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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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Männer und eine Frau packten sie an den Armen. Eine Handvoll Ausdrucke segelte zu Boden. Ein vierter Soldat erhob sich von seinem Platz. Sein Headset verrutschte und hing ihm schief um den Hals.
    »Lasst mich los!«
    »Sergeant? Was geht hier vor?« Der Colonel richtete seine Frage nicht an Ruth, sondern an Estey. Sie begriff, dass auch dies eine Methode war, sie in Schach zu halten.
    »Ich weiß auch nicht, Sir«, entgegnete Estey, deutete aber auf das verglaste Büro. Bis jetzt hatte niemand von den Leuten, die sich dort aufhielten, sie bemerkt. »Vielleicht wollte sie nur den Gouverneur sprechen«, setzte er hinzu.
    »Das ist richtig«, sagte Ruth.
    Der Colonel starrte sie an. »Sie tun ab jetzt genau das, was ich sage. Verstanden?«
    »Ja. Tut mir leid.«
    »Die Herrschaften werden Sie in Kürze empfangen«, erklärte der Colonel. »Ich bringe Sie in ein freies Büro.«
    »Okay. Ja.« Nein, dachte sie. Ruth wollte im Zentrum der Aktivitäten sein, wenn sie mit Shaug und seinen Generälen verhandelte. Sie würden jede noch so kleine Chance nutzen, um sie zum Schweigen zu bringen. Deshalb durfte sie nicht zulassen, dass man sie isolierte.
    Sie hatte Glück. Dem Gouverneur fiel die Störung draußen endlich auf. Er kam an die Glastür des Büros. Perfekt. Als er den Hauptraum betrat, hob er grüßend die Hand. Hallo. Er begriff gar nicht, worum es ging. Ein Mann in blauer Uniform folgte ihm, dann eine Frau in Army-Grün.
    Die Soldaten ließen Ruth los. Einen Moment lang war sie frei. Einer von ihnen bückte sich, um seine Ausdrucke vom Boden aufzusammeln, und der Computertechniker kehrte an seinen Platz zurück. Ruth riss ihr Handy aus der Tasche. »Halt! Stehen bleiben!« Sie richtete das kleine schwarze Kunststoffgehäuse wie eine Waffe auf Shaug. Wieder drangen die Soldaten auf sie ein. Ihre Stimme wurde schärfer. »Halt!«
    Sie hätten sie fast außer Gefecht gesetzt. Der Computertechniker erstarrte, eine Hand auf ihrem Ärmel. Ein anderer Mann stand dicht neben ihrer Schulter, und der Colonel hatte seine Pistole gezogen. Sie wussten nicht, was sie vorhatte, aber im 21. Jahrhundert konnte ein Handy durchaus eine Waffe sein. Ein Handy konnte Bomben zünden oder ein Signal zum Angriff geben.
    »Alle zurück«, sagte Ruth. Mit einer leichten Drehung löste sie sich von dem Computertechniker, trat einen Schritt zurück und schuf so ein wenig Platz zwischen sich und den anderen Menschen im Raum. »Hört mir zu! Der Krieg ist vorbei.«
    Sie hörten aber nicht zu. »Runter mit dem Ding!«, befahl der Colonel, und Shaug rief: »Was soll das alles?«
    Die Unterhaltungen im Raum wurden fortgesetzt. Bis auf wenige Männer und Frauen, die unmittelbar neben ihr standen, waren die Soldaten in ihre Arbeit vertieft, und Ruth fragte sich, wie viele Menschenleben sie wohl durch die Unterbrechung von Funkgesprächen bereits in Gefahr gebracht hatte. Ein Mädchen blieb an ihrer Konsole sitzen und sprach in das Mikro ihres Headsets, während sie Ruths Gesicht beobachtete. »Roger, Jot Drei«, sagte sie. »Sie kommen nördlich von euch herein.«
    Ruth zuckte zusammen und umklammerte ihr Handy fester. Sie brauchte einen Halt. »Der Krieg ist vorbei«, wiederholte sie. »Ich rufe hiermit die Waffenruhe aus.«
    »Das können Sie nicht«, begann Shaug.
    »Runter mit dem Ding!« Der Colonel richtete die Pistole auf ihr Gesicht. Drei weitere Soldaten hatten ihre Waffen gezogen, aber Ruth dachte gar nicht daran, ihr Handy zu senken.
    »Es ist der einzige Weg«, erklärte sie.
    Der Colonel lud seine 9-mm-Beretta mit ausgestrecktem Arm durch. Ruth spürte, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich. Ein heftiger Ruck ging durch ihre Brust. »Ich warne Sie zum letzten Mal«, sagte der Colonel.
    Estey schob sich mit ausgebreiteten Armen vor sie und schirmte sie gegen die Waffe des Colonels ab. »Halt!«
    Goodrich tat das Gleiche von der anderen Seite her. »Alle erst mal herhören!«, sagte er und vergrößerte die Sicherheitszone um sie herum.
    Ruth war verblüfft. Sie hatte lange überlegt, warum Cam diese drei gebeten hatte, sie zu begleiten – nur diese drei und nicht auch Ballard und Mitchell. Sie hätte nicht geglaubt, dass Estey seine Befugnisse überschreiten würde. Cam dagegen hatte ihn richtig eingeschätzt, seine Erschöpfung und seine Trauer. Estey wollte glauben, dass sie einen Ausweg wusste.
    Foshtomi handelte aus eigenem Antrieb. Sie packte Ruth an den Haaren, riss sie zur Seite und versetzte ihr einen Handkantenschlag auf den

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