Plastikfreie Zone
gedacht habe, wie es weitergehen soll. Dementsprechend stottere ich herum, wir müssten halt schauen, was wir beibehalten wollen, würden aber sicher nicht in jeder Hinsicht so weitermachen wie jetzt. Außerdem sei überhaupt nicht ganz klar, wann das Experiment wirklich abgeschlossen sei. Plötzlich unterbricht mich eine energische Stimme aus dem Hintergrund. Es ist Marlene, die zusammen mit Nicoles Tochter Theresa offenbar unsere Unterhaltung vom Kinderzimmer aus verfolgt hat.
»Wir können doch genauso weitermachen wie jetzt! Uns geht ja nichts ab.«
Das sitzt! Ich bin einen Moment lang sprachlos. Meine gerade zehnjährige Tochter hat offenbar weitaus mehr aus unserem Experiment gelernt als ich selbst. Vielleicht liegt es auch an der kompromisslosen Art von Kindern, sich für eine Sache zu begeistern und Veränderungen umzusetzen. Ich bin sehr stolz auf Marlenes klare Stellungnahme.
»Du hast recht, Marlene«, sage ich. »Wir können einfach so weitermachen. Mir fehlt ebenfalls nichts, höchstens manchmal die Kartoffelchips, aber da helfen vielleicht hin und wieder nette Freundinnen aus und bringen mir welche mit.«
Nicole und Marianne nicken zum Zeichen des Einverständnisses. »Jetzt müsst ihr nur noch eure Männer überzeugen«, meint Nicole, doch auch darum hat sich meine Tochter schon gekümmert.
»Zumindest der Papa ist dafür.« Marlene grinst zufrieden.
Marianne, die – obwohl sie den Film nicht gesehen hat – gerne ein wenig plastikfrei experimentieren möchte, seufzt:»Vielleicht sollte Marlene mal mit Alex sprechen.«
Ihr Mann sträubt sich, findet das alles übertrieben, zumal sie mit dem Haus, das sie gerade bauen, genug Sorgen hätten, meint er. Wir geben unserer Freundin den Rat, ihn gelegentlich mit ins Kino zu nehmen. Vielleicht ändert er ja seine Meinung, denn so ein Projekt ohne die Unterstützung aller Familienmitglieder durchzuführen, das ist schlicht unmöglich. Mal sehen, wie es weitergeht bei Marianne.
Bevor wir mit den Bienenwachskerzen beginnen, erzähle ich den beiden noch schnell, dass ich mit Thomas Bogner ohnehin bereits eine Verlängerung bis Weihnachten vereinbart habe.
Ein paar Tage später ruft er an, will wissen, wie es uns geht. Als ich ihm von Marlenes Kommentar berichte, hakt er gleich ein und meint, dass es auf jeden Fall sinnvoll sei, bis zum Jahresende weiter Berichte in dem Blog zu veröffentlichen. Nicht nur das: Er fragt, ob ich mir vorstellen könnte, auch über das Experiment hinaus für den Blog zu schreiben. Und überhaupt könnte aus seiner Sicht das ganze Projekt durchaus noch das nächste Jahr weiterlaufen. Auch wenn mir das Angebot sehr entgegenkommt, muss ich es zuvor mit meinem Mann besprechen. Schließlich erfordert gerade diese Tätigkeit ziemlich viel von meiner Zeit. Erstaunlicherweise ist Peter gleich einverstanden – Marlene hat offenbar ganze Arbeit geleistet.
Aber vermutlich musste Peter nicht wirklich überredet werden. Da er kein Freund großer Worte ist, hat er unbemerkt seinen ganz persönlichen Beitrag zu unserem Blog gestaltet und mich plötzlich mit dem Song Plastik überall überrascht, von ihm selbst getextet, komponiert, aufgenommen und sogar mit einem kleinen Video versehen. Ich war sehr beeindruckt, und von Thomas Bogner kam ebenfalls eine positive Rückmeldung. Was meinen Mann ermutigte, einen neuen Song für den Blog in Angriff zu nehmen. Für mich insofern eine Erleichterung, weil er die Zeit, die ich in unser Projekt beziehungsweise in seine »mediale Begleitung« investiere, nun nicht mehr so kritisch bewertet. Nur die Kinder haben sich in letzter Zeit häufiger darüber beschwert, dass seit Neuestem ständig einer von uns vor dem Computer sitzt.
Das Christkind und der Plastikdrache
Dann ist es so weit: Unser erstes fast plastikfreies Weihnachtsfest steht vor der Tür. Es beginnt wie jedes Jahr mit dem Einpacken der Geschenke, nur dass diesmal auch das etwas anders aussieht als früher.
Weil es sich um ein menschliches Grundbedürfnis zu handeln scheint und unsere Kinder zudem Verpackungsweltmeister sind, die bereits echte Kunstwerke mit zahlreichen übereinandergeklebten Schichten produziert haben, mochten wir ihnen trotz aller Bemühungen um Müllvermeidung den Spaß nicht ganz verderben und haben über alternative Möglichkeiten nachgedacht. Schließlich wollen wir ihre Kreativität nicht beschneiden.
Also bekamen sie einige Bögen Packpapier, die sie nach Belieben bemalen und gestalten konnten, sowie einen Teil
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