Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)
er sich nicht in den warmen, wohligen Schoß einbetten ließ, der sich »anerkannte Spesen« nannte.
*
»Was hast du denn heute?«, fragte Ranana, nachdem sie beschlossen hatten, den missglückten Versuch von wildem Sex fallenzulassen und stattdessen eine Melone zu essen und gemeinsam den Wissenschaftskanal anzuschauen.
»Ich bin irgendwie überlastet«, sagte Ronald. »Belastet, und auch körperlich ein bisschen schwach drauf.«
»Auch beim letzten Mal warst du überlastet. Und am vergangenen Donnerstag haben wir es nicht mal versucht. Sag mal …« Sie unterbrach sich im Satz, um ein besonders großes Melonenstück zu kauen und hinunterzuschlucken, und während dieser ganzen sich dehnenden Wartezeit wusste Ronald, dass nun ein knüppelharter Schlag folgen würde. »… Vögelst du deine Frau noch oder sie auch schon nicht mehr?«
»Was heißt hier ›auch‹?«, ereiferte sich Ronald. »Was soll das heißen, ›auch schon nicht mehr‹? Gibt es vielleicht irgendwas, das wir nicht machen?«
»Vögeln«, Ranana leckte sich ihre kurzen Finger, »wir vögeln nicht. Nicht dass das schrecklich schlimm ist oder so. Bloß, weißt du, wenn du im Standardschema eines Nebenherficks bist und das ganze Ding mit dem Sex hört auf, dann bist du halt nur noch so nebenher. Ohne irgendeinen Kontext. Verstehst du, was ich meine? Nicht dass es zwingend ist oder so was, es ist einfach bloß ein bisschen komisch. Denn mit deiner Frau, auch wenn ihr nicht vögelt, da könnt ihr ihre Eltern besuchen oder streiten, wer den Geschirrspüler ausräumt, aber wenn das mit einer Geliebten passiert, zieht dir das irgendwie ein bisschen den Boden unter den Füßen weg.«
»Wer sagt, dass wir nicht vögeln?«
»Dein Schwanz«, sagte Ranana ohne einen Hauch von Provokation. »Deshalb habe ich auch wegen deiner Frau gefragt, um zu kapieren, ob du einfach bloß keine Lust mehr auf mich hast oder ob das eher was …« Sie stoppte.
»Eher was?«, hakte Ronald nach, als die Pause sich zunehmend hinzog.
»Gib mir eine Sekunde«, murmelte Ranana, »ich suche nach einem zartfühlenderen Wort für Impotenz.«
»Du machst echt eine Riesensache aus nichts«, erboste sich Ronald. »Nur weil ich irgendwelche zwei Mal ein bisschen müde und überlastet war wegen der Arbeit, besagt das noch lang nicht, dass ich impotent bin. Gerade heute früh hatte ich einen Ständer. Nicht bloß irgendeinen, schon echt nicht mehr normal.« Und Ronald, dem Schachira wieder einfiel, spürte, wie sich sein Glied ein wenig verhärtete, und war ohne jeden Grund von Schuldgefühl erfüllt.
»Sehr schön«, sagte Ranana, »das ist ja schon mal erfreulich. Und mit wem genau hast du diesen echt-schon-nicht-mehr-normalen Ständer geteilt, mit Niva?«
»Nein«, Ronald geriet für einen Moment in Bedrängnis, »mit mir selber.«
»Dir geht’s gut«, lächelte Ranana ihr berühmtes, durchtrieben gemeines Lächeln, das Ronald bis zu diesem Tag nur im Geschäft zu besichtigen vergönnt gewesen war, und fuhr fort, den Melonensaft von ihrer stumpenfingrigen Hand zu lecken.
Möglicherweise hätte diese Nacht doch noch mit Vögeln geendet. Nicht gerade ein Akt triefender Geilheit, mehr so eine Art Vögeln zum Trotz, bei dem Ronald versucht hätte, sich selbst einen Ständer und Lust aufzuoktroyieren, und sei es nur, um Ranana dazu zu bringen, ihre Worte wieder zurückzunehmen. Möglicherweise, wer weiß. Doch das Mobiltelefon, das in seiner linken Hemdtasche vibrierte, genau da, wo das Herz sein sollte, brachte es fertig, diesen von vornherein verunglückten Abend in neue Tiefen abstürzen zu lassen. »Ich bedauere, dich bei deinem Termin mit den Deutschen zu stören«, hörte Ronald Nivas hassgetränkte Stimme.
»Aber nein, nein, Liebes, du störst überhaupt nicht. Wir sind gerade fertig geworden«, sülzte Ronald, wie er es immer zu tun pflegte, wenn er sich in Gesellschaft eines Kunden befand, und um die Sache noch glaubwürdiger zu gestalten, warf er sogar in Rananas Richtung, »It’s my wife. She says hello.« Ranana beeilte sich, mit einem lautstarken Rülpser darauf zu reagieren. »Auch Herr Mattenklott sagt hallo«, sagte Ronald und fügte umgehend hinzu, »der Arme hat ein bisschen zu viel getrunken. Ich setze Ingo und ihn nur im Hotel ab, und dann komm ich nach Hause.«
»Ronald«, fuhr ihn Niva am anderen Ende der Verbindung an, »ich hab nicht angerufen, um nachzuforschen, wann du heimkommst. Ich rufe an, um dir etwas zu sagen.«
»Ich weiß, ich weiß,
Weitere Kostenlose Bücher