Poirots erste Fälle
Poirot.«
»Aber nein, ich meine es ernst.«
»Sie glauben tatsächlich, dass ein Mord verübt we r den wird? Aber das ist ja absurd!«
Hercule Poirot beendete den ersten Teil des Satzes, o h ne von dem Ausruf Notiz zu nehmen. »Es sei denn, wir können ihn ve r hindern. Ja, mon ami.«
»Wir?«
»Ich sagte wir, denn ich werde Ihre Unterstützung brauchen.«
»Und deshalb sind Sie hierhergekommen?«
Wieder blickte Poirot ihn an, und erneut machte di e ses undefinierb a re Etwas Harrison unsicher.
»Ich bin hergekommen, Monsieur Harrison, weil ich – nun, weil ich Sie mag.« Und mit völlig veränderter Sti m me fügte er hinzu: »Ich sehe, Sie haben dort an dem Baumstumpf ein Wespennest. Das sollten Sie vernichten, Monsieur Harrison.«
Erstaunt über diesen plötzlichen Wechsel des G e sprächsthemas, zog Harrison die Stirn in Falten. Er folgte Poirots Blick und mei n te etwas verwirrt:
»Tatsächlich, das habe ich auch vor, oder vielmehr, der junge Lan g ton wird es für mich tun. Erinnern Sie sich an Claude Langton? Er war bei der gleichen Abendgesel l schaft, bei der wir beide, Sie und ich, uns kennen gelernt haben. Er kommt heute Abend herüber, um das Nest auszuheben. Diese Arbeit macht ihm Spaß.«
»Aha«, meinte Poirot. »Und wie wird er es machen?«
»Mit Petroleum und der Gartenspritze. Er bringt seine eigene mit, sie ist größer als meine.«
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit, nicht wahr«, fragte Po i rot, »mit Zyankali?«
Harrison sah ihn überrascht an.
»Ja, aber das ist ein ziemlich gefährliches Zeug, i m mer ein bis s chen riskant, es im Hause zu haben.«
»Ja. Es ist ein tödliches Gift.« Poirot wartete einen A u genblick, dann wiederholte er feierlich: »Tödlich.«
»Nützlich, wenn man seine Schwiegermutter beseit i gen will, was?«, sägte Harrison und lachte.
Aber Hercule Poirot blieb ernst.
»Und Sie sind ganz sicher, dass es Petroleum ist, mit dem Mo n sieur Langton Ihr Wespennest vernichten will?«
»Ganz sicher. Warum?«
»Ich habe mich im Stillen gewundert. Heute Nachmi t tag war ich in der Apotheke in Barchester. Für eines der Mittel, die ich zu besorgen hatte, musste ich im Giftbuch unterschreiben. Dabei sah ich die letzte Ei n tragung. Sie betraf einen Posten Zyankali, und sie war von Claude Langton unterzeichnet.«
»Das ist komisch«, sagte Harrison langsam. »Lan g ton erzählte mir neulich, dass er nicht im Traum daran denke, dieses Zeug zu benutzen. Im Gegenteil, er sa g te sogar, es dürfte für diesen Zweck überhaupt nicht verkauft we r den.«
Poirot schaute zu den Rosen hinüber. Seine Stimme klang sehr leise, als er fragte:
»Mögen Sie Langton?«
Harrison stutzte. Auf diese Frage war er offensich t lich nicht vorb e reitet.
»Ich – ich, nun, ich meine, natürlich mag ich ihn. We s halb sollte ich ihn nicht mögen?«
»Ich habe es mir nur so überlegt«, bemerkte Poirot g e lassen, »ob Sie ihn wohl sympathisch finden.« Und als der andere nicht an t wortete, fuhr er fort: »Ich frage mich auch, ob er Sie leiden kann.«
»Worauf wollen Sie hinaus, Monsieur Poirot?«
»Ich werde ganz offen sein. Sie sind verlobt und wo l len heiraten, Monsieur Harrison. Ich kenne Miss Molly De a ne. Sie ist ein sehr charmantes und schönes Mä d chen. Bevor sie mit Ihnen verlobt war, war sie Claude Langtons Braut. Aber sie entschied sich für Sie.«
Harrison nickte.
»Es ist müßig zu fragen, welche Gründe sie dafür g e habt hat. Sie mögen gerechtfertigt sein. Aber ich sage Ihnen eines: Langton hat es nicht vergessen oder verg e ben.«
»Sie irren sich, Monsieur Poirot. Er hat die Dinge wie ein Mann aufgenommen. Er war mir gegenüber erstau n lich anständig und hat sich besonders bemüht, freundlich zu mir zu sein.«
»Und das finden Sie nicht ungewöhnlich? Sie benu t zen das Wort erstaunlich, aber Sie scheinen nicht e r staunt zu sein.«
»Was meinen Sie, Monsieur Poirot?«
»Ich meine«, entgegnete Poirot, »dass ein Mann se i nen Hass verbergen kann, bis die richtige Zeit geko m men ist.«
»Hass?« Harrison schüttelte den Kopf und lachte.
»Die Engländer sind sehr einfältig«, schimpfte Poirot. »Sie gla u ben, sie könnten jedermann hintergehen, aber niemand könne sich dafür revanchieren wollen.« Und bedeutungsvoll setzte er hinzu: »Und weil sie m u tig, aber dumm sind, müssen sie manc h mal sterben, obwohl kein Grund dazu vorhanden ist.«
»Sie warnen mich«, sagte Harrison mit leiser Stimme. »Ich ve r stehe jetzt, was mir
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