Poirots erste Fälle
in di e ses Haus zog, in dem ihre Rivalin wohnte. Er ermord e te sie kaltblütig und machte sich dann einen vergnü g ten Abend. Seine Frau muss ihm gesagt haben, dass sie den Trauschein ihrem Anwalt g e schickt hatte und auf Antwort wartete. Zweife l los hatte er ihr eingeredet, ihre Ehe sei rechtlich nicht gültig.«
»Er schien den ganzen Abend sehr guter Laune zu sein. Monsieur Poirot, Sie haben ihn doch nicht entw i schen lassen?« Jimmy schaude r te.
»Es gibt kein Entrinnen«, sagte Poirot ernst. »Sie haben nichts zu befürchten.«
»Ich denke vor allem an Pat«, sagte Jimmy. »Gla u ben Sie wir k lich, dass sie sich viel aus ihm machte?«
»Mon ami, das ist nun Ihre Aufgabe«, sagte Poirot freun d lich. »Sie müssen dafür sorgen, dass sie sich Ihnen zuwe n det und ve r gisst. Es dürfte nicht sehr schwierig sein.«
Das Wespennest
J ohn Harrison kam aus dem Haus, blieb einen Auge n blick auf der Terrasse stehen und blickte hinaus auf den Garten. Er war ein großer Mann mit einem hag e ren leichenblassen Gesicht. Es wirkte gewöhnlich i r gendwie grimmig. Wenn aber, wie jetzt, ein Lächeln se i nen mürr i schen Ausdruck milderte, hatte er etwas sehr Attra k tives an sich.
John Harrison liebte seinen Garten, und der hatte nie schöner ausgesehen als an diesem Augustabend; somme r lich, wenngleich auch schon an den Herbst mahnend. Die Kletterrosen waren noch immer schön, und der süße Duft der Wicken würzte die Luft.
Ein wohl bekannter quietschender Ton veranlasste Harrison, seinen Kopf abrupt zu wenden. Wer kam denn da durch das Ga r tentor? Im nächsten Augenblick huschte ein Ausdruck höchsten Erstaunens über sein Gesicht. Diese auffällige Gestalt, die den Weg herau f kam, hätte er in diesem Teil der Welt niemals erwa r tet.
»Das ist ja wundervoll!«, rief Harrison. »Monsieur Po i rot!«
Es war tatsächlich der berühmte Hercule Poirot, de s sen Ruf als D e tektiv schon weltweit verbreitet war.
»Ja«, sagte er, »ich bin’s. Sie sagten einmal zu mir: ›Wenn Sie je in diese Gegend kommen, besuchen Sie mich.‹ Ich habe Sie beim Wort genommen, und hier bin ich.«
»Und ich bin hocherfreut«, entgegnete Harrison her z lich. »Kommen Sie herein und setzen Sie sich. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbi e ten?«
Mit einer einladenden Geste deutete er auf einen Tisch auf der V e randa, auf dem eine Anzahl Flaschen standen.
»Ich danke Ihnen«, sagte Poirot und sank in einen Korbstuhl. »Sie haben wohl keinen Fruchtsaft? Nein, nein, ich dachte es mir schon. Ein wenig klares Sodawa s ser dann – keinen Whisky.«
Als Harrison das Glas vor ihn hinstellte, fügte er mit g e fühlvo l ler Stimme hinzu: »Mein Gott, ist das eine Hitze!«
»Was führt Sie in diesen stillen Ort?«, fragte Harr i son, als er sich ebenfalls niedersetzte. »Vergnügen?«
»Nein, mon ami, Geschäfte.«
»Geschäfte? In diesem abgelegenen Flecken?«
Poirot nickte feierlich.
»Aber ja, mein Freund. Verbrechen werden überall ve r übt, nicht wahr?«
Harrison lachte und meinte:
»Ich glaube, das war eine ziemlich dumme Beme r kung von mir. Aber was für ein Verbrechen unters u chen Sie hier? Oder sollte ich danach lieber nicht fr a gen?«
»Sie dürfen fragen«, erwiderte Poirot. »Ich freue mich sogar, dass Sie sich dafür interessieren.«
Harrison betrachtete ihn neugierig. Er bemerkte e t was Ungewöhnl i ches im Verhalten des anderen.
»Sie untersuchen also ein Verbrechen, sagen Sie. Einen ernsten Fall?«, fügte er zögernd hinzu.
»So ernst, wie es ihn nur gibt.«
»Sie meinen…«
»Mord.«
Hercule Poirot sprach dieses Wort so ernsthaft aus, dass Harrison zurückfuhr. Der Detektiv blickte ihn an, und wieder lag ein sonderbarer Ausdruck in seinem G e sicht, sodass Harrison kaum wusste, wie er weite r reden sollte. Schließlich meinte er:
»Aber ich habe von keinem Mord gehört.«
»Nein«, antwortete Poirot. »Sie werden nichts davon gehört h a ben.«
»Wer ist ermordet worden?«
»Bisher«, sagte Poirot bedeutungsvoll, »noch ni e mand.«
»Wie bitte?«
»Deshalb können Sie noch nichts davon gehört h a ben. Ich unters u che ein Verbrechen, das noch nicht verübt wurde.«
»Aber ich bitte Sie, das ist doch Unsinn.«
»Keinesfalls. Wenn jemand einen Mord untersuchen kann, bevor er verübt wurde, ist das gewiss viel zwec k mäßiger als hinte r her. Man könnte ihn sogar – das ist eine Idee von mir – verhi n dern.«
Harrison starrte ihn an.
»Sie scherzen, Monsieur
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