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Titel: Plattform Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb unserer Gruppe: Wir sind in hundertzweiundvierzig Ländern vertreten und beschäftigen über hundertdreißigtausend Menschen. Außerdem werden die meisten Führungskräfte bei uns ziemlich schnell Aktionäre der Gruppe, das ist ein System, an das wir glauben; ich habe Ihnen eine kurze Übersicht mit ein paar Zahlenbeispielen darüber zusammengestellt.«
        »Außerdem benötige ich natürlich genauere Informationen über die Situation der Hotels der Kette.«
        »Selbstverständlich; ich gebe Ihnen nachher eine detaillierte Aufstellung. Das war nicht nur ein rein taktischer Kauf, sondern wir glauben an die strukturellen Möglichkeiten: Die geographische Ansiedlung der Clubs ist gut, ihr allgemeiner Zustand ausgezeichnet - es brauchen nur wenige Umbauten vorgenommen zu werden. Zumindest habe ich den Eindruck; aber ich besitze keine Erfahrung auf dem Sektor der Urlaubshotellerie. Wir arbeiten natürlich Hand in Hand, aber in all diesen Fragen entscheiden Sie allein. Wenn Sie ein Hotel abstoßen oder ein anderes erwerben möchten, liegt die letzte Entscheidung bei Ihnen. Das ist eine der Grundregeln bei Aurore. «
        Er dachte einen Augenblick nach, ehe er fortfuhr: »Selbstverständlich ist es kein Zufall, daß Sie hier sind. Ihre Laufbahn innerhalb von Nouvelles Frontières ist in der Branche sehr aufmerksam verfolgt worden; man kann sogar sagen, daß Sie Schule gemacht haben. Sie haben nicht systematisch versucht, die niedrigsten Preise oder die besten Leistungen anzubieten, Sie sind immer sehr nah an einem Preisniveau geblieben, das den Kunden für ein gewisses Leistungsniveau annehmbar schien; das ist genau die Philosophie, die wir für jede unserer Hotelketten vertreten. Und was ebenfalls noch sehr wichtig ist, Sie haben daran mitgearbeitet, dem Firmennamen ein starkes Image zu verleihen ; das ist uns bei Aurore nicht immer gelungen. «
        Das Telefon auf Leguens Schreibtisch klingelte. Das Gespräch war sehr kurz. Er stand auf und führte Jean-Yves durch einen Flur mit beigen Steinplatten. Jean-Luc Espitaliers Büro war riesig, mindestens zwanzig Meter lang; auf der linken Seite stand ein Konferenztisch mit etwa fünfzehn Stühlen. Espitalier erhob sich, als sie sich näherten, und empfing sie mit einem Lächeln. Er war klein und noch ziemlich jung - bestimmt nicht über fünfundvierzig -, hatte eine leichte Stirnglatze und rief einen erstaunlich bescheidenen, fast unbedarften Eindruck her vor, als lege er Wert darauf, der Bedeutung seiner Stellung mit einer gewissen Ironie zu begegnen. Vermutlich war es klüger, diesem Anschein nicht zu trauen, dachte Jean-Yves; die ENAAbsolventen sind oft so, sie stellen einen Humor zur Schau, der sich meistens als trügerisch erweist. Sie setzten sich in die Sessel an einen niedrigen Tisch vor seinem Schreibtisch. Espitalier betrachtete ihn lange mit seinem seltsamen schüchternen Lächeln, ehe er das Wort ergriff.
        »Ich bewundere Jacques Maillot sehr«, sagte er schließlich. »Er hat ein sehr schönes, sehr originelles Unternehmen aufgebaut mit einer echten Unternehmensphilosophie. Das ist sehr selten. Auch wenn ich den Eindruck habe - aber ich will nicht den Unglückspropheten spielen -, daß sich die französischen Reiseveranstalter auf harte Zeiten einstellen müssen. In Kürze das ist unvermeidlich geworden und meiner Ansicht nach nur noch eine Frage von Monaten - werden die britischen und deutschen Touristik-Konzerne hier bei uns auf dem Markt auftauchen. Sie verfügen über eine Finanzkraft, die zwei- bis dreimal so groß ist, und bieten Rundreisen an, die 20 bis 30% billiger sind, und das bei gleichen oder sogar höheren Leistungen. Die Konkurrenz wird hart sein, erbarmungslos. Um es deutlich zu sagen, einige werden auf der Strecke bleiben. Ich will damit nicht sagen, daß Nouvelles Frontières dazugehört; es ist eine Gruppe mit starker Corporate Identity und einem fest verbundenen Kreis von Aktionären, sie sind vielleicht imstande zu widerstehen. Aber in jedem Fall werden die kommenden Jahre für alle sehr schwierig werden.
        Wir haben bei uns nicht die gleichen Probleme«, fuhr er nach einem leichten Seufzer fort. »Aurore ist der unbestrittene Marktführer auf dem Geschäftsreisensektor, ein Markt, der nur geringen Schwankungen unterworfen ist; aber im Bereich der Urlaubshotellerie, die viel flexibler ist und den wirtschaftlichen und politischen Schwankungen viel stärker unterliegt, sind

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