Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen
sollte das bald geschehen. Also, was sagst du? Bist du nun dabei oder nicht?«
Für mich klang das immer noch nach einer schlechten Idee. Ich traute ihm nicht, und egal, was er sagte, die Feen taten nie irgendetwas ohne Gegenleistung. Andererseits: Wer wusste schon, wie lange Meghan brauchen würde, um diese Sache aufzuklären, und wie lange es dann noch dauern würde, bis sie mich gehen ließ. Vielleicht war das hier meine einzige Chance.
»Also gut«, murmelte ich mit einem finsteren Blick. »Vorerst werde ich dir trauen. Aber ich werde Kenzie nicht hier zurücklassen. Sie kommt mit uns, egal, was du davon hältst.«
»Das habe ich bereits mit einkalkuliert.« Keirrans Grinsen wurde breiter, während er sich auf seinem Pfosten zusammenkauerte. »Dann geh und hol sie.« Er schien vollkommen entspannt zu sein, trotz seines wackeligen Sitzplatzes. »Ich warte hier auf euch.«
Nachdem ich ins Zimmer zurückgekehrt war, fischte ich den zweiten Stick unter dem Bett hervor und ging zur Tür, hatte dabei aber die ganze Zeit seinen stechenden Blick im Rücken.
Fast rechnete ich damit, die Tür verschlossen vorzufinden, auch wenn Meghan versichert hatte, ich sei ein Gast in ihrem Palast. Doch sie ließ sich mühelos öffnen, und ich trat auf den grell erleuchteten Korridor hinaus, in dem Laternen und metallische Kronleuchter viel zu viel Licht verbreiteten. Die Wachen waren noch an ihrem Platz und gaben vor, nichts zu sehen, als ich quer über den Flur zu Kenzies Zimmer ging.
Ihre Tür war geschlossen, und ich hatte bereits die Hand erhoben, um zu klopfen, als mich etwas zögern ließ. Von drinnen waren gedämpfte Geräusche zu hören: ein leises Schniefen und Keuchen. Besorgt griff ich nach dem Türknauf und drehte ihn vorsichtig. Auch diese Tür war unverschlossen und schwang langsam auf.
Kenzie saß mit dem Rücken zu mir auf dem Bett und ließ den Kopf hängen. Ihre schmalen Schultern zuckten krampfhaft, während sie in das Kissen weinte, das sie an die Brust gedrückt hatte. Alle Vorhänge waren zugezogen, nur an einem Fenster war einer vergessen worden. Durch den Spalt fiel sanftes Mondlicht herein und umspielte den schmalen, zitternden Körper.
»Kenzie?« Hastig schloss ich die Tür hinter mir und ging zum Bett hinüber. »Ist alles in Ordnung?« Dämlich und trampelig – natürlich war nicht alles in Ordnung, immerhin weinte sie sich gerade die Augen aus. Ich rechnete fest damit, dass sie mich rausschmeißen oder zumindest eine abfällige Bemerkung machen würde, die ich auch absolut verdient hätte. Doch sie wischte sich nur die Augen und holte tief Luft, um sich zu beruhigen.
»Ja«, flüsterte sie dann und rieb sich hastig mit einer Hand über die Wangen. »Tut mir leid. Es geht mir gut. Das war einfach … alles ein bisschen viel, schätze ich. Jetzt habe ich es wohl endlich realisiert.«
Da bemerkte ich den Schlüsselbund auf der Matratze und das kleine Foto in dem Plastikanhänger. Mit einem Blick bat ich um Erlaubnis, dann griff ich danach und sah mir das Bild genauer an, während die Schlüssel leise klimperten. Kenzie mit einem kleinen, dunkelhaarigen Mädchen, das ungefähr zehn sein musste. Die beiden hatten die Köpfe aneinandergepresst und lächelten strahlend. Kenzies Arm war leicht erhoben, als hätte sie die Kamera gehalten.
»Meine Schwester«, erklärte sie auf meinen fragenden Blick hin. »Alex. Besser gesagt: Alexandria. Ich bin nicht die Einzige in der Familie, die einen langen, komplizierten Namen abbekommen hat.« Jetzt lächelte sie, aber ich konnte sehen, dass es gespielte Tapferkeit war und sie krampfhaft versuchte, nicht wieder in Tränen auszubrechen. »Eigentlich ist sie meine Stiefschwester. Meine Mom ist vor drei Jahren gestorben, und ein Jahr danach hat mein Dad wieder geheiratet. Ich … ich wollte immer Geschwister haben …« Ihre Stimme brach, und ihre Augen glänzten verräterisch. »Dieses Wochenende wollten wir in unser Haus am See fahren. Aber … ich habe doch keine Ahnung, was jetzt mit ihnen ist. Ob sie glauben, ich sei tot oder entführt, oder ob Alex darauf wartet, dass ich nach Hause komme …« Wieder vergrub sie das Gesicht im Kissen, um das laute Schluchzen zu dämpfen, und plötzlich konnte ich es nicht länger mitansehen.
Ich legte den Schlüsselbund weg, stellte mich neben sie und zog sie in meine Arme. Sie lehnte sich an mich, und ich hielt sie schweigend fest, während sie sich ausweinte. Verdammt, schon wieder hatte ich nur an mich gedacht.
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