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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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eingesetzt. Die Attacke vom Sylvan Mountain herab war praktisch von Beginn an fehlgeschlagen. Hernandez musste gewusst haben, dass die Bodentruppen keine Chance gegen die chinesische Luftüberlegenheit hatten. Als dann die Chinesen Hernandez zurück in die Berge verfolgten, hatte Grand Lake mit dem Snowflaking begonnen und dabei auch die US-Streitkräfte erheblich dezimiert. Es war ein verzweifelter Kraftakt. Beide Seiten wirkten kopflos und geschockt. Es ging das Gerücht, die Militärführung habe sämtliche Befehle verschlüsselt. Das konnte auf eine nukleare Ausweitung des Konflikts hindeuten, und Grand Lake war ganz sicher eines der Hauptziele.
    »Ihr solltet so schnell wie möglich aufbrechen«, sagte Cam.
    »Du kannst ihr nicht mehr helfen. Du hast genug für sie getan.« Wieder entblößte Allison die weißen Zähne. Sie wirkte aggressiv. »Sie liebt dich nicht.«
    »Was?«
    »Sie liebt dich nicht. Nicht richtig jedenfalls.«
    »Darum geht es nicht«, sagte Cam ehrlich. Was ihn mit Ruth verband, waren starke, vielschichtige Gefühle – weit mehr als bloß die körperliche Anziehungskraft. Ja, sie hatten sich berührt und geküsst. Vielleicht kam irgendwann auch noch mehr. Aber seine Gefühle für sie gingen weit darüber hinaus. Er musste das durchstehen.
    »Vielleicht überlegst du es dir noch einmal«, meinte Allison. »Du kannst jederzeit mit uns kommen.«
    Damit ging sie. Cam folgte ihr bis zu dem breiten Zeltausgang und blieb dann stehen. Er spähte in die dunstige Nacht hinaus. Am Himmel blinkten hektisch die Positionsleuchten amerikanischer Flugzeuge. Würde man sie warnen?
    Vielleicht wäre es am besten, einfach in einem weiß auflodernden nuklearen Feuerball zu verschwinden. Sie würden gewiss nicht leiden. Sie befänden sich endlich nicht mehr auf der Flucht.
    Cam dachte an Nikola Ulinow, den er nie kennengelernt hatte. Er dachte an Ruth, die mit grimmiger Entschlossenheit den Wogen des Krieges zu entrinnen versuchte. Trotz allem entstand eine große Ruhe in ihm. Er hatte sein Bestes gegeben. Nun musste er wieder zusehen, wie es weiterging. So oder so würde er tun, was er konnte, um Ruth helfen. Er stand da und sah zu, wie Allison im Gewühl der Soldaten untertauchte, die hektisch ihren Auszug aus der Stadt vorbereiteten, die vom Feind markiert worden war.

24
    Das Hauptquartier verbarg sich unter einem ganz normal aussehenden Winnebago-Wohnmobil, wie so viele der Schutzbunker in Grand Lake. Ruth fand im Innern kaum Platz. Die vier in dem Wohnmobil stationierten Soldaten gehörten zu einem USAF-Kommando. Sie hatten bei Ruths Ankunft ihre Waffen entsichert, was sie nervös und wütend machte.
    »Ich habe meine Befehle, Ma’am«, erklärte der Captain des Wachtrupps.
    »Herrgott noch mal, ich auch.«
    »Das ist Dr. Goldman«, sagte Estey, der neben ihr stand. Ruth dachte insgeheim, dass ihre Eskorte das Problem nur verschärfte. Cam hatte Estey, Goodrich und Foshtomi gebeten, in ihrer Nähe zu bleiben. Mittlerweile waren die Ranger es gewöhnt, sie zu beschützen. Zu ihrem Pech betrachtete der Captain der Air Force vorsichtshalber jeden als Bedrohung, der sich dem Hauptquartier näherte.
    »Sie ist die Nanotech-Lady«, setzte Estey hinzu.
    »Ich muss unbedingt Gouverneur Shaug sprechen.« Ruth hob ihre neu ausgestellten Ausweispapiere hoch.
    Der Captain rührte sich nicht vom Fleck, aber einer seiner Untergebenen schwenkte den Lauf der Maschinenpistole zur Seite und griff nach den Papieren. »Geben Sie unten Bescheid«, befahl der Captain. »Alle anderen treten ein wenig zurück, okay?«
    »Okay«, sagte Ruth. Alle waren angespannt. Sie rechneten damit, dass sie ausnahmslos sterben mussten, und am schlimmsten war das vielleicht für diesen USAF-Trupp, der nur einen Schritt von der Sicherheit entfernt stand – wenn es diese Sicherheit überhaupt gab. Ruth hegte keinen Zweifel daran, dass die Bunker konventionellen Bomben oder Artilleriebeschuss standhielten, aber den Konstrukteuren von Grand Lake hatten höchstwahrscheinlich die Möglichkeiten gefehlt, das Erdreich tief genug für einen Atomschlag auszuheben.
    Sie warf einen Blick zum Himmel. Foshtomi, die neben ihr stand, konnte dem Impuls nicht widerstehen und ahmte die Geste nach. Aber vom Wohnmobil aus spannten sich Tarnnetze wie ein Dach zu einem nahen Trailer. Ruth kam sich blind vor. Es war albern, doch es beruhigte sie, den freien Himmel sehen zu können, und so hob sie noch einmal den Kopf, obwohl sie wusste, dass sich dort oben ein Netz

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