Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
Einsteiger-Formel in Australien. In ihr trifft Webber Ann Neal, eine Britin, die nach Australien ausgewandert ist. Sie kümmert sich um die Pressearbeit der Serie. Sie hat Kontakte. Er fragt sie, ob sie ihm helfen könne. Sie kann. Es ist ein Freundschaftsdienst. Sie hat die Idee, den Geschäftsführer der Yellow Pages um Unterstützung zu bitten, der australischen Version des Branchen-Telefonbuchs Gelbe Seiten. Zusammen werden sie dort vorstellig. Und haben Glück. Das Timing passt. Das Branchenbuch will etwas tun, um seine Geschäfte in der Autobranche anzukurbeln, aber nicht so viel ausgeben, wie es kostet, in den populären Tourenwagen-Serien des Landes zu werben. So kommt Mark Webber zu seinem ersten nennenswerten Sponsor. Er gewinnt das Rennen, das im Rahmenprogramm des Formel-1-Finales 1995 in Adelaide ausgetragen wird; im Gesamtklassement der Formel Ford wird er Vierter. Danach stellt sich eine Frage: Ist es klüger, in Australien zu bleiben und zu versuchen, zur nationalen Nummer eins in einer Kategorie aufzusteigen, die kaum einer beachtet? Oder nach Europa zu gehen und sich mit den dortigen Größen zu messen?
Ann Neal stellt die Frage. Und sie stellt sie so, dass die Antwort schon klar ist. Es heißt Koffer packen. Sie kommt mit. Und ist bald schon mehr als seine Managerin. Aber das soll erst mal keiner wissen. Zusammen malen sie einen Karriereplan. Als erste Stufe ist 1996 die Formel Ford vorgesehen. Die letzte Stufe trägt kein Datum. Aber ein Auto klebt dort, zur Illustration: der Formel-1-Benetton, in dem Michael Schumacher 1995 Weltmeister wurde. Das Geld ist knapp. So knapp, dass Webber sich im Sommer als Fahrlehrer in einer Rennfahrer-Schule verdingt. Tagessatz: 43 Pfund. Einmal, als das Projekt in Europa wieder zu scheitern droht, weint Mark Webber, als er mit seinem Vater in der fernen Heimat telefoniert. Aber irgendwie geht es dann doch immer weiter. Am Flughafen in Heathrow lauern Ann Neal und Mark Webber eines Tages David Campese auf. Campese stammt auch aus Queanbeyan. Und er hat es von dort in den ganz großen Sport geschafft: in die australische Rugby-Auswahl. 1996 hört er auf. Als zweite Karriere hat er sich den Einstieg ins Sportmanagement vorgenommen. Das könnte seine Chance sein, wittert Webber. Und Campese ist tatsächlich angetan von seinem Landsmann. Im Savoy Hotel in London organisiert er ein Dinner mit potenziellen Sponsoren. Aber der Zuspruch bleibt aus. Auch bei der Wiederholung. Am Ende spendiert Campese selbst 100000 Pfund, damit Webber in der britischen Formel 3 antreten kann. E-Mails gibt es noch nicht. Aber Faxe. Nach jedem Rennen schreibt Neal eine Mitteillung, wie Webber war. Und er stellt sich artig ans Fax und verschickt den Bericht, mehr als 50-mal.
Eine Kopie landet auch auf dem Schreibtisch von Norbert Haug, dem Sportchef der Marke Mercedes. Das, was er regelmäßig zu lesen bekommt, gefällt ihm. Er verpflichtet Mark Webber für die Sportwagen-Rennen der Marke. Von dort ist es kein allzu großer Schritt mehr in die Formel 1. 2002 ist es so weit: Webber darf im Hinterbänkler-Team Minardi, das der Australier Paul Stoddart kurz zuvor übernommen hat, sein Debüt geben. Gleich der erste Auftritt gerät zur Gala: Es ist der Australien-Grand-Prix in Melbourne. Das Rennen ist so turbulent, dass nur acht ins Ziel kommen. Webber wird völlig überraschend Fünfter. Nach der Siegerehrung klettern er und Stoddart aufs Siegertreppchen und lassen sich feiern. In den Händen halten sie dabei eine australische Flagge und ein Plastikkänguru. Ein Tier mit Symbolcharakter: Es kann nicht rückwärtsgehen. Wer so viel hinter sich gebracht hat, um in die Formel 1 zu kommen, der gibt den elitären Zirkel freiwillig so leicht nicht mehr auf. Wie entschlossen Webber kämpft, zeigt sich auch im Winter 2008/2009. Drei Wochen nach dem Saisonfinale in Brasilien verletzt er sich schwer bei der Pure Tasmania Challenge, einem Charity-Rennen, das er selbst initiiert. Zu Fuß, auf dem Fahrrad und in Kajaks müssen sich die Teilnehmer in Tasmanien durchschlagen. Am vierten Tag, nach einem 20-Kilometer-Lauf, geht es zu einer 35-Kilometer-Etappe aufs Mountainbike. Die Straße, auf der gefahren wird, ist ein besserer Feldweg. Hügelig, geschottert, nicht abgesperrt. Aber Autos fahren dort ohnehin kaum, weswegen es auch egal ist, auf welcher Spur einer radelt. Zumindest bis es nach 40 Minuten eine Abfahrt hinuntergeht – und doch ein Geländewagen um die Ecke biegt. Webber fährt auf der falschen
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