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Polarsturm

Polarsturm

Titel: Polarsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Dirk Cussler
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müssen.
    Sobald das Schiff das Meereis hinter sich gelassen hatte, wandte sich Stenseth der lärmenden Runde hinter ihm zu. Dort am Kartentisch saß Pitt, der sein bandagiertes Bein auf einem Klappstuhl liegen hatte. Giordino und Dahlgren hockten neben ihm und schlossen Wetten auf den Inhalt des dicken, in Leder gebundenen Logbuchs ab, das mitten auf dem Tisch lag.
    »Wollt ihr nun rausfinden, was im Logbuch der
Erebus
steht, oder wollt ihr mich weiter auf die Folter spannen«, fragte Stenseth das Trio.
    »Der Kapitän hat Recht«, sagte Giordino, dessen Gesicht ebenso verpflastert war wie Pitts. Mit spitzen Fingern schob er Pitt das Logbuch zu.
    »Ich glaube, du hast die Ehre«, sagte er.
    Pitt betrachtete den Globus, der in den ledernen Einband des Logbuches gepunzt war. Von ein paar Brandspuren einmal abgesehen, war das Buch bei der Schwarzpulverexplosion kaum in Mitleidenschaft gezogen worden, da Zak es unter den linken und somit vom Pulverfass abgewandten Arm geklemmt und mit seinem Körper abgeschirmt hatte, während das Fass hochging.
    Langsam klappte Pitt den Deckel auf und las die erste offizielle Eintragung.
    »Wollen Sie’s spannend machen?«, fragte Stenseth.
    »Komm zur Sache, Boss«, drängte Dahlgren.
    »Ich wusste, dass ich es in meiner Kabine hätte lassen sollen«, gab Pitt daraufhin zu.
    Eigentlich hatte er das Logbuch in chronologischer Reihenfolge lesen wollen, aber angesichts der neugierigen Blicke, die ihm die anderen zuwarfen, gab er den Gedanken auf und blätterte zur letzten Eintragung vor.
    »21. April 1848«, las er, worauf alle verstummten. »Zu meinem Bedauern muss ich die
Erebus
heute aufgeben. Ein Teil der Besatzung ist weiterhin dem Irrsinn verfallen und stellt eine Gefahr für die Offiziere und anderen Besatzungsmitglieder gleichermaßen dar. Es liegt am harten Silber, nehme ich an, aber ich weiß nicht, warum. Mit elf gesunden Männern werde ich zur
Terror
aufbrechen und dort auf die Eisschmelze im Frühjahr warten. Möge der Allmächtige uns und den Kranken, die zurückbleiben, gnädig sein. Kapitän James Fitzjames.«
    »Das harte Silber«, sagte Giordino. »Das muss das Ruthenium sein.«
    »Warum sollten Männer davon verrückt werden?«, fragte Dahlgren.
    »Es gibt keinen ersichtlichen Grund dafür«, sagte Pitt. »Allerdings hat mir ein alter Prospektor eine ähnliche Geschichte erzählt, wonach man dem Ruthenium die Schuld an einigen Fällen von Wahnsinn gab. Die Besatzung der
Erebus
litt aufgrund der nicht sachgemäß verlöteten Konservendosen an Blei- und Lebensmittelvergiftung, dazu kamen Skorbut, Erfrierungen und die Entbehrungen, nachdem die Männer drei Winter im Eis festsaßen. Möglicherweise kam alles zusammen.«
    »Das Schiff zu verlassen scheint trotzdem eine unglückselige Entscheidung gewesen zu sein«, stellte Giordino fest.
    »Ja«, pflichtete Pitt ihm bei. »Die
Terror
wurde vom Eis zermalmt, und sie dachten vermutlich, der
Erebus
ginge es ähnlich, daher kann man schon verstehen, dass sie sich zum Festland durchschlagen wollten. Aber trotzdem blieb die
Erebus
im Eis liegen und wurde offenbar irgendwann später an die Küste getrieben.«
    Pitt blätterte zurück und las die Eintragungen der vorausgegangenen Wochen und Monate vor. Es war eine schreckliche Geschichte, die die aufgeregte Runde auf der Brücke rasch zum Schweigen brachte. In allen Einzelheiten beschrieb Fitzjames den vom Unglück verfolgten Versuch, in den kürzer werdenden Sommertagen des Jahres 1846 durch die Viktoriastraße gen Süden vorzustoßen. Das Wetter schlug binnen kurzer Zeit um, sodass beide Schiffe fernab vom Land vom Meereis eingeschlossen wurden. Damit brach ihr zweiter Winter in der Arktis an, in dessen Verlauf Franklin krank wurde und starb. Zu diesem Zeitpunkt verfielen auch einige Besatzungsmitglieder dem Wahnsinn. Merkwürdigerweise, so hielt der Berichterstatter fest, war das Schwesterschiff
Terror
nicht davon betroffen. Unter der Besatzung der
Erebus
indessen griffen Irrsinn und Gewalttaten weiter um sich, bis Fitzjames schließlich gezwungen war, sich mit den verbliebenen Männern zur
Terror
zurückzuziehen.
    Die früheren Eintragungen im Logbuch betrafen größtenteils Routineangelegenheiten, daher überblätterte Pitt ganze Seiten, bis er auf einen längeren Eintrag stieß, der sich auf das harte Silber bezog.
    »Ich glaube, das ist es«, sagte er leise, worauf alle näher rückten und ihn schweigend anstarrten.
    »27. August 1845. Position 74.36.212 Nord, 92.17.432

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