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Titel: Plattform Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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zurück. Ich schwitzte am ganzen Körper, keuchte unwillkürlich, spürte, wie ich taumelte, und mußte mich auf eine Bank setzen. Die Dampfmassen wogten weiter in der Luft. Ich hörte das Geräusch eines Kusses und hob den Kopf: Die beiden waren eng umschlungen, Brust an Brust.

        Etwas später, am Spätnachmittag, schliefen wir miteinander, dann noch einmal am Abend und erneut am nächsten Morgen. Dieser Eifer war ein wenig ungewöhnlich; uns beiden war klar, daß eine schwere Zeit bevorstand, in der Valérie mit viel Arbeit, großen Schwierigkeiten und endlosen Kalkulationen zu kämpfen hatte. Der Himmel war strahlendblau, draußen war es fast warm; es war zweifellos eines der letzten schönen Wochenenden vor dem Herbst. Nachdem wir uns am Sonntagmorgen geliebt hatten, machten wir einen langen Spaziergang am Strand. Ich betrachtete überrascht die etwas kitschigen, neoklassizistischen Hotelgebäude. Als wir das Ende des Strands erreichten, setzten wir uns auf die Felsen.
        »Ich nehme an, die Verabredung mit dem deutschen Unternehmer war wichtig für euch«, sagte ich. »Das ist doch sicher der Beginn einer neuen Herausforderung. «
        »Das ist das letzte Mal, Michel. Wenn diese Sache klappt, dann haben wir für lange Zeit Ruhe. «
        Ich warf ihr einen ungläubigen, ein wenig traurigen Blick zu. Ich glaubte nicht recht an solche Argumente, das erinnerte mich etwas an manche Geschichtsbücher mit Erklärungen von Politikern über das allerletzte Mal, den allerletzten Krieg, der zu einem dauerhaften Frieden führen soll.
        »Dabei hast du mir doch erklärt«, sagte ich sanft, »daß der Kapitalismus vom Prinzip her ein ständiger Kriegszustand ist, ein ewiger Kampf, der nie zu Ende gehen kann. «
        »Das stimmt«, sagte sie ohne zu zögern, »aber es müssen ja nicht unbedingt immer dieselben sein, die kämpfen. «

        Eine Möwe flog auf, gewann an Höhe, segelte dem Ozean entgegen. Wir waren fast allein hier am Ende des Strands. Dinard war wirklich ein ruhiger Badeort, zumindest um diese Jahreszeit. Ein Labrador kam auf uns zu, beschnupperte uns und machte wieder kehrt; sein Besitzer war weit und breit nicht zu sehen.
        »Das garantiere ich dir«, sagte sie nachdrücklich. »Wenn es so gut klappt, wie wir hoffen, können wir das Konzept auf viele Länder ausweiten. Allein in Lateinamerika läßt es sich in Brasilien, Venezuela und Costa Rica umsetzen. Ansonsten kann man ohne Schwierigkeiten Clubs in Kamerun, Mosambik, Madagaskar und auf den Seychellen eröffnen. Auch in Asien gibt es unmittelbare Möglichkeiten: in China, Vietnam, Kambodscha. Innerhalb von zwei oder drei Jahren können wir die führende Position einnehmen, so daß niemand es mehr wagt, in diesen Markt zu investieren: Dann haben wir unseren Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.«
        Ich erwiderte nichts, ich wußte nicht, was ich ihr darauf hätte erwidern können, schließlich stammte die Idee ja von mir. Die Flut kam; kleine Rinnen gruben sich in den Sand, endeten vor unseren Füßen.
        »Außerdem«, fuhr sie fort, »werden wir diesmal wirklich ein großes Aktienpaket fordern. Wenn der Erfolg da ist, kön nen sie uns das nicht abschlagen. Und wenn man Aktionär ist, braucht man nicht mehr zu kämpfen: Dann kämpfen die anderen an unserer Stelle. «
        Sie hielt inne, blickte mich zögernd an. Was sie da sagte, hatte Hand und Fuß, darin steckte eine gewisse Logik. Es erhob sich ein leichter Wind; ich bekam allmählich Hunger. Das Restaurant in dem Hotel war ausgezeichnet: Sie hatten herrlich frische Meeresfrüchte und köstlich zubereitete Fischgerichte. Wir gingen über den feuchten Sand zurück.
        »Ich habe Geld...«, sagte ich plötzlich, »du darfst nicht vergessen, daß ich Geld habe.« Sie blieb stehen und sah mich überrascht an; selbst ich hatte nicht damit gerechnet, diese Worte auszusprechen.
        »Ich weiß, daß Frauen es heutzutage nicht mehr mögen, ausgehalten zu werden«, fuhr ich ein wenig verlegen fort, »aber es zwingt uns schließlich niemand, so zu handeln wie alle anderen.«
        Sie blickte mir ruhig in die Augen. »Wenn du das Geld für das Haus bekommst, hast du alles in allem maximal drei Millionen Franc...«, sagte sie.
    »Ja, ein bißchen weniger. «
        »Das reicht nicht; nicht ganz. Wir brauchen noch etwas mehr.« Sie ging weiter, schwieg eine ganze Weile. »Verlaß dich auf mich...«, sagte sie in dem

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