Plastikfreie Zone
müssen das Experiment abbrechen oder verändern. Doch solange es allen passt, besteht dazu keine Notwendigkeit, und wir machen weiter. Egal, wie lange.
Am Tag darauf besuchen wir wie alljährlich die Großeltern in Mürzzuschlag, wo eine kleine Ausnahme von unserem plastikfreien Weihnachten stattfinden wird. Leonard hat sich nämlich einen Drachen für seine Ritterburg gewünscht, obwohl diese nach wie vor im Stall steht. Da Peters Eltern uns bezüglich der Geschenke für die Kinder eigentlich immer um unsere Meinung fragen, hätte ich natürlich die Möglichkeit gehabt, den Plastikdrachen zu verhindern. Aber irgendwie kam mir das dumm vor, zumal unsere Kinder, auch der Jüngste, sich sehr intensiv mit ihren Weihnachtswünschen auseinandergesetzt und sie bis auf diesen einen Wunsch auf unser Experiment »abgestimmt« haben. Darauf bin ich sehr stolz und finde es überhaupt großartig, wie begeistert sie an unserem Versuch mitarbeiten und sich damit identifizieren. Daran soll ein einzelner Plastikdrache nun wirklich nichts ändern.
Natürlich ist er tatsächlich die Sensation des Abends, weil Leonard absolut nicht damit gerechnet zu haben scheint, dass ihm dieser Wunsch erfüllt würde. Dadurch ist die Freude umso größer und unser Experiment wieder einmal um eine Ausnahme reicher.
Grüße von der Silvesterhütte
Zum Abschluss des Jahres steht uns dann eine echte Herausforderung bevor. Wir wollen gemeinsam mit Sonja und Gerhard eine Woche auf einer Selbstversorgerhütte am Stoderzinken in den Ennstaler Alpen verbringen und dort gemeinsam Silvester feiern. Das kleine Skigebiet ist nicht nur sehr schneesicher – im Normalfall muss kein Kunstschnee eingesetzt werden –, sondern auch sehr übersichtlich, sodass wir die Kinder teilweise alleine auf der Piste lassen können. Für Peter und mich eine große Erleichterung, da wir kleine Skitouren bevorzugen.
An und für sich sind wir, sprich Sonja und ich, in der Organisation dieses Urlaubs schon geübt, da wir bereits seit einigen Jahren regelmäßig gemeinsam dorthin fahren. Nur gibt es heuer ein paar Faktoren, die die Planung erschweren. Zwar haben Sonja und Gerhard zugestimmt, sich für diese Zeit dem plastikfreien Versuch anzuschließen, aber gleichzeitig Bedenken bezüglich meiner Mengenberechnungen geäußert, die sich durch den Wegfall plastikverschweißter Lebensmittel, bisher immer unsere eiserne Reserve, nicht ganz so einfach gestalten.
Hinzu kommt das Problem des Trinkwassertransports. Wie ohne Plastikflaschen überhaupt eine ausreichende Menge für sieben Personen auf die Hütte gebracht werden soll, ist anfangs gänzlich ungeklärt. Speziell meinen Mann plagt überdies die Sorge, die von mir eingeplante Kiste Bier könnte nicht für eine ganze Woche ausreichen. Dass sich außerdem Sonja, im sechsten Monat schwanger, über eine sinnvolle Ernährung Gedanken macht, erschwert die Planung zusätzlich.
Zum Glück ergeben sich am Ende einige praktikable Lösungen, die allerdings auch wieder ein paar Kompromisse erfordern. Bezüglich der Trinkwasserversorgung sind Gerhard glücklicherweise zwei 100-Liter-Edelstahltanks aus einem alten Wohnmobil eingefallen, die irgendwo bei ihm herumstehen. Sowohl Befüllen als auch Transport würden zwar recht mühsam werden, aber immerhin besser als Unmengen schwerer Glasflaschen, wenngleich die Kanister ebenfalls nicht gerade Leichtgewichte sein dürften, doch ich hüte mich, dieses Thema anzusprechen – und zum Glück tut es auch sonst keiner oder bringt wieder Plastikflaschen ins Spiel.
Ich bemerke allerdings selbst, dass alles viel gründlicher überlegt werden muss. Weil unverpacktes Brot nicht so lange haltbar ist, plane ich nur vier Kilo ein, was von den anderen nur unter der Bedingung akzeptiert wird, dass wir zusätzlich zwei Kilo Brotbackmischung für den Notfall einpacken. Meine ursprüngliche Idee, an den letzten paar Tagen einfach nur Müsli zum Frühstück zu essen, ist bei der Mehrheit eindeutig durchgefallen.
Was die Milchvorräte angeht, so füllen wir die in Saftflaschen ab, und für Sonja, die um ihre tägliche Käseration fürchtet, gibt es eine Ausnahmegenehmigung für eingeschweißten Käse, der allerdings nur zum Einsatz kommen soll, falls die von mir berechnete Menge an unverpacktem Käse nicht ausreicht. Peters kleines Problem geht bei diesen Diskussionen ziemlich unter, und so ist er, denke ich, ziemlich froh, dass wenigstens die ursprünglich geplante Kiste Bier noch Platz im Auto findet.
Als
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