Polarsturm
hatte, ertönte irgendwo draußen auf dem Eis Gewehrfeuer. Da ihm durch die Rinne und den wieder dichter werdenden Nebel die Sicht versperrt wurde, hatte er keine Ahnung, wer dort auf wen schoss, bemerkte aber, dass sich die drei Männer, die auf das Schiff vorrückten, offenbar nicht darum scherten. Er ließ sie näher kommen, bevor er die Muskete auf den vordersten Söldner abfeuerte. Der warf sich zu Boden, sobald er Giordino sah, sodass dessen Kugel knapp danebenging und lediglich den Parka des Mannes durchschlug. Mittlerweile hatten die Söldner ihre Lektion gelernt und gaben sich abwechselnd Feuerschutz, in dem die anderen vorrückten. Giordino schob sich an der Bordwand entlang, richtete sich auf und schoss von verschiedenen Stellen aus, bevor er sich seinerseits ducken musste, als das Feuer erwidert wurde. Er traf einen der Söldner am Bein, bevor die anderen das Schiff erreicht hatten. Dann musste er sich zum Niedergang zurückziehen, da er über keine geladenen Musketen mehr verfügte. Er fragte sich, wo Pitt so lange blieb. Er war mit seiner eigenen Verteidigung derart ausschließlich beschäftigt gewesen, dass er die Schüsse in der Großen Kabine gar nicht gehört hatte. »Dirk, ich brauche geladene Musketen«, rief er in den Niedergang, doch er bekam keine Antwort. Er richtete die Schrotflinte auf die Bordwand und machte die beiden Perkussionspistolen auf seinem Schoß feuerbereit. Noch ein paar Schüsse, dann war er hilflos, wenn Pitt nicht bald kam.
Am Fuß des Niedergangs stieg eine hoch aufgeschossene Gestalt über Unmengen alter Waffen hinweg, die am Boden herumlagen, und blickte nach oben. Giordino hockte drei Meter über ihm auf den beiden obersten Leitersprossen und hatte den Blick auf die Bordwand gerichtet. Selbst wenn er nach unten geschaut hätte, hätte er Zak wahrscheinlich nicht bemerkt, der vom schummrigen Unterdeck aus nach oben starrte. Zak überlegte, ob er die Sache von seinen Sicherheitsleuten zu Ende bringen lassen sollte, fand es dann aber ratsam, Giordino selbst zu erledigen. Er klemmte sich das Logbuch unter den linken Arm, suchte festen Stand und richtete seine Automatik auf Giordino.
Er nahm die schlurfenden Schritte nicht wahr, die sich im Gang hinter ihm näherten. Umso mehr zuckte er zusammen, als ein lauter Warnruf durchs Schiff hallte.
»Al!«
Zak fuhr herum und blickte ungläubig in den Gang. Gut fünf Meter von ihm entfernt stand Pitt unter einer Laterne und sah aus wie der Tod persönlich. Sein Gesicht war blutig und zerschnitten, und auf seiner Stirn schimmerte eine hässliche lila Beule. Der rechte Arm war rot durchtränkt, desgleichen das linke Bein, und er zog eine Blutspur hinter sich her. Er hatte keine Waffe bei sich und stützte sich mit schmerzverzerrter Miene auf das gesunde Bein. Trotzdem starrte er Zak voller Trotz an.
»Du bist der Nächste«, zischte Zak und wandte sich wieder Giordino zu, der auf Pitts Ruf reagiert hatte, aber keine Ahnung hatte, was da unten vor sich ging. Zak richtete die Glock ein zweites Mal auf Giordino, wurde aber von einem hellen Lichtschein abgelenkt, der auf ihn zuflog. Er drehte sich um und sah, dass der Verletzte die Laterne nach ihm geschleudert hatte. Ein schlechter Wurf, dachte Zak und warf kopfschüttelnd einen Blick zu Pitt, als die Laterne ein gutes Stück vor ihm aufschlug und zersprang.
Doch es war kein schlechter Wurf. Die Lampe landete genau an der Stelle, auf die Pitt gezielt hatte, ein paar Zentimeter von dem Schwarzpulverfass entfernt, mit dem sie ihre Musketen geladen hatten. Sofort entzündete die geborstene Laterne das Pulver, das beim hastigen Nachladen überall verstreut worden war. Der Killer wich instinktiv vor der auflodernden Flamme zurück und geriet, ohne es zu merken, in die Nähe des Pulverfasses. Im nächsten Moment griff das Feuer auf das Fass über, das mit einem ohrenbetäubenden Knall hochging Die Explosion erschütterte das ganze Schiff und schleuderte Rauch und Flammen den Niedergang empor. Pitt wurde zu Boden geworfen, dann prasselten herumfliegende Trümmer auf ihn ein, die allerdings größtenteils von seiner dicken Jacke abgefangen wurden. Mit klingenden Ohren wartete er ein paar Minuten, bis sich der Qualm verzogen hatte, bevor er hustend zum Niedergang humpelte. Die Seitenwände waren weggerissen, und im Boden klaffte ein großes Loch, durch das man ins Orlopdeck hinabschauen konnte. Sonst aber hielt sich der Schaden in Grenzen.
Pitt sah einen Stiefel in der Nähe des Loches und
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