Plasma
wieder die Zeit oder Energie zum Forschen fanden, und selbst dann würden sie sich erst mal auf das stürzen, was sie am besten konnten. Waffen. Einfache Angriffstechnologien wie die Pest- und Impf-Nanos. Sawyer hatte von Unsterblichkeit geschwärmt, aber im gleichen Atemzug zugeben müssen, dass es Jahre gedauert hatte, den Prototypen zu bauen, aus dem sich dann die Pest entwickelte.
Cam wollte ihr nicht wie ein Schatten folgen. Newcombe konnte sie auch allein beschützen, und diese Halbwüchsigen brauchten tatsächlich Hilfe. Sie brauchten jemanden, der sie anleitete. Er konnte von hier aus beginnen, die Überlebenden zu organisieren, und in kleinen Schritten den schwierigen Wiederaufbau auf den Weg bringen.
Selbst wenn der Impfstoff nicht hundertprozentig wirkte, bedeutete er doch einen gewaltigen Fortschritt. Und falls ihr Flugzeug abgeschossen wurde ? Falls sie niemals in Sicherheit gelangte ? Alles hing davon ab, wie viele Menschen noch vor dem nächsten Winter gerettet werden konnten. Irgendjemand musste doch irgendwo die Chance erhalten, die Ebenen als Lebensraum zurückzugewinnen – und einen besseren Anfang als mit dieser Pfadfindertruppe gab es wohl nicht.
»Newcombe hat immer noch seine Funkcodes«, sagte Ruth. »Die Kanadier sind in der Lage, eine Maschine zu schicken, die auf jeder Straße oder Wiese aufsetzen kann.«
»In der Nähe zumindest«, schränkte Newcombe ein.
Cam nickte nur. Ich sollte hierbleiben, dachte er.
12
Im Hochgebirge südlich von Leadville war die Nacht ruhig, aber heimtückisch. Wolken, schwer und träge, verdeckten den Himmel fast vollständig. Die Temperatur war rasch abgesackt, eine unsichtbare Bewegung, als bräche plötzlich der Boden unter den Füßen weg. Major Hernandez klatschte die Handschuhe zusammen und zog die Schultern hoch, Gesten, die den Eindruck von Nervosität erweckten. Aber er fror so sehr, dass er darauf keine Rücksicht nehmen konnte. »Beeilen Sie sich«, sagte er.
»Ja, Sir, verdammt noch mal«, entgegnete Gilbride.
In den Unterständen war es besser, weil die Kuhlen die schwache Tageswärme wie in Eimern festhielten. Aber sie konnten es nicht riskieren, ihre Pläne im Flüsterton zu besprechen, während dicht neben ihnen vier oder fünf andere Marines herumlungerten. Ein einziges falsches Wort konnte alles kaputt machen.
Zwei Stunden zuvor war Sergeant Gilbride gerade noch rechtzeitig ins Lager zurückgekehrt, ehe es ganz dunkel wurde. Das konnte in dieser Umgebung gefährlich sein. Die Feuchtigkeit im Innern der Anzüge gefror. Hernandez hatte Gilbride befohlen, eine frische Uniform anzuziehen und eine Kleinigkeit zu essen, ehe er ihn ins Freie winkte, angeblich um gemeinsam die Wachtposten zu überprüfen.
»Alles okay?«, fragte Hernandez.
»Jawohl, Sir«, entgegnete Gilbride, doch seine Stimme klang rau, und er hatte bei der Rückkehr auf ihren Gipfel gehustet. Gilbride kratzte sich immer wieder im Nacken oder an der Unterseite des linken Arms, wo seine Haut schuppig und gerötet war. Der Sanitäter hatte die gereizten Stellen mit Waffenöl eingeschmiert, aber Hernandez besaß zu wenig von dem Zeug, um es ständig für die Ausschlagbehandlung seines Freundes zu opfern.
Gilbride reagierte allergisch, weil er die Höhe nicht vertrug. Das war die bittere Wahrheit. Und doch stellte Hernandez weiterhin höchste Anforderungen an seine Belastbarkeit.
»Wie Ward die Angelegenheit betrachtet, weiß ich nicht«, sagte Gilbride, »aber Densen hat eindeutig Schiss. Ich bin sicher, dass er noch ausführlicher darüber reden will.«
»Sie wollen beide in ein paar Tagen Boten schicken?«
»Jawohl, Sir.«
»Dann horchen wir sie erst mal weiter aus«, erklärte Hernandez und betrachtete die dunkle Weite des Himmels. Die schweren, trägen Wolken rochen nicht nach Schnee, doch das konnte sich ändern, und dann bekamen sie ein Problem. Wenn es schneite, saßen sie in ihren Gräben fest, aber er konnte sich keine Verzögerung mehr leisten. »Ich kenne Ward«, sagte er. »Er ist zäh.«
»Ja.«
»Kann sein, dass wir ihn nicht umstimmen können. Zumindest nicht rechtzeitig.«
US Army Lieutenant Ward befand sich mit dreißig Mann auf einem Grat zwei Meilen östlich von ihnen. Noch vier Meilen weiter waren hundertfünfzig Mann unter dem Kommando von Marine Colonel Densen stationiert. Alle gehörten Artillerie- und Infanterieeinheiten an und hatten ebenso wie Hernandez und seine Leute den Befehl, mit Störmanövern gegen eine Invasion aus der Luft
Weitere Kostenlose Bücher