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Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)

Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)

Titel: Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etgar Keret
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Madscha, »aber Menschen, die ihren Körper der Wissenschaft spenden, für die sitzt man nicht Schive. Das ist eine Tatsache. Auch als der Vater von Horoschovski gestorben ist …«
    »Tu mir einen Gefallen, Mama«, schnitt Itamar sie ab, »ohne Horoschovski, ohne die Schiffermanns und ohne Frau Pintschevski aus der Bialik einundzwanzig. Nur wir jetzt, in Ordnung? Kommt dir das normal vor, dass Papa stirbt, und du machst einen Tag nach dem Begräbnis das Lokal auf, als sei alles ganz normal?«
    »Ja«, beharrte Madscha, »bei mir im Herzen wird es nicht ganz normal sein, aber für die, die essen – ja. Papa ist vielleicht gestorben, aber das Geschäft lebt.«
    »Auch das Geschäft ist schon tot«, zischte Itamar, »kein müder Hund wird zu euch kommen.«

    Im Krankenhaus, als man ihr mitteilte, dass Gideon gestorben war, hatte sie nicht geweint. Aber nach dem, was Itamar sagte, schon. Nicht vor ihm natürlich, die ganze Zeit, solange er da war, bewahrte sie Haltung. Doch sowie er draußen war, heulte sie wie ein kleines Kind. Denn es ist so viel leichter, über eine Kränkung zu weinen.
    Seit sie an den Atarimplatz umgezogen waren, kamen tatsächlich viel weniger Leute. Sie war von Anfang an gegen diesen Umzug gewesen, doch Gideon hatte gesagt, es sei »eine einmalige Gelegenheit«. Und seitdem hatte sie ihn jedes Mal, wenn sie sich stritten, daran erinnert, an diese »einmalige Gelegenheit«, aber jetzt, wo er tot war, gab es niemanden mehr, den man daran erinnern hätte können.
    Sie und der Thai saßen in dem leeren Restaurant, ohne ein Wort zu wechseln. Der Thai hatte Gideon sehr geliebt. Gideon hatte Geduld für ihn gehabt. Er konnte ihm stundenlang erklären, wie man Tscholent und Gefilte Fisch machte, und jedes Mal wenn der Thai etwas ruinierte und ihr der alte polnische Fluch »psa krew cholera« entfuhr, beeilte sich Gideon hinzuzusetzen, »never mind, never mind«.
    Wenn bis drei keine Kunden kämen, dachte sie, würde sie zumachen. Nicht nur für heute. Für immer. Zu zweit im Geschäft war es etwas anderes. Wenn es Stress gab, dann war jemand da zum Helfen, und wenn es keinen gab, war wenigstens jemand zum Reden da.
    »You okay?«, fragte der Thai, und Madscha nickte und bemühte sich um ein Lächeln. Vielleicht sogar schon vor drei, sie würde einfach alles absperren und gehen.

    Es waren knapp an die zwanzig, und noch während sie an der Tür standen und die Speisekarte begutachteten, die draußen aushing, wusste sie, das würde ein Chaos geben. Der, der als Erster hereinkam, war riesig, über einen Kopf größer als sie, mit silberweißem Haar und Augenbrauen wie ein Teppichfell. »Ist offen?«, fragte er, und sie zögerte einen Augenblick, doch bevor sie dazukam zu antworten, war das Lokal schon voll mit lilagolden lackierten Fingernägeln, mit dem scharfen Geruch nach Wodka und kreischenden Kindern. Sie und der Thai rückten ein paar Tische zusammen, und als sie mit den Speisekarten kam, sagte der Große zu ihr: »Ist jetzt nicht nötig, gute Frau, braucht es nicht. Nur bitte für alle einen Teller und Messer und Gabel.«
    Erst als sie und der Thai die Teller aufdeckten, fielen ihr die Proviantkörbe auf. Sie holten Essen und Flaschen heraus und begannen, völlig ungeniert, die Teller zu füllen. Wenn Gideon noch am Leben gewesen wäre, hätte er sie zum Teufel gejagt, doch sie hatte nicht einmal die Energie, auch nur irgendwas zu sagen. »Jetzt kommen Sie, setzt euch zu uns und esst«, befahl der Große, und Madscha bedeutete dem Thai, zu ihnen an den Tisch zu kommen, und setzte sich lustlos dazu. »Trinken Sie, mein Dame«, sagte der Große, »trinken Sie«, und füllte ihr Glas mit Wodka, »heute ist ein besonderer Tag.« Als sie ihn fragend anblickte, fügte er augenzwinkernd hinzu: »Heute ist der Tag, an dem wir das Lokal von Ihnen und einem chinesischen Freund entdecken. Warum tun Sie nicht essen?«
    Das Essen, das sie mitgebracht hatten, schmeckte gut, und nach einem Gläschen machte Madscha ihre Unverfrorenheit schon nichts mehr aus. Auch wenn sie nichts bestellten und das ganze Geschirr schmutzig machten, war sie froh darüber, dass sie gekommen waren und alles mit ihrem Geschrei und Gelächter erfüllten. So musste sie wenigstens nicht allein bleiben. Sie tranken auf ihr Wohl, auf das Wohl des Geschäfts und sogar auf das Wohl Gideons, von dem ihnen Madscha erzählte, er sei zurzeit im Ausland auf Geschäftsreise. Danach tranken sie auf das Wohl von Gideons Geschäften im Ausland, auf

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