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eine Katastrophe, keiner von denen glaubt mehr an eine Liebesbeziehung; und deshalb machen sie so viel Theater um Freundschaft und kameradschaftliches Verhalten, also all das, was einen zu nichts verpflichtet. Ich bin inzwischen soweit, daß ich nicht mal mehr das Wort Freundschaft hören kann, es widert mich richtig an. Und dann gibt es noch die Männer, die sich möglichst schnell verheiraten und dann nur noch an ihre Karriere denken. Auf dich trifft das natürlich nicht zu; aber ich habe auch gleich gewußt, daß du nie so vulgär sein würdest, mir mit Freundschaft zu kommen. Ich habe gleich gehofft, daß wir miteinander schlafen würden und daß irgend etwas Starkes dabei herauskommen würde; es konnte natürlich auch sein, daß nichts passieren würde, das war sogar viel wahrscheinlicher.« Sie hielt inne und seufzte gereizt. »Na gut...«, sagte sie dann resigniert, »ich muß wohl doch Jean-Yves anrufen. «
Ich zog mich im Schlafzimmer an, während sie telefonierte. »Ja, einen sehr schönen Urlaub«, hörte ich. Kurz darauf rief sie: »Wieviel?... « Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, hielt sie den Hörer noch in der Hand und wirkte nachdenklich; sie hatte sich noch nicht wieder angezogen.
»Jean-Yves hat den Typen von der Vermittlungsagentur getroffen«, sagte sie, »sie haben ihm hundertzwanzigtausend Franc im Monat angeboten. Sie sind bereit, auch mich einzustellen; er meint, sie könnten bis zu achtzigtausend gehen. Er hat morgen früh einen Termin, um alles weitere zu besprechen. «
» Und für wen würdet ihr arbeiten?«
»Für die Gruppe Aurore, in der Abteilung Urlaubshotellerie.«
»Ist das ein großes Unternehmen?«
»Das kann man wohl sagen: Es ist weltweit die größte Gruppe auf dem Hotelsektor. «
2
Das Verhalten des Verbrauchers zu begreifen, um ihn besser einschätzen und ihm das richtige Produkt im richtigen Augenblick anbieten zu können und ihn vor allem zu überzeugen, daß das angebotene Produkt seinen Bedürfiiissen entspricht, ist der Traum aller Unternehmen. Jean-Louis Barma: Wovon die Unternehmen träumen
Jean-Yves wachte morgens um fünf auf und warf einen Blick auf seine Frau, die noch schlief. Sie hatten ein fürchterliches Wochenende bei seinen Eltern verbracht - seine Frau fuhr nur widerwillig aufs Land. Ihr zehnjähriger Sohn Nicolas haßte es ebenfalls, ins Loiret zu fahren, weil er seinen Computer nicht mitnehmen konnte; und er mochte seine Großeltern nicht, er fand, daß sie stanken. Mit seinem Vater ging es tatsächlich abwärts, er ließ sich immer mehr gehen und interessierte sich nur noch für seine Kaninchen. Der einzige Lichtblick an diesen Wochenenden war seine Tochter Angélique: Mit ihren drei Jahren war sie noch fähig, über die Kühe und die Hühner in Ekstase zu geraten ; aber zur Zeit war sie gerade krank, sie hatte einen Großteil der Nächte geweint und gejammert. Als sie nach dreistündiger Fahrt und endlosen Staus wieder zu Hause waren, kam Audrey auf die Idee, noch mit Freunden auszugehen. Er machte sich etwas Tiefgefrorenes warm und sah sich einen ziemlich schlechten amerikanischen Fernsehfilm an, der die Geschichte eines autistischen serial killer zeigte das Drehbuch beruhte angeblich auf einer wahren Begebenheit, der Mann war der erste Geisteskranke gewesen, der seit über sechzig Jahren in Nebraska hingerichtet worden war. Sein Sohn weigerte sich, etwas zu essen, und vertiefte sich sofort in eine Partie Total Annihilation oder Mortal Kombat II, er verwechselte die beiden immer. Ab und zu, wenn seine Tochter zu laut schrie, ging er in ihr Schlafzimmer und versuchte sie zu beruhigen. Sie schlief gegen ein Uhr ein; Audrey war noch nicht wieder da.
Irgendwann ist sie doch nach Hause gekommen, dachte er, während er sich mit der Espressomaschine einen Kaffee zubereitete; diesmal jedenfalls. Das Anwaltsbüro, in dem sie arbeitete, hatte unter anderem Libération und Le Monde als Kunden; sie verkehrte inzwischen im Milieu der Journalisten, Fernsehsprecher und Politiker. Sie gingen oft aus, manchmal in seltsame Lokale - als er eines Tages eins ihrer Bücher durchblätterte, war er auf die Visitenkarte eines Fetischistenlokals gestoßen. JeanYves vermutete, daß sie ab und zu mit irgendeinem Typen ins Bett ging; auf jeden Fall schliefen sie nicht mehr miteinander. Erstaunlicherweise hatte er selbst keinerlei Abenteuer. Dabei wußte er, daß er gut aussah - ein blonder, blauäugiger Typ, wie
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