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könne. Das war natürlich völlig aus der Luft gegriffen, aber ich hatte schon beschlossen, den fehlenden Betrag selbst beizusteuern. Vielleicht wollte ich nur irgendwie angeben ; aber ich meine, ich hätte auch den aufrichtigen Wunsch gehabt, daß er noch einmal im Leben, und sei es nur für eine Woche, in den fachkundigen Händen junger Thai-Prostituierter Lust empfand.
Als ich Valérie von der Begegnung erzählte, blickte sie mich ziemlich überrascht an, sie erinnerte sich überhaupt nicht mehr an Lionel. Genau das war sein Problem, er war an sich kein verkehrter Typ, aber ihm fehlte jede Originalität: Er war zu zurückhaltend, zu bescheiden, es war schwer, sich in irgendeiner Weise an ihn zu erinnern. »Na gut...«, sagte sie, »wenn dir das Freude macht; er braucht übrigens nicht mal den halben Preis zu bezahlen, ich wollte dir schon davon erzählen, ich bekomme demnächst ein paar Einladungen für die Einweihungswoche. Die Sache findet am 1. Januar statt.« Ich rief Lionel am nächsten Tag an, um ihm anzukündigen, daß die Reise kostenlos sei; das war zuviel, das konnte er nicht glauben, ich hatte sogar Mühe, ihn zu überreden, den Vorschlag anzunehmen.
Am selben Tag erhielt ich den Besuch einer jungen Künstlerin, die mir ihre Arbeit vorstellen wollte. Sie hieß Sandra Heksjtovoian oder irgend so was, ein Name, den ich mir sowieso nicht merken konnte; wenn ich ihr Agent gewesen wäre, hätte ich ihr geraten, sich Sandra Hallyday zu nennen. Sie war noch sehr jung, sah ziemlich banal aus, hatte ein rundliches Gesicht, kurzes lockiges Haar, trug Hose und T-Shirt; sie hatte die École des Beaux-Arts in Caen besucht. Der Gegenstand ihrer Arbeit sei ausschließlich ihr eigener Körper, erklärte sie mir. Ich blickte sie besorgt an, während sie ihre Aktentasche öffnete. Ich hoffte, daß sie mir keine Fotos ihrer mit Hilfe der Schönheitschirurgie begradigten Zehen oder so etwas Ähnliches zeigte, ich hatte von diesen Geschichten die Nase voll. Aber nein, sie zeigte mir nur Ansichtskarten mit dem Abdruck ihrer Möse, die sie in unterschiedliche Farben getaucht hatte. Ich wählte eine türkis- und eine malvenfarbene aus und bedauerte es ein wenig, daß ich ihr nicht im Tausch dafür Fotos von meinem Pimmel geben konnte. All das war ja sehr nett, aber wenn ich mich recht erinnerte, hatte Yves Klein vor über fünfzig Jahren schon ähnliche Dinge gemacht; ich würde Mühe haben, ihr Projekt durchzuboxen. Sicher, sicher, gab sie zu, man müsse das als eine Stilübung betrachten. Da holte sie aus einem Pappkarton ein komplexeres Gebilde hervor, das aus zwei Rädern von unterschiedlicher Größe bestand, die durch ein schmales Gummiband miteinander verbunden waren; mit Hilfe einer Kurbel ließ sich die Vorrichtung in Gang setzen. Das Gummiband war mit kleinen Plastikhöckern bedeckt, die mehr oder weniger pyramidenförmig waren. Ich drehte an der Kurbel und strich mit einem Finger über das sich bewegende Gummiband; das brachte eine Art Reibung hervor, die nicht unangenehm war. »Das sind Abdrücke meiner Klitoris«, erläuterte das Mädchen. Ich zog sogleich meinen Finger zurück. » Ich habe während der Erektion mit einem Endoskop Fotos gemacht und dann habe ich das Ganze in den Computer eingegeben. Mit einem 3D-Programm habe ich das Volumen wiederhergestellt, mit Ray tracing modelliert und dann habe ich die Daten an eine Fabrik weitergegeben.« Ich hatte den Eindruck, daß sie sich ein bißchen zu sehr von technischen Erwägungen leiten ließ. Ich drehte noch einmal an der Kurbel, allerdings eher unwillkürlich. »Das reizt einen zum Anfassen, nicht?« fuhr sie befriedigt fort. »Ich habe mir überlegt, ob ich es nicht an einen Widerstand anschließe, um damit eine Birne aufleuchten zu lassen. Was halten Sie davon?« Ich war dagegen, das schien mir der Einfachheit des Konzepts zu schaden. Für eine Vertreterin der modernen Kunst war sie eher sympathisch; ich hatte Lust, sie zu einer Sexparty einzuladen, ich war mir sicher, daß sie sich mit Valérie gut verstehen würde. Mir wurde gerade noch rechtzeitig klar, daß das in meiner Stellung als sexuelle Nötigung ausgelegt werden konnte; ich betrachtete die Vorrichtung enttäuscht. »Wissen Sie«, sagte ich, »ich kümmere mich vor allem um die finanzielle Seite der Projekte. Für die ästhetische Seite sollten Sie besser mit Mademoiselle Durry Kontakt aufnehmen.« Ich schrieb ihr Marie-Jeannes Namen und ihre Durchwahl auf eine Visitenkarte; in so
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