Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
Herkömmlichen nichts zu erreichen ist, riskiere ich gerne das Ungewöhnliche.« So bleibt der Schwindel unentdeckt, fast ein Jahr lang.
Ein Schurkenstück
Am 26. Juli 2009 lässt Nelson Piquet einen Offiziellen des Automobilweltverbandes wissen, dass der Unfall beim Singapur-Grand-Prix im Jahr zuvor fingiert war, um Alonso in eine gute Position zu bringen. Sein Sohn sei bereit, die genauen Abläufe und Umstände zu offenbaren – wenn ihm Straffreiheit zugesichert werde. Das Datum der Offenbarung ist keineswegs Zufall. Am selben Tag hat Nelsinho Piquet den Großen Preis von Ungarn als Zwölfter beendet. Unmittelbar nach dem enttäuschenden Resultat war er von Renault-Teamchef Flavio Briatore mit sofortiger Wirkung entlassen worden. Allerdings nicht aus dem persönlichen Managementvertrag, den die beiden zudem geschlossen hatten. Nelsinho Piquets Karriere ist damit blockiert. Hinter der Beichte verbirgt sich also mehr Rache als Reue. Die Motive aber können den Regelhütern erst einmal egal sein. Vier Tage später wird Nelsinho Piquet in der FIA -Zentrale in Paris vernommen. Er sagt aus, was er in der Saison 2008 verdiente. Und dass sein Kontrakt zum 2. November 2008 ausgelaufen wäre. Zum Zeitpunkt des Rennens in Singapur hatte er noch kein neues Angebot von Renault vorliegen, wo er gerne geblieben wäre. Die Situation sei nicht leicht für ihn gewesen. Vor dem Rennen in Singapur habe es dann eine Besprechung mit Teamchef Flavio Briatore und Chefingenieur Pat Symonds gegeben, in der er gefragt worden sei, ob er bereit sei, sein Rennen fürs Team zu opfern. Ein direkter Crash-Befehl sei zwar nicht an ihn ergangen, aber er habe schon verstanden, was gemeint war. Zumal ihm Symonds einen Streckenplan zeigte und auf eine strategisch günstige Unfallstelle deutete: am Ausgang der Kurve 17. Dort gibt es keine Lücken in den Begrenzungsmauern, und es parkt auch weit und breit kein Bergekran, womit sichergestellt war, dass das Safety Car mehr als eine Runde drehen würde. Als Unfallzeitpunkt wurde die 14. Runde verabredet. Weil – das hatten die Hochrechnungen nach der Feindbeobachtung in der Qualifikation ergeben – kurz darauf den meisten Rivalen das Benzin ausgehen würde. In den Funkmitschnitten sei zu hören, wie er sich vor der Mauerfahrt mehrmals erkundigt, in welcher Runde er sich befinde. Außerdem lasse sich aus der Datenaufzeichnung sehr leicht lesen, dass er absichtlich gegen die Begrenzung gefahren sei. So leicht, dass er Angst gehabt habe, seinem – in das Schurkenstück nicht eingeweihten Renningenieur – könne es auffallen. Vier Wochen nach Piquets Aussage hören die FIA -Ermittler die Beschuldigten an. Symonds bestreitet nur einen Punkt der Anschuldigungen wirklich vehement: Dass die Idee zu dem Unfall von ihm kam. Nelsinho Piquet selbst habe sich damit hervorgetan. Ansonsten versucht Symonds, sich eher ungelenk aus der Bredouille zu manövrieren: »Ich erinnere mich nicht.« – »Auf diese Frage möchte ich nicht antworten.« – »Das kann ich Ihnen nicht beantworten.« Als ihm die Ermittler eine Kopie der Datenaufzeichnung des Unfallmoments zeigen, auf der zu erkennen ist, dass Piquet junior noch einmal Vollgas gibt, als seine Hinterräder bereits durchdrehen, muss der erfahrene Ingenieur aber zugeben: »Das ist sehr ungewöhnlich.« Teamchef Flavio Briatore behauptet dagegen: »Ich habe nie mit Nelsinho gesprochen, ich habe niemals mit ihm übers Autocrashen gesprochen.« Piquets Vorwürfe nennt er »unerhörte Lügen«. In Frankreich will Briatore sich vor Gericht gegen sie wehren. Renault steht zunächst treu zum Teamchef. Als am 17. September ein Zeuge aus dem Team, der anonym bleiben will, der FIA aber schriftlich übermittelt, er habe mitbekommen, wie Briatore, Symonds und Piquet junior den Unfallplan besprachen, dreht sich der Wind. Briatore wird erst entlassen und dann, wie Symonds, von der FIA verbannt. Im Gegenzug für die Kooperation darf Renault weiter an der WM teilnehmen. Fernando Alonso, der von dem Betrug profitierte, von seinem Zustandekommen aber nichts mitbekommen haben will, bleibt unbehelligt. Crashgate geht als das am besten dokumentierte Beispiel in die Formel-1-Geschichte ein, wozu die Denker und Lenker in dem Zirkus bereit sind, um an Erfolge zu kommen. Betrugsfälle hat es in der Formel 1 einige gegeben: Im Jahr 2005 wurden in den Autos des Zigarettenkonzerns BAR in Imola geheime Zusatztanks entdeckt. 1984 war das Tyrrell-Team beim Schummeln auf ähnliche Weise erwischt
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