Poirots erste Fälle
Bedingung: Wenn Sie mir gestatten, die Lösung auf meine Art zu i n szenieren.«
»Ein fairer Vorschlag«, sagte Japp. »Das heißt – falls es eine Lösung gibt. Aber, wie ich immer sage, Sie sind ve r schlossen wie eine Auster, nicht wahr?«
Poirot lächelte nur.
»Nun, dann Auf Wiedersehen«, fügte Japp lahm hi n zu. »Ich mache, dass ich in den Yard komme.«
Er ging die Straße hinunter und Poirot winkte einem vorüberfahre n den Taxi.
»Wohin wollen wir?«, fragte ich neugierig.
»Nach Chelsea zu den Davidsons.«
Er nannte dem Fahrer die Adresse.
»Was halten Sie vom neuen Lord Cronshaw?«, fragte ich.
»Was sagt mein lieber Freund Hastings zu ihm?«
»Ich misstraue ihm instinktiv.«
»Für Sie ist er der böse Onkel aus dem Märche n buch, nicht wahr?«
»Für Sie nicht?«
»Nun, ich finde, er war äußerst liebenswürdig«, antwo r tete Poirot unverbindlich.
»Dafür wird er schon seine Gründe gehabt haben.«
Poirot sah mich an, schüttelte traurig den Kopf und murmelte etwas, das klang wie: »Keine Methode.«
Die Davidsons wohnten im dritten Stock eines Ha u ses mit Luxuswohnungen. Mr Davidson sei ausgega n gen, teilte man uns mit, aber Mrs Davidson sei da. Wir wurden in einen langen, niedrigen Raum mit bunten oriental i schen Wandbehängen geführt, in dem es b e täubend nach Räucherstäbchen roch. Mrs Davidson erschien gleich darauf, ein zierliches, hellhaariges G e schöpf, das in seiner Zerbrechlichkeit rührend gewirkt hätte, hätten die hel l blauen Augen keinen so wachen und berechnenden Au s druck gehabt.
Poirot erklärte, wie wir mit dem Fall in Verbindung g e kommen w a ren, und sie schüttelte traurig den Kopf. »Armer Cronch – und auch arme Coco! Wir mochten beide sehr, ihr Tod hat uns schrecklich traurig g e macht. Was wollen Sie mich fragen? Muss ich Ihnen wirklich diesen furchtbaren Abend noch einmal in allen Einzelhe i ten schi l dern?«
»Ich möchte Sie nicht unnötig quälen, das müssen Sie mir gla u ben, Madame. Inspektor Japp hat mir auch schon alles Wissenswerte b e richtet. Ich möchte nur das Kostüm sehen, das Sie in der Ballnacht trugen.«
Sie sah leicht überrascht aus und Poirot fuhr gela s sen fort: »Sie ve r stehen doch, Madame, dass ich nach den Methoden meiner Heimat arbeite. Dort reko n struieren wir das Verbrechen. Vielleicht halte ich sogar einen L o kaltermin ab, und wenn es so weit kommt, sind die Ko s tüme dabei sehr wichtig, Sie verstehen, M a dame?«
Mrs Davidson sah noch immer zweifelnd drein.
»Ich habe natürlich schon davon gehört, dass man Verbrechen rekonstruiert, wusste aber nicht, dass Einze l heiten dabei so wic h tig sind«, sagte sie. »Ich hole jetzt das Kleid.«
Sie verließ das Zimmer und erschien fast sofort wi e der mit einer eleganten Hand voll weißem und grünem Satin. Poirot nahm das Kostüm in Empfang, untersuc h te es und gab es ihr mit einer Ve r beugung zurück.
» Merci , Madame. Wie ich sehe, hatten Sie Pech und ve r loren einen grünen Pompon. Der hier an der Schu l ter fehlt.«
»Ja, er wurde mir auf dem Ball abgerissen. Ich hob ihn auf und bat den armen Lord Cronshaw, ihn für mich au f zubewahren.«
»Das war nach dem Abendessen?«
»Ja.«
»Vielleicht sogar kurz vor der Tragödie?«
In Mrs Davidsons blasse Augen trat ein Ausdruck leic h ter Bestü r zung.
»O nein, das war lange vorher – es war sogar gleich nach dem Abendessen.«
»Ich verstehe. Nun, das wäre alles. Ich möchte Sie nicht länger st ö ren. Bonjour, Madame.«
»Na«, sagte ich, als wir auf die Straße traten, »das erklärt das G e heimnis des grünen Pompons.«
»Tut es das wirklich?«
»Warum? Wie meinen Sie das?«
»Sie haben doch gemerkt, dass ich das Kleid untersuc h te, Ha s tings?«
»Ja?«
»Eh bien, der fehlende Pompon war nicht abgerissen worden, wie die Dame behauptete. Im Gegenteil, er wu r de abgeschnitten, mein Freund, mit einer Schere abg e schnitten. Die Fäden waren alle gleich lang.«
»Du meine Güte! Das wird ja immer verwickelter.«
»Im Gegenteil«, antwortete Poirot freundlich, »es wird immer einf a cher.«
»Poirot«, rief ich, »eines Tages bringe ich Sie um! I h re Art, alles unglaublich einfach zu finden, ist emp ö rend!«
»Aber ist denn nicht alles immer ganz einfach, wenn ich es e r kläre, mon ami?«
»Ja. Das ist eben das Ärgerliche daran. Dann habe ich immer das Gefühl, ich hätte es selbst merken kö n nen.«
»Und das könnten Sie auch, Hastings, das könnten Sie. Wenn Sie
Weitere Kostenlose Bücher