nicht, und kommt zu dem Schluss, dass dies wahrscheinlich ein Beweis für ihre Fähigkeit ist, die Dinge richtig einzuschätzen.
Sie verlässt das Gebäude und steigt wieder in die Limousine. »Nicht viel zu sehen«, verkündet sie. »Ich muss die Akten durchgehen.«
Constantine nickt. »Ich kann dich jetzt nach Hause bringen«, sagt er, »aber ich habe unterwegs noch etwas zu erledigen. Eine Besprechung.« Er hebt die Hand und jetzt sieht Aiah, wie aufgeregt er ist. Die Augen funkeln lebhaft, der ruhelose Körper scheint wie zum Sprung gespannt. »Es ist nicht ungefährlich. Du kannst im Wagen bei Martinus bleiben.«
»Martinus begleitet dich nicht? Es ist doch seine Aufgabe, dich zu beschützen.«
»Vor dem betreffenden Herrn bist du hier im Wagen am besten geschützt.«
Macht, denkt
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