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Titel: Plattform Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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eigentlich die Thais im Zweiten Weltkrieg gemacht? Nun, im
    Grunde nicht viel. Sie waren »neutral«, wie mich Son diskret belehrte. Tatsächlich, ergänzte René, hatten sie ein Militärabkommen mit Japan getroffen, ohne jedoch den Alliierten den Krieg zu erklären. Das war der Weg der Weisheit. So hatten sie wieder einmal ihren berühmten Sinn für Feinheiten beweisen können, der ihnen in über zwei Jahrhunderten, in denen sie zwischen der französischen und der englischen Kolonialmacht eingezwängt waren, erlaubt hatte, weder der einen noch der anderen nachzugeben und das einzige Land in Südostasien zu bleiben, das nie kolonisiert worden ist.
        Wie dem auch sei, 1942 hatten die Arbeiten im Bereich des River Kwai begonnen, wofür sechzigtausend englische, australische, neuseeländische und amerikanische Kriegsgefangene sowie eine »unübersehbare« Anzahl von asiatischen Zwangsarbeitern eingesetzt wurden. Im Oktober 1943 war die Bahnlinie fertiggestellt, aber sechzehntausend Kriegsgefangene hatten dabei den Tod gefunden - aufgrund des Nahrungsmangels, des ungesunden Klimas und der natürlichen Bosheit der Japaner. Kurz darauf hatte ein Bombenangriff der Alliierten die Brücke am Kwai, ein wesentliches Element der Infrastruktur, zerstört und somit die Bahnlinie unbrauchbar gemacht. Kurz gesagt, viel kaltes Fleisch für ein Ergebnis, das praktisch gleich Null war. Seitdem hatte sich die Situation kaum verändert - und es blieb unmöglich, eine brauchbare Eisenbahnverbindung zwischen Singapur und Delhi zu schaffen.

    In einem Zustand leichter Verzweiflung begann ich den Besuch des JEATH Museum, das zum Gedenken an das furchtbare Leid der alliierten Kriegsgefangenen errichtet worden ist. Gewiß, sagte ich mir, all das war sehr bedauernswert; aber es hatte im Zweiten Weltkrieg doch wirklich schlimmere Dinge gegeben. Ich konnte mir den Gedanken nicht verkneifen, daß man nicht soviel Wind darum gemacht hätte, wären die Kriegsgefangenen Polen oder Russen gewesen.
        Kurz darauf mußten wir den Besuch des Friedhofs der alliierten Kriegsgefangenen über uns ergehen lassen - jener Menschen, die gewissermaßen das höchste Opfer dargebracht hatten. Er bestand aus akkurat ausgerichteten weißen Kreuzen, die alle völlig identisch waren; von dem Ort ging eine tiefe Langeweile aus. Ich mußte an Omaha Beach denken, einen Friedhof, der mich auch nicht sonderlich bewegt, sondern mich ehrlich gesagt eher an eine zeitgenössische Kunstinstallation erinnert hatte. »Hier«, hatte ich mir mit einem Gefühl der Trauer gesagt, die mir unzureichend vorgekommen war, »hier sind eine ganze Reihe von Dummköpfen für die Demokratie gestorben.« Der Friedhof am River Kwai war allerdings viel kleiner, es war sogar denkbar, die Gräber zu zählen; ich verzichtete ziemlich schnell auf diese Übung. »Aber das können doch keine sechzehntausend sein...«, folgerte ich immerhin mit lauter Stimme daraus. » Das ist richtig! « teilte mir René mit, der immer noch seinen Guide Michelin in der Hand hielt. »Die Anzahl der Toten wird auf sechzehntausend geschätzt; aber auf diesem Friedhof befinden sich nur fünfhundertzweiundachtzig Gräber. Sie werden als die (er las vor und nahm dabei den Finger zu Hilfe) fünf hundertzweiundachtzig Märtyrer der Demokratie bezeichnet. «
        Als ich mit zehn Jahren meine dritte Skiprüfung bestand, ging ich in eine Konditorei, um mich mit flambierten Crêpes vollzustopfen. Es war ein kleines einsames Fest; ich hatte keine Kameraden, mit denen ich diese Freude hätte teilen können. Wie jedes Jahr um die gleiche Zeit wohnte ich bei meinem Vater in Chamonix. Er war Bergführer und ein erfahrener Bergsteiger. Er hatte Freunde in seiner Art, mutige, unerschrockene Männer, ich fühlte mich in ihrer Gegenwart nicht wohl. Ich habe mich nie unter Männern wohlgefühlt. Ich war elf, als mir ein Mädchen zum erstenmal ihre Möse zeigte; ich war sogleich hellauf begeistert, hatte dieses kleine seltsam gespaltene Organ bewundert. Es war noch ziemlich unbehaart, das Mädchen war in meinem Alter, hieß Martine. Sie stand lange mit gespreizten Schenkeln
    da und zog ihr Höschen weit zur Seite, damit ich sehen konnte; aber als ich meine Hand vorstreckte, bekam sie Angst und lief fort. All das kam mir vor, als sei es vor kurzem gewesen, ich hatte nicht den Eindruck, als hätte ich mich derart verändert. Meine Begeisterung für Mösen hatte nicht nachgelassen, ich sah darin sogar einen meiner letzten

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