Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
Sebastian Vettel wird Elfter. Kein Regen. Das Licht fällt auch nicht aus. Das zweite Training bringt keine Verbesserung für Sebastian Vettel. Aber eine Überraschung: Fernando Alonso im Renault schiebt sich an die Spitze der Zeitenliste. Der Spanier hat McLaren nach dem Spionageskandal im Streit verlassen und wieder Unterschlupf bei der Mannschaft gefunden, mit der er 2005 und 2006 Weltmeister wurde. Allerdings ist die zurückgefallen. In der Konstrukteurswertung wird sie vor dem 14. Saisonrennen 2008 lediglich auf dem fünften Platz geführt – mit einem gewaltigen Rückstand auf die Platzhirsche Ferrari und McLaren. Fernando Alonso durfte das ganze Jahr über noch an keiner Siegerehrung teilnehmen. Eine Erfahrung, die ihn wurmt. In Singapur aber wittert er seine Chance. Im dritten Training ist er wieder der Schnellste, sechs Zehntelsekunden vor Hamilton, sieben vor Massa – und mehr als neun vor Sebastian Vettel, der als Neunter unauffällig bleibt. Zweiter oder Dritter – das rechnet Fernando Alonso sich für die Qualifikation aus. Ein Startplatz, von dem aus bei einem Stadtrennen viel möglich ist. Als das Ausscheidungsfahren dann aber anbricht, kommt es anders. In der ersten Runde schafft Alonso es als Sechster locker weiter. In der zweiten muss er nach nur einer Einroll-Runde zuschauen. Die Benzinpumpe mag kein Benzin mehr pumpen. Startplatz 15. Was von dort aus bei einem Stadtrennen möglich ist, weiß Alonso: nichts. »Das Rennen ist verloren«, grollt er, »hier kann man nicht überholen. Jetzt kann ich nur noch herumrollen.« Sein Teamkollege Nelsinho Piquet darf auch nur als Sechzehnter vor die Startampel. Alonsos Chancen, es doch noch zur Siegerehrung zu schaffen? »Wenn zehn, oder zwölf ausfallen und es Safety-Car-Phasen gibt, vielleicht«, sagt er, »aber es gibt keine Wunder.« Oder doch? Was in den nächsten Stunden im Renault-Team vor sich geht, wird erst sehr viel später bekannt werden. Zunächst sieht es wirklich wie ein Wunder aus, was am Sonntag passiert. Als einer von ganz wenigen rollt Alonso auf weichen Reifen an den Start. Die ermöglichen ihm, auf den ersten Metern gleich an drei Gegnern vorbeizuziehen. Obwohl er als Qualifikations-Fünfzehnter die Benzinmenge frei wählen durfte, legt er bereits nach zwölf Runden einen Boxenstopp ein. Als Erster im Feld. Eine äußerst ungewöhnliche Strategie. So früh im Rennen hat in der ganzen Saison noch keiner, der die Benzinmenge frei wählen durfte, die Box aufgesucht. Alonso fällt auf den letzten Platz zurück. Dort aber bleibt er nicht lange. Es sieht aus, als habe er großes Glück: In Runde 14 kracht sein Teamkollege Nelsinho Piquet, an Position 18 liegend, frontal gegen eine Mauer. In Kurve Nummer 17, einem Eck, in dem die Fahrer im dritten Gang aus Tempo 120 beschleunigen. »Wir streifen die Mauern ständig, und wenn man die Mauer einmal ein bisschen zu stark berührt, passiert das«, gibt Nelsinho Piquet als Unfallgrund an. Er entsteigt dem Auto unverletzt. Der Wagen aber ist Schrott. Es liegen viele Splitter auf der Fahrbahn. Bis das Wrack von der Strecke gezogen ist, bremst das Safety Car das Feld ein. Die Bergung dauert. Das Safety Car kreist fünf Runden lang. So lang ist es in dem Jahr bei einem Unfall zuvor nur einmal zu sehen gewesen: in Barcelona, als sich Heikki Kovalainens McLaren nach einem Felgenschaden mit hoher Geschwindigkeit spektakulär unter die Reifenstapel bohrte. Die lange Safety-Car-Phase kann den Favoriten nicht gefallen. Felipe Massa, Lewis Hamilton, Kimi Räikkönen – sie müssen tanken. Die Boxenstopps lassen sie weit zurückfallen. Insgesamt absolvieren 14 Fahrer in der Safety-Car-Phase einen Halt. An ihnen allen zieht Alonso ohne ein Überholmanöver vorbei. Als das Rennen wieder freigegeben wird, ist er Fünfter. Die Vier vor ihm sind mit Strategien unterwegs, die sie später im Rennen zurückfallen lassen. Und weil er selbst ein Auto hat, das wie in zwei der drei Trainingsläufen zu den schnellsten im Feld gehört, muss Fernando Alonso vor den anderen Verfolgern wenig Angst haben. Er fährt ein makelloses Rennen. Und er fährt den Sieg ein. Es ist der erste für Renault nach einer Durststrecke von 23 Monaten. Sebastian Vettel wird Fünfter. Zweifel, ob bei dem Husarenstück alles mit rechten Dingen zugegangen ist, tauchen schnell auf. Aber echte Belege dafür gibt es nicht. Und Pat Symonds, der sich bei Renault die Strategie überlegt, verteidigt die unorthodoxe Herangehensweise: »Wenn mit dem
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