Polarsturm
ein kanadisches Kriegsschiff, das das Lager aus Versehen gerammt hat, sodass man die Sache vertuschen will?«, fragte Pitt.
»Einer der Wissenschaftler, Bue heißt er, schwört, dass er eine amerikanische Flagge gesehen hat. Außerdem hatte das Schiff die gleiche Nummer am Rumpf wie die
Ford
«, sagte Dahlgren.
»Das haut einfach nicht hin«, warf Giordino ein. »Das kanadische Militär würde doch keines seiner Schiffe als amerikanische Fregatte ausgeben, nur um einen Konflikt anzuzetteln.«
»Was ist mit diesen Geleitschiffen zum Athabasca?«, fragte Pitt.
»In Kanada muss von Gesetzes wegen jedes Handelsschiff auf der Fahrt durch die vereisten Teile der Nordwestpassage von einem Eisbrecher begleitet werden«, sagte Stenseth. »Ein Privatunternehmen, die Athabasca Shipping, übernimmt diese Aufgabe. Die haben eine ganze Reihe großer Eisbrecher, die gleichzeitig ihre hochseetüchtigen Leichter schleppen. Wir haben vor ein paar Wochen in der Beringstraße so einen Schleppzug mit riesigen Flüssiggasleichtern gesehen.«
Pitts Augen funkelten auf. Er öffnete einen Aktenkoffer und holte ein Foto von einem mächtigen Leichter heraus, der in einer Werft in New Orleans gebaut wurde, und reichte Stenseth das Bild.
»So ähnlich wie der hier?«, fragte er.
Stenseth schaute sich das Foto an und nickte. »Ja, das ist eindeutig der gleiche Bautyp. So große Leichter sieht man nicht allzu oft. Was ist damit los?«
Pitt berichtete von seiner Suche nach dem Ruthenium, von der Spur, die in die Arktis führte und von Mitchell Goyette, der im Hintergrund möglicherweise die Fäden zog. Er holte ein paar Unterlagen heraus, die Yeager ihm geliefert hatte und die bestätigten, dass die Athabasca Shipping Company im Besitz von einem von Goyettes Unternehmen war.
»Wenn Goyette Gas und Öl aus der Arktis abtransportiert, dann ist er nicht der große Umweltschützer, als der er sich darstellt, sondern schlichtweg ein Schwindler«, stellte Giordino fest.
»Ein Hafenarbeiter, den ich in einer Bar kennengelernt habe, hat mir erzählt, dass jemand den Chinesen große Mengen Ölsande, beziehungsweise Bitumen, aus Kugluktuk liefert«, sagte Dahlgren. »Er hat gesagt, sie umgehen die Auflagen der Regierung, die wegen der Treibhausgasemissionen die Schließung von Raffinerien in Alberta verfügt hat.«
»Ich würde auf Goyettes Leichter wetten«, sagte Pitt. »Vielleicht sind es sogar seine Ölsande.«
»Ich habe den Eindruck, dass Goyette möglicherweise ein starkes Interesse an dem Rutheniumvorkommen hat«, sagte Stenseth. »Wie wollen Sie ihm zuvorkommen?«
»Indem ich ein hundertfünfundachtzig Jahre altes Schiff finde«, erwiderte Pitt. Dann berichtete er von Perlmutters Entdeckungen und den Hinweisen, die darauf hindeuteten, dass das Mineral von der
Erebus
stammte, einem der Schiffe der Franklin-Expedition.
»Wir wissen, dass die Schiffe ursprünglich nordwestlich der King-William-Insel aufgegeben wurden. Den Berichten der Inuit zufolge haben sie die
Erebus
aber weiter südlich gesehen, daher wäre es möglich, dass das Schiff durch das driftende Packeis weiter südlich getrieben wurde, ehe es sank.«
Stenseth entschuldigte sich und ging auf die Brücke, als Dahlgren Pitt fragte, was er denn zu finden hoffte.
»Wenn das Eis die Schiffe nicht völlig zermalmt hat, besteht durchaus die Chance, dass sie intakt und aufgrund des eisigen Wassers sogar gut erhalten sind.«
Stenseth kehrte mit einem Stapel Karten und Fotos zurück. Er breitete eine Seekarte von den Gewässern um die King-William-Insel aus, dann zog er ein aus großer Höhe aufgenommenes Foto von der gleichen Region heraus.
»Eine Satellitenaufnahme von der Viktoriastraße. Wir haben die aktuellen Daten über die ganze Passage. Einige Bereiche nördlich von hier sind noch vereist, aber die Gewässer rund um die King-William-Insel sind aufgrund des frühen Tauwetters in diesem Jahr bereits offen.« Er legte das Foto auf den Tisch. »In der Gegend, in der Franklin vor hundertfünfundsechzig Jahren im Eis stecken blieb, sind die Gewässer grundsätzlich befahrbar. Ein paar Eisschollen treiben zwar noch rum, aber das sollte die Suche nicht weiter behindern.«
Pitt nickte zufrieden, aber Dahlgren schüttelte den Kopf.
»Vergessen wir da nicht eine wichtige Kleinigkeit?«, fragte er. »Die Kanadier haben uns aus ihren Gewässern verbannt. Wir durften nur deshalb so lange in Tuktoyaktuk bleiben, weil wir so getan haben, als hätten wir Schwierigkeiten mit dem
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