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Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)

Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)

Titel: Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etgar Keret
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weiter. »Vor mir«, sagt er, »vor dem, was ich bin. Kennst du dieses Nichts, das dich ausfüllt, eine Sekunde, nachdem du gekommen bist? Nicht mit einer, die du liebst, mit bloß so irgendeiner. Oder wenn du’s im Handbetrieb machst. Kennst du das? Davor hab ich echt Schiss, davor, in mich selber reinzuschauen und dort nichts zu finden. Nicht bloß ein Standardnichts. So ein Nichts zum Verzweifeln, ich weiß nicht, wie ich das genau nennen soll …« Jetzt schweigt er. Ich fühle mich unbehaglich mit diesem Schweigen. Wenn wir uns näherstehen würden, könnte ich vielleicht mit ihm zusammen schweigen. Aber nicht bei unserem ersten Treffen. Nicht nach einem solchen Satz.
    »Manchmal«, versuche ich offenherzig zurückzugeben, »kommt mir das Leben vor wie eine Falle. Etwas, in das du reingehst, ohne Misstrauen, und dann schnappt es über dir zu. Und wenn du drin bist, in dem Leben, meine ich, dann kannst du nirgendwohin fliehen, außer vielleicht du bringst dich um, was aber auch nicht wirklich entkommen ist, sondern mehr aufgeben. Weißt du, was ich meine?«
    »Das ist Kackenfurzscheiß«, sagt Dschouzef. »Echt ein Kackenfurzscheiß, dass du den Film nicht schreibst.« Es hat was total Merkwürdiges, wie er redet. Sogar fluchen tut er nicht wie andere Menschen. Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll, also schweige ich. »Egal«, sagt er nach einem Moment, »dass du ›nein‹ gesagt hast, wird mir nur eine Chance geben, mich noch mit anderen Leuten zu treffen und Kaffee zu trinken. Das ist schließlich der beste Teil bei diesem ganzen Business. Einen Proofer zu produzieren scheint mir nicht genau meins zu sein.« Offenbar habe ich genickt, denn er reagiert dementsprechend. »Du denkst, ich hab das gewisse Etwas nicht, ha? Dass ich nicht wirklich ein Produzent bin, bloß so einer mit ein bisschen Geld von zu Hause, der viel redet.« Anscheinend nicke ich weiter, nicht mit Absicht, wegen dem Druck, denn jetzt lacht er. »Du hast recht«, sagt er, »oder vielleicht überrasch ich dich ja trotzdem noch. Oder mich selber.« Dschouzef verlangt nach der Rechnung und besteht darauf zu zahlen. »Was sagst du zu unserer Bedienung?«, fragt er, während wir darauf warten, dass sie seine Kreditkarte einlesen. »Kommt’s dir so vor, dass sie auch flieht? Vor sich selber, meine ich?« Ich zucke die Achseln. »Und der eine da, der gerade reinkommt, mit dem Mantel? Schau, wie er schwitzt. Der flieht garantiert vor was. Vielleicht machen wir daraus eine Start-up. Statt dem Film – ein Computerprogramm, das Menschen identifiziert, die vor sich selber fliehen, die Schiss davor haben, was sie entdecken könnten. Das könnte der Hit werden.« Ich betrachte den Schwitzenden im Mantel. Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich einen Selbstmordattentäter sehe.
    Nachher, im Krankenhaus, würden mich Korrespondenten ausländischer Sender bitten, ihn zu beschreiben, und ich würde sagen, dass ich mich nicht erinnern kann. Denn es wird mir als etwas irgendwie Persönliches vorkommen, etwas zwischen mir und ihm. Auch Dschouzef wird die Explosion überleben. Ausgerechnet die Bedienung nicht. Was nicht zu ihren Ungunsten spricht. Bei solchen Anschlägen ist der Charakter kein maßgeblicher Faktor. Alles ist letztendlich eine Sache des Winkels und der Entfernung.
    »Der, der gerade reingekommen ist, flieht hundertprozentig vor was«, grinst Dschouzef und durchwühlt seine Taschen auf der Suche nach Münzen für ein Trinkgeld. »Vielleicht würde er einverstanden sein, mir den Film zu schreiben oder sich wenigstens auf einen Kaffee zu treffen.« Unsere Bedienung, die nylonverschweißte Speisekarte in der Hand, nähert sich mit den Schritten einer Tänzerin dem Schwitzenden im Mantel.

Das Trauermahl
    Das Restaurant beschloss sie schon am Morgen nach dem Begräbnis wieder aufzumachen. Als Itamar das hörte, explodierte er schlicht und einfach. »Gerade vor einer Stunde hast du deinen Mann unter die Erde gebracht und schon brennt’s dir unter den Nägeln, den Leuten Tschorba zu verkaufen?«
    »Wir haben kein Tschorba auf der Karte, Itamar«, Madscha versuchte in beruhigendem Ton zu sprechen, »und mit Geld hat das überhaupt nichts zu tun. Es hat mit Menschen zu tun. Es ist besser für mich, mit Kunden im Lokal zu sein, als allein daheimzusitzen.«
    »Aber du hast doch darauf bestanden, dass wir nicht zusammen Trauer sitzen«, schäumte Itamar, »mit dieser ganzen Nerverei …«
    »Das ist keine Nerverei«, protestierte

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