Polarsturm
Ich denke mir, wenn man in der Gegend einmal fündig geworden ist, dann müsste es für einen kleinen Fisch wie mich noch ein paar andere Stellen geben.« Er schüttelte den Kopf, dann grinste er. »Bislang hat sich meine Vermutung noch nicht bestätigt.«
Pitt lächelte und kippte sich den Tequila hinter die Binde. Er wandte sich an den Prospektor und fragte: »Was wissen Sie über das Mineral Ruthenium?«
Der Prospektor rieb sich einen Augenblick lang das Kinn. »Tja, das gehört zur Gruppe der Platinmetalle, kommt in den hiesigen Lagerstätten aber nicht vor. Ich weiß, dass der Preis in den Himmel geschossen ist, daher sind vermutlich mehr Leute als früher auf der Suche nach dem Zeug, aber ich bin nie auf welches gestoßen. Meines Wissens auch niemand, den ich kenne. Soweit ich mich erinnere, gibt’s nur ein paar Stellen auf der Welt, wo es abgebaut wird. Ansonsten kann ich Ihnen nur noch sagen, dass einige Leute dachten, es hätte was mit der alten Pretoria Lunatic Mill zu tun.«
»Die Geschichte kenne ich nicht«, sagte Pitt.
»Eine alte Bergarbeiterstory aus Südafrika. Ich habe davon gelesen, als ich ein paar Recherchen über Diamanten angestellt habe. Offenbar wurde um die Jahrhundertwende in der Nähe von Pretoria, Südafrika, eine kleine Weberei gebaut. Nachdem sie etwa ein Jahr in Betrieb war, hat man festgestellt, dass die Arbeiter plemplem wurden. Es wurde so schlimm, dass die Fabrik geschlossen werden musste. Diese Anfälle von Wahnsinn hatten vermutlich was mit den Chemikalien zu tun, die man eingesetzt hat, aber man ist nicht dahintergekommen, was genau es gewesen ist. Später hat man festgestellt, dass die Fabrik in der Nähe einer Platinmine mit reichhaltigen Rutheniumvorkommen errichtet wurde, und dass Rutheniumerz, das damals nicht viel wert war, in großen Haufen neben dem Werk gelagert wurde. Zumindest ein Historiker war der Meinung, dass dieses ungewöhnliche Metall irgendwas mit diesem irrsinnigen Verhalten zu tun hatte.«
»Eine interessante Geschichte«, sagte Pitt, der an das Gespräch in der Genossenschaft denken musste. »Haben Sie vielleicht zufällig gehört, ob die Inuit früher oben im Norden Bergbau betrieben haben?«
»Kann ich nicht sagen. Natürlich gilt die Arktis heutzutage als Schlaraffenland in Sachen Rohstoffe. Diamanten in den Nordwest-Territorien, Kohle auf der Insel Ellesmere und natürlich überall vielversprechende Öl- und Erdgasfelder.«
Sie wurden von einem Polizisten unterbrochen, der den Kopf durch die Tür steckte und Pitt bat, wegen der Schäden an seinem Mietwagen einen Unfallbericht auszufüllen. Kurz darauf traf der Straßenbautrupp ein und machte sich ans Räumen der Straße. Die Gesteinsbrocken und der Schotter waren rasch beiseitegeschoben, sodass schon nach kurzer Zeit wieder eine Fahrspur durch die verschüttete Strecke führte.
»Könnte ich vielleicht mit Ihnen zum Flugplatz von Elliot Lake fahren?«, fragte Pitt den alten Prospektor.
»Ich will in die Region Sudbury, daher ist das kein großer Umweg. Setzen Sie sich einfach vorne rein«, erwiderte er und rutschte ans Steuer.
Der große Camper zwängte sich mit knapper Not zwischen dem Geröll hindurch, bis sie den Erdrutsch hinter sich gelassen hatten und wieder auf freier Strecke waren. Die beiden Männer unterhielten sich über Geschichte und Bergbau, bis das Wohnmobil vor dem kleinen Flugplatzgebäude anhielt.
»Da wären wir, Mister, äh …«
»Pitt. Dirk Pitt.«
»Mein Name ist Clive Cussler. Eine angenehme Reise, Mr. Pitt.«
Pitt schüttelte dem alten Prospektor die Hand, dann gab er dem Dackel einen Klaps und stieg aus dem Camper.
»Ich bin Ihnen sehr zu Dank verpflichtet«, sagte Pitt und sah den Prospektor an, der ihm merkwürdig bekannt vorkam. »Viel Glück bei der Suche nach einer fetten Silberader.«
Pitt betrat das Gebäude und ging zum Empfangsmanager des Terminals, der ihm mit offenem Mund entgegenblickte. Pitt sah aus, als wäre er gerade von einem Bus überfahren worden. Haare und Kleidung waren mit Staub verklebt, um den Kopf hatte er einen blutigen Verband geschlungen. Als Pitt ihm berichtete, dass der Mietwagen oben auf der Bergstraße auf dem Dach lag und voller Steine war, hätte der Mann fast einen Anfall bekommen.
Während er einen nicht enden wollenden Stapel Versicherungsformulare ausfüllte, warf Pitt einen Blick aus dem Fenster und bemerkte, dass die Gulfstream nicht mehr auf dem Vorfeld stand.
»Wann ist der Mann mit dem Privatjet abgeflogen?«, fragte
Weitere Kostenlose Bücher