Plasma
zu den Pfadfindern hinunter und sagte: »Wir hatten Glück. Diese Jungs sind wirklich klasse.«
Auf Ruths Zügen zeichnete sich Erstaunen ab. Sie ließ die Unterlippe hängen, was ihr ein dummes, völlig untypisches Aussehen verlieh.
»Cam«, sagte sie und streckte noch einmal die Arme nach ihm aus. Offensichtlich hatte sie ihre Entscheidung getroffen. Sie öffnete sich ihm – und er musste Nein sagen.
»Holen wir unsere Rucksäcke!«
»Cam, warte!«
»Es wird eine Weile dauern, bis wir wieder auf dem Gipfel sind«, sagte er, während er sich an den Abstieg machte. »Wir können oben essen.«
Die vier Jungen hatten sich angeschaut und sich dann ein Stück zurückgezogen, aber als Cam nun an ihnen vorbeikam, trat D Mac ein paar Schritte vor. »Miss«, sagte er, ohne Rücksicht darauf, dass Ruth knapp zwanzig Jahre älter war als er, »ich bin D Mac – eigentlich Darren.« Er wurde rot und versuchte seine Verlegenheit durch ein Grinsen zu überspielen. »Danke«, fuhr er fort. »Vielen, vielen Dank.«
»Schon gut.« Ruth reichte dem Jungen die Hand, aber Cam merkte, dass ihre Blicke ihm folgten.
Sie verrieten nicht, wer sie war, und erwähnten mit keinem Wort die Datensammlung, die sich in ihrem Besitz befand. Sie hatten bereits genug riskiert – und rechneten damit, dass sich mit dem Impfstoff auch die Gerüchte verbreiten würden. Deshalb wollten sie unter allen Umständen vermeiden, dass noch jemand Jagd auf sie machte, aus welchen Gründen auch immer.
Der Wind verstärkte sich, als die Sonne unterging. Er fegte eisig und mit lautem Geheul über den Berg. Ohne sich zu beklagen, streifte das Wolfsrudel wärmere Sachen über. Samantha sorgte mit einer gelben Jacke dafür, dass sie auf keinen Fall übersehen wurde. Dann kauerten sie zu zweit oder dritt hinter ihrem Steinwall nieder, um sich gegenseitig zu wärmen. Cam fand einen Platz neben Brandon und Mike, während Ruth bei Ed, D Mac, Hiroki und Newcombe blieb. Obwohl der Abstand zwischen den winzigen Gruppen nicht gerade groß war, bemerkte er, dass Ruth immer wieder zu ihm herüberschaute.
Sie veranstalteten eine kleine Party – mit einem großen Feuer und exotischen Lebensmitteln aus Cams und Newcombes Vorräten. Pfefferschinken. Eingemachte Birnen. Das Feuer knatterte im Wind, sprühte Funken und Asche, aber Ed erlaubte den Jungen, so viel Holz in die Grube zu werfen, wie sie wollten, um die Flammen hoch auflodern zu lassen. »Zum Frühstück wird nicht mehr viel da sein«, meinte Alex, aber Ed beruhigte ihn. »Ach was, das ist schnell gesammelt.«
Die Jungen brüllten beim Anblick der gepressten Schinkenstücke begeistert los, aber jeder achtete darauf, dass er nicht zu viel davon aus der Dose nahm. Der Inhalt reichte für alle, auch wenn Mike und Kevin das Innenblech mit den Fingern auswischen mussten. Ebenso gingen die Birnen, die Kräcker, die Schokolade reihum und wurden gerecht geteilt. Trotz des plötzlichen Überflusses hielten sie sich zurück. Sie waren ein Team. Cam fühlte sich elend, aber er genoss ihre Freude. Zugleich spürte er Stolz und Eifersucht.
Auch nach Einbruch der Dunkelheit behielt der Himmel noch lange sein bläuliches Dämmerlicht. In der Tiefe wuchsen die Schatten, quollen aus ihren Nischen und füllten die Leeseite eines jeden Hügels und kleinen Buckels wie schwarze Teiche und Seen. Ein paar ferne Wolken glommen am Horizont.
»Ich schlage vor, dass wir morgen aufbrechen!« Mike hielt seinen letzten Kräcker wie einen Schatz in den von einem ausgefransten Wollhandschuh geschützten Fingern. »Das war das beste Essen seit mindestens einem Jahr«, setzte er hinzu. »Das gibt uns Kraft für den langen Weg.«
»Genau!«
»Klingt gut, Mann!«
Das waren Brandon und Hiroki. Cam hob den Kopf und ließ seine Blicke über die Jungen hinwegschweifen. Er hatte erwartet, dass auch D Mac dem Vorschlag zustimmen würde, aber D Mac blieb stumm. Kurz zuvor hatte sich Samantha von ihrem Platz neben Alex und Kevin erhoben und war zu ihrem Vater geschlendert, um ihn zu fragen, ob sie noch Rindentee aufbrühen sollte, aber ihr eigentliches Ziel war D Mac gewesen. Sie hatte ihn beiseite genommen, und Cam sah die beiden miteinander flüstern. Sie wusste, wie sie die Jungs um den Finger wickeln konnte. Ein Augenblick mit ihr allein – und schon hatte sie D Mac auf ihre Seite gezogen.
»Wir kommen mit ganz wenig Gepäck aus«, erklärte Mike. »Unsere Schlafsäcke, Feldflaschen, ein Kocher. Dann brauchen wir nicht länger als zwei Tage
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