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Polargebiete: Tierparadiese unserer Erde

Polargebiete: Tierparadiese unserer Erde

Titel: Polargebiete: Tierparadiese unserer Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertelsmann! Lexikon
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der Familie der Hirsche. Von allen anderen Hirschen unterscheiden sie sich darin, dass auch die Weibchen Geweihe tragen. Während die Rentiere bereits vor über 5000 Jahren domestiziert wurden und seither das Leben etlicher Nomadenvölker geprägt haben, ist dies bei den Karibus nie gelungen.
    © shutterstock.com/Andreas Gradin
    Karibus im Denali-Nationalpark
    Wärmetauscher und Spezialschmiermittel
    Gleich bei seiner Geburt muss ein Renkalb einen Temperatursturz von über 50 °C verkraften und trotz seiner noch dünnen Fettschicht und Behaarung eiskalten Regen und Schneestürme aushalten. Bei schlechtem Wetter kann es seine Wärmeerzeugung auf das Fünffache des Normalwerts hochfahren: ein Luxus, den die extrem nahrhafte Milch seiner Mutter möglich macht. Außerdem haben die Tiere lange, dünne Beine und große Füße, über die eigentlich viel Wärme entweichen müsste. Verhindert wird dies durch ein Adernetzwerk am Übergang zwischen Rumpf und Gliedmaßen. Hier tritt ein Großteil der Wärme aus den Arterien direkt in das ausgekühlte venöse Blut über, ohne erst in die Beine zu gelangen. Dass diese trotz dieser Auskühlung beweglich bleiben, liegt an den besonders kurzkettigen Kohlenwasserstoffen des Beinfetts, das auch bei niedrigsten Temperaturen flüssig bleibt. Die Inuit und Indianer, die Karibus erlegen, können daher das Fett aus den Füßen als flüssiges Schmiermittel und das Markfett aus der Schulter als Nahrungsmittel nutzen. Rentierhaare sind an der Spitze dicker als an der Wurzel und enthalten viel Luft, wodurch das Fell hervorragend isoliert. Im Winter sind sogar die Nasenkuppen und Lippen behaart, damit beim Äsen kein Schnee in Nase und Mund gelangt.
    Rentier
Rangifer tarandus
    Klasse Säugetiere
    Ordnung Paarhufer
    Familie Hirsche
    Verbreitung zirkumpolar auf der Nordhalbkugel, meist Tundra, auch Taiga
    Maße Kopf-Rumpf-Länge: 1,2–2,2 m
    Gewicht 100–315 kg
    Nahrung vielerlei Pflanzenkost, vor allem Blätter, Kräuter, Seggen, Pilze und Flechten
    Geschlechtsreife mit 2 Jahren
    Tragzeit 200–240 Tage
    Zahl der Jungen 1–2, selten bis 4
    Höchstalter 15 Jahre
    Ständig auf Nahrungssuche
    Es ist also nicht die Kälte, die die Rentiere im Winter aus der Tundra vertreibt, sondern der Futtermangel: Zwar sind sie nicht wählerisch und vertilgen sogar Lemminge, aber die Tundra kann im Winter höchstens ein Viertel der Rene ernähren, die im Sommer dort äsen. Daher ziehen sie dorthin, wo mehr Nahrung zugänglich ist: nicht unbedingt nach Süden, sondern in Waldgebiete, in denen der Schnee weniger verharscht ist, oder an Berghänge, auf denen er nicht so hoch liegt. Selbst breite Flüsse halten sie nicht auf; mit ihren paddelartigen Hufen sind sie gute Schwimmer. Ein unüberwindliches Hindernis stellten jedoch die im 19. Jahrhundert geschlossenen Landesgrenzen zwischen Finnland und Norwegen bzw. Schweden dar: Auf Satellitenfotos ist der Grenzverlauf anhand der unterschiedlichen Vegetationsbedeckung beiderseits der Zäune – infolge der Überweidung – heute deutlich erkennbar. Dort, wo ihre Bestände stark zurückgegangen sind, stellen die Tiere ihre offenbar nicht fest ins Erbgut einprogrammierten Wanderzüge aber auch ohne solche Behinderungen ein, sobald die spärlichen Flechten, Seggen, Gräser und Sträucher der Tundra ausreichen, um die Herden ganzjährig zu ernähren.
    Ein Jahr im Leben der George-River-Karibus
    Die George-River-Herde aus der Unterart
Rangifer tarandus caribou
lebt in einem Territorium von etwa 700 000 km 2 im nördlichen Quebec und Labrador. Sie ist die mit Abstand größte Karibuherde des nordamerikanischen Kontinents. Teile dieser Herde legen in einem Jahr 4000 km, manche Tiere sogar 9000 km zurück. Der Zyklus beginnt mit der Frühjahrswanderung. Die trächtigen Weibchen führen ihre kleinen Gruppen von den Winterweideplätzen in den Nadelwäldern zu den Kalbungsgebieten auf den baumlosen Hochebenen am Ostufer des George River. Alle trächtigen Kühe gebären binnen zweier Wochen, so dass die Kälber den Schutz der Gruppe genießen. Dennoch werden viele von Wölfen, Bären oder Steinadlern geschlagen oder nach Stürmen und Kälteeinbrüchen von Krankheiten dahingerafft. Das frische Woll- und Riedgras der Kalbungsgründe liefert den Müttern die nötigen Nährstoffe zur Produktion ihrer calcium- und fettreichen Milch.
    Schon bei der Geburt haben die 6 kg schweren Kälber so starke Knochen, dass sie gleich aufstehen; mit einem Tag sind sie bereits so schnell und sicher

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