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Plötzlich Royal

Plötzlich Royal

Titel: Plötzlich Royal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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einer großen Schweizer Boulevardzeitung auf seinem Handy geöffnet und hielt mir es hin:
    Ohrfeige für den Buckingham-Palast. Schweizer Prince Sascha (23) ist auf Platz zwei der britischen Thronfolge.“
    Ich blickte den Schreinermeister an, als wollte er mich verkohlen, doch er meinte energisch: „Lies weiter!“
    „Nachdem heute Nachmittag auch das von konservativen Lords beherrschte Oberhaus mit einer Stimme Mehrheit überraschend für eine Aufnahme von Sascha Burger votierte, hat die Schweiz nun eine Royal Highness. Das Unterhaus hat bereits gestern die Änderung gutgeheißen. Damit folgten beide Häuser der Ansicht Sir Wilfrieds (82). Der anerkannte Experte interpretierte seit 2005 ein britisches Gesetz aus dem Jahr 1701 in der Weise, dass nur jener, der mit einem Katholiken verheiratet ist – also Saschas Mutter –, ausgeschlossen wird, aber nicht dessen nicht-katholische Nachkommen. Vor einer Stunde hat der Palast auf seiner Internetseite die offizielle Thronfolgeliste angepasst und sowohl Sascha als Nummer zwei als auch seine zwar mit einem Katholiken verlobte, aber noch nicht katholisch verheiratete Schwester Lady Carmen (23) als Nummer drei aufgenommen.
    Stellungnahmen: Der Palast schweigt, aber aus dem Fürstenhaus Schwanstein ließ man verlauten, Lady Carmens Verlobter Prinz Leopold sei bereit, vor einer Heirat zur Anglikanischen Kirche zu konvertieren. Man rege jedoch an, eine etwas ökumenischere Thronfolgeregelung im Vereinigten Königreich ins Auge zu fassen. Bei dieser Gelegenheit könne man auch die Bevorzugung männlicher Thronfolger streichen, wie es bereits in anderen Königshäusern gehandhabt werde. Dass die zweite Forderung aus Bayern gestellt wird, war zu erwarten. Sascha ist jünger als Carmen, und diese würde dann eines Tages Königin. Auch Saschas katholisch verheiratete Mutter könnte durch eine solche Reform rehabilitiert werden und würde den Platz zwischen ihrem Vater Kronprinz George und ihrer Tochter Carmen einnehmen. Sascha würde dann in der Thronfolge hinter seine Schwester zurückfallen. Doch noch ist eine solche Reform nur Zukunftsmusik. Bleibt alles beim Alten, wird Sascha der übernächste König der Briten.“
    Ich schluckte und konnte mir nicht vorstellen, dass sich der Schreinermeister mit dem iPhone einen Scherz erlaubte. Es fiel mir schwer zu glauben, was ich da las. Warum stimmte das schwulenfeindliche Oberhaus für mich, das ja seine Zustimmung zur Civil Union verweigert hatte? Zum Glück konnte das Gesetz trotz der konservativen Haltung der Lords in Kraft treten.
    Würde der Palast nun versuchen, mir Simon wegzunehmen?
    „Isch de Gay-Of bi eu?“, wurde die Rampe heruntergerufen.
    „Ja! Ich heiß Burger, gopf!“, rutschte es mir so laut heraus, dass es hallte.
    „Easy!“, mahnte mich der Handwerkermeister zur Selbstbeherrschung. Eine Büroordonnanz mit langem, unvorschriftsmäßigem Haarschnitt rannte die Rampe herunter.
    „Der Hauptmann muss dir was sagen und du müsstest deinen Kram packen, und hast ab jetzt Urlaub. Sorry wegen dem Gay-Of“, entschuldigte sich die Büroordonnanz.
    „Auch easy! Es sagen ja alle Gay-Of“, beruhigte ich ihn.
    „Was heißt die Nachricht für dich?“, fragte mich der Meister.
    „Es ändert sich nichts“, erklärte ich dem Schreinermeister, doch das war ja falsch. „Nein, doch. Ich bin nun in direkter Linie Thronfolger.“ Das bedeutete vor allem Ärger, wurde mir während der Antwort klar. Mein Puls hatte sich schlagartig erhöht und ich starrte auf das Handy des Schreinermeisters mit der Schlagzeile darauf.
    „Verzichte und suche dir ein nettes Mädchen – ich meine bei dir Burschen – fürs Leben“, riet die Ordonnanz.
    „Hat er schon“, wusste der Handwerker. „Der Blonde neulich, der ihn in den Wochenendurlaub abholte. Gopf! Ich wäre froh, meine Alte würde mich auch so anhimmeln! Der ist deine Zukunft. Lass die Briten ihr Kronen-Ding alleine machen. Du bist Schweizer!“
    „Ihr habt recht, aber mit dem Palast mal reden muss ich trotzdem. Ihr seid ein super Zug, ich spendiere im nächsten Wiederholungskurs was!“, rief ich.
    Während ich aus dem Bunker zum Fuhrpark ging und unterwegs überall noch Hände schüttelte, wurde mir so langsam klar: Die Krone würde nicht auf einem Nachbar-Ast des Stammbaums an mir vorbeigereicht werden, sondern mich irgendwann treffen. Vielleicht hatte der Schreinermeister mit seiner bodenständigen Vernunft recht. Zudem hatte ich seit der Gartenparty nichts aus London

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