Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)
identifizieren kann.«
Simion hatte sie erst an dem Tag kennengelernt, an dem sie heirateten. Er diente mit Assi in der Basis, und Assi hatte ihr immer Geschichten von ihm erzählt – dass er seine Hosen dermaßen hochgezogen trug, dass er sich jeden Morgen entscheiden musste, auf welche Seite er seinen Schwanz legte, und wie er, dieser Simion, immer wenn sie im Radio Sendungen mit Soldatengrüßen hörten, also jedes Mal wenn ein Satz gesagt wurde wie »für den liebsten Soldaten in der Armee«, ganz gespannt aufhorchte, als ob dieser Gruß hundertprozentig für ihn sei. »Wer könnte diesem Knallkopf denn überhaupt einen Gruß schicken?«, lachte Assi immer. Und diesen Knallkopf hatte Orit geheiratet. Die Wahrheit war, dass sie vorgeschlagen hatte, Assi solle derjenige sein, der sie heiratete, aber Assi hatte gesagt, das käme nicht in Frage, denn eine fiktive Heirat mit einem Freund sei schon nicht mehr so ganz fiktiv und würde den Salat bloß vorprogrammieren. Er war es auch, der Simion vorschlug. »Für hundert Schekel macht dir dieser Trottel sogar ein Kind«, lachte Assi, »für einen Hunni machen diese Russen alles.« Sie sagte zu Assi, sie müsse darüber nachdenken, obwohl sie im Inneren schon damit einverstanden war. Aber es hatte sie gekränkt, dass Assi nicht bereit war, sie zu heiraten. Es war alles in allem ein Gefallen, denn als Verheiratete musste sie nicht zum Militär, und ein Freund sollte zu helfen verstehen, wenn man ihn braucht. Davon abgesehen, auch wenn es nur fiktiv war, es ist nicht angenehm, mit einem Idioten verheiratet zu sein.
Einen Tag danach kehrte Assi von der Basis zurück, drückte ihr einen nassen Kuss auf die Stirn und sagte: »Ich hab dir hundert Schekel gespart.« Orit wischte sich die Spucke ab, und Assi erklärte: »Der Trottel heiratet dich für umsonst.« Orit sagte, das komme ihr ein bisschen verdächtig vor, da müsse man aufpassen, denn vielleicht begreife dieser Simion nicht so richtig, was »fiktiv« sei.
»Er kapiert schon, und wie der kapiert«, erwiderte Assi und fing an, im Kühlschrank herumzustöbern, »er ist zwar sturzblöd, aber ein erstklassiger Schlawiner.«
»Warum war er dann ohne Geld einverstanden?«, beharrte Orit ernst.
»Ich was wissen?«, lachte Assi und biss in eine ungewaschene Gurke. »Vielleicht hat er’s geblickt, dass das wohl das Nächste an Verheiratetsein ist, woran er je im Leben hinkommen kann.«
Die Offizierin fuhr den Renault, und der Religiöse saß hinten. Fast die ganze Strecke schwiegen sie, was Orit eine Menge Zeit ließ, darüber nachzudenken, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen toten Menschen sehen würde, und darüber, dass sie sich immer Scheißkerle als Freunde einfing und dann trotzdem, obwohl sie es vom ersten Augenblick an wusste, immer ein bis zwei Jahre mit ihnen zusammenblieb. Sie erinnerte sich an die Abtreibung und an ihre Mutter, die an Seelenwanderung glaubte und sich nachher darauf versteifte, dass die Seele des Säuglings in ihrem zerrupften Kater reinkarniert sei. »Hör dir an, wie er greint«, hatte sie damals zu Orit gesagt, »hör dir seine Stimme an, wie ein Baby. Vier Jahre ist er schon bei dir, und noch nie hat er so geheult.« Orit wusste, dass ihre Mutter Blödsinn redete und dass der Kater höchstens etwas zu fressen oder irgendein Weibchen vom Fenster aus witterte. Allerdings klang sein Geplärr tatsächlich ein bisschen wie das Greinen eines Babys, und er hörte die ganze Nacht nicht damit auf. Ihr einziges Glück war, dass sie und Assi da schon nicht mehr zusammen waren, denn wenn sie ihm so etwas erzählt hätte, hätte er auf der Stelle zu lachen angefangen.
Sie versuchte, an Simions Seele zu denken, wo sie jetzt wohl herumwanderte, erinnerte sich jedoch sofort selbst daran, dass sie ja überhaupt nicht daran glaubte. Anschließend versuchte sie sich zu erklären, weshalb sie zugestimmt hatte, mit den Offizieren nach Abu-Kabir mitzukommen, und warum sie ihnen nichts davon gesagt hatte, dass es eine fiktive Ehe gewesen war. Es war schon etwas sonderbar, so im Leichenschauhaus anzukommen, um den Ehemann zu identifizieren. Gruslig, aber auch bestechend. Es war ein bisschen, wie in einem Film mitzuspielen – das Erlebnis mitnehmen, ohne den Preis zu zahlen. Assi hätte sicher gesagt, das sei die superklasse Gelegenheit, lebenslang die Rente einer Soldatenwitwe zu kassieren, ohne einen Finger zu rühren, und dass gegen eine Heiratsurkunde vom Rabbinat kein Mensch in der Armee
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