Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polarsturm

Polarsturm

Titel: Polarsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Dirk Cussler
Vom Netzwerk:
Grund gelaufen und auf deren Westinsel gelandet. Dickes Treibeis, das im Winter durch die Viktoriastraße nach Süden wanderte, hatte sich an der Küste aufgestaut und bildete einen stellenweise bis zu einer halben Meile breiten Streifen, hinter dem sich die öde Insellandschaft mit ihrer kalten Trostlosigkeit abzeichnete.
    Die beiden Männer waren fast an der Küste, als Pitt auf einmal stehen blieb. Giordino drehte sich um, sah Pitts Miene und horchte dann in den Wind. Ein leises Knacken drang aus der Ferne an ein Ohr, begleitet von einem dumpfen Grollen. Das Geräusch wurde lauter, kam immer näher.
    »Eindeutig ein Schiff«, grummelte Giordino.
    »Ein Eisbrecher«, sagte Pitt.
    »
Der
Eisbecher?«
    Giordinos Frage wurde ein paar Minuten später beantwortet, als sich der Rumpf der
Otok
hundert Meter vor der Küste aus dem Dunst schälte. Der hohe Bug schnitt durch das meterdicke Eis, als wäre es Pudding, und schleuderte die zermahlenen Brocken nach beiden Seiten davon. Als habe man Pitt und Giordino entdeckt, wurden die Maschinen allmählich leiser, und das Schiff blieb liegen.
    Pitt starrte auf das Schiff, und ein ungutes Gefühl beschlich ihn. Er hatte sofort bemerkt, dass der Bug flachgedrückt war, offensichtlich durch eine heftige Kollision, die sich erst unlängst ereignet haben musste, denn von mehreren Stahlplatten war der Anstrich abgeschürft, ohne dass Rostspuren zu sehen waren. Noch vielsagender waren die türkisfarbenen Farbspuren am beschädigten Vorschiff.
    »Er hat die
Narwhal
gerammt«, stellte Pitt fest.
    Giordino, der zum gleichen Schluss kam, nickte bestätigend. Beide Männer waren bei dem Anblick wie betäubt, wussten sie doch, dass sich damit ihre schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet hatten. Die
Narwhal
lag samt ihrer Besatzung am Grund der Viktoriastraße. Dann bemerkte Giordino etwas nicht weniger Beunruhigendes.
    »Er hat nicht nur die
Narwhal
gerammt«, sagte er. »Schau dir mal die Rumpfplatten rund um die Ankerklüse an.«
    Pitt musterte den Rumpf und bemerkte einen hellgrauen Streifen, die offenbar ebenfalls durch die Kollision entstanden war. Der rote Anstrich des Eisbrechers war abgeschabt worden, sodass die darunter liegende graue Farbe zum Vorschein kam. Am hinteren Teil der Schramme war ein rechteckiger weißer Fleck zu sehen.
    »Könnte das früher mal ein Kriegsschiff gewesen sein?«, fragte er.
    »Wir wär’s mit einem FFG-54, um genau zu sein. Eine Fregatte unserer Marine, auf den Namen
Ford
getauft. Wir sind ihr vor ein paar Wochen in der Beaufortsee begegnet. Außerdem haben sie die Überlebenden des Eiscamps beschrieben. Der weiße Tupfer sieht meiner Ansicht nach wie eine aufgemalte Fünf aus.«
    »Man streiche ihn kurzerhand mit dem Grau der US-Marine an, und eh man sich’s versieht, kommt es zu einem Zwischenfall und anschließend zu dieser gespannten Lage zwischen zwei Nationen.«
    »Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die kanadischen Wissenschaftler täuschen ließen, als er mitten in einem Blizzard mit wehendem Sternenbanner durch das Eiscamp gepflügt ist. Die Frage ist nur: Warum macht sich jemand diese Mühe?«
    »Wenn ich an das Ruthenium und die Öl- und Gasvorkommen hier in der Gegend denke, würde ich sagen, Mitchell Goyette will den arktischen Eisbaron spielen«, sagte Pitt. »Er hat weitaus leichteres Spiel, wenn die Amerikaner aus der Region vertrieben sind.«
    »Und im Augenblick sind nur noch du und ich übrig.«
    Während er sprach, tauchten drei Männer in schwarzen Parkas auf dem Deck des Eisbrechers auf und traten an die Reling. Ohne zu zögern hoben sie Steyr-Maschinenpistolen, richteten sie auf Pitt und Giordino und eröffneten das Feuer.
78
    Etliche Meilen weiter nordöstlich hallte ein lautes Stottern und Husten über die Wogen, dann hatte der Außenbordmotor des Beibootes die letzten Tropfen Treibstoff verbraucht und setzte aus. Die Männer an Bord blickten einander schweigend an. Schließlich hob der Rudergänger der
Narwhal
den leeren Benzinkanister hoch.
    »Der ist alle«, sagte er zu Stenseth.
    Der Kapitän der
Narwhal
wusste, was ihnen nun bevorstand. Wenn sie allein unterwegs gewesen wären, hätten sie es bis zur Küste geschafft. Aber die beiden voll beladenen Zodiacs, die sie hinter sich herzogen, hatten wie Treibanker gewirkt und sie fortwährend aufgehalten. Der ständige Kampf gegen die kabbelige See und eine starke südliche Strömung hatte die Sache auch nicht besser gemacht. Dennoch wären sie nie auf den Gedanken

Weitere Kostenlose Bücher