Ploetzlich Liebe
ausgegeben.«
»Und damit könnte man auch beim Verwaltungsrat punkten«, sage ich. »Irgendwie könnten wir damit zeigen, dass wir für ihre Sparmaßnahmen Verständnis haben und alles. Als wir bei uns auf dem Campus ein Frühlingskonzert
machen wollten, haben die das total abgelehnt, bis wir so viel aufgetrieben hatten, dass die Kosten gedeckt waren.«
Die drei Mädchen schauen mich an.
»Aber das ist völlig aussichtslos, so einen Betrag können wir unmöglich beschaffen«, lässt DeeDee mich wissen. »Kekse verkaufen und Autowaschen funktioniert hier bei uns nicht so richtig.«
»Ihr könntet einen College-Kalender machen«, schlage ich vor, denn ich habe da gerade einen Geistesblitz. »Die sind sofort ausverkauft. Pickt euch einfach die heißesten Oxford-Mädels raus und lasst sie in … na sagen wir mal Collegeschals und Bikinis überall in der Stadt posieren. Niedrige Kosten, hoher Profit!« Glücklich lehne ich mich zurück. Der UC-Honeys-Kalender war bei uns zu Hause immer eine der größten Einnahmequellen bei der Spendenbeschaffung: Ich war total dicht dran, das März-Motiv zu werden, aber dann hat Cammi Sanders sich von C auf DD vergrößern lassen und mich in letzter Minute noch geschlagen.
»Bikinis?«, wiederholt Louise so, als wäre das ein dreckiges Wort. »Du willst, dass wir das Frauengesundheitszentrum retten, indem wir uns prostituieren?«
Ich weiß nicht, was das jetzt soll. »Prostituieren? Wie bitte? Das ist doch lustig.«
»Du glaubst also, es lohnt sich, unsere Integrität und sexuelle Identität zu opfern?«
Ich kann es nicht fassen. »Nein, ich meine nur …«
»Wirklich, Natasha.« Mary schüttelt den Kopf. »Wenn das ein Witz sein sollte, dann war der nicht komisch.«
»Aber …«
»Weil Frauen immer noch zum Objekt gemacht werden, brauchen wir dieses Zentrum doch so dringend.« Mit DeeDees Bemerkung schließt sich der Kreis der Ablehnung. »Es gilt, einen sicheren, vorurteilsfreien Raum außerhalb des Patriarchats zu schaffen.«
Das Trio lehnt sich zurück und starrt mich so angewidert an, als wäre ich einer dieser großen, bösen Patriarchen.
»Sorry.« Ich stelle fest, dass ich rot werde, obwohl ich keine Ahnung habe, warum die sich eigentlich so aufregen. »Ich, äh, hab nicht nachgedacht.«
Memo an mich selbst: bei diesen Leuten ist Bikini gleich Napalm.
»Und gibt es noch andere ernstzunehmende Vorschläge?«, fragt DeeDee, die mich komplett ignoriert. Louise und Mary fangen an über Infopakete und Eingabe-Kampagnen zu reden, während ich stillsitze und abwarte, bis Carrie in die Hände klatscht und uns alle wieder zusammenruft.
»Okay, was haben wir?«
»Nun, ich meine, wir sollten es von der persönlichen Seite her angehen«, fängt ein Mädchen mit baumelnden goldenen Ohrringen an. Mit einem Schock geht mir auf, dass sie der erste dunkelhäutige Mensch ist, der mir in allen meinen Versammlungen und Kursen hier untergekommen ist. Immer voran in Sachen Multikulti, Oxford! »Wir müssen etwas dagegen tun, dass das Zentrum wie etwas Abstraktes behandelt wird, und darstellen, welche Rolle es im Leben der Frauen hier spielt.«
»Meinst du damit so was wie persönliche Berichte?«, fragt Uma.
»Ja, genau. Unsere Flugblätter müssen sich mit den Geschichten der Frauen befassen, die das Center benutzt haben, damit die Leute sehen können, dass alle davon profitieren.«
»Das gefällt mir.« Carrie nickt. »Wie viele hier wären bereit, von ihren Erfahrungen zu berichten?«
Fast alle Hände gehen hoch.
»Ich nehme den Frauenbus, wenn ich nach Hause will.«
»Ich auch. Und ich nutze das Center, nun ja, wenn ich Verhütungsmittel brauche.«
»Meine Freundin hat die Hotline benutzt, als sie letztes Jahr beinahe vergewaltigt worden wäre.«
»Und es ist leichter, dort die ›Pille danach‹ zu kriegen. Mein Arzt am College konnte mir erst für den nächsten Tag einen Termin geben, und bis dahin … ist es zu spät.«
Bald gingen wir schier unter in Geschichten.
»Okay, ich glaube, wir haben genug zusammen!« Carrie will die Zügel wieder in die Hand nehmen, aber alle reden weiter, bis DeeDees scharfer Pfiff durch den Lärm schrillt. Mit selbstgefälligem Grinsen sieht sie Carrie an.
»Gibt es sonst noch etwas?« Zehn Minuten vergehen damit, andere Pläne vorzustellen und dann über die Farbe der Flugblätter zu zanken. Als sich die Debatte Orange versus Grün hinzieht, verliere ich schon das Interesse, doch da verschafft sich eine Stimme aus den hinteren Reihen
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