Polgara die Zauberin
Scheingefechte wegen der beiden Priester wollten kein Ende nehmen, bis wir alle knietief in logischen Trugschlüssen wateten. »Beide!« entschied ich schließlich, um der Angelegenheit ein Ende zu bereiten.
»Ich vermag dir nicht ganz zu folgen, Pol«, flötete Alara mit honigsüßer Stimme.
»Beide Priester werden die Feier abhalten.«
»Aber –«
»Kein aber. Beide Priester, meine Damen, und damit Schluß.« Während jenes schwelenden Krieges mußte ich ziemlich oft ein Machtwort sprechen.
Als der Tag der Hochzeit endlich kam, war ich völlig erschöpft. Sollte ich diesen Tag überstehen, würde ich mir bestimmt Ferien gönnen. Ich meinte, ich würde schreien müssen, sollte ich auch nur noch ein einziges Mal »Aber Olane, meine Liebe –« oder »Aber Alara, Schätzchen –« zu hören bekommen.
Da wir nun zwei miteinander wetteifernde Priester hatten, zogen sich die Feierlichkeiten über zwei Stunden hin, und die Hochzeitsgäste, die sich auf die anschließenden Lustbarkeiten freuten, wurden mit der Zeit unruhig.
Ildera war hinreißend schön, und Geran sah so gut aus, daß die Mädchen von Annath hörbar mit den Zähnen knirschten, weil ihn keine von ihnen bekommen hatte.
Den Hochzeitspredigten hörte ich meist gar nicht zu, aber ich mußte schlucken, als der sendarische Priester Toraks Segen auf das Brautpaar herabrief. Dafür war dies entschieden die falsche Hochzeit.
Dann endlich war die Zeremonie vorüber, und Geran und Ildera waren Mann und Frau. Sie ließen das Hochzeitsmahl über sich ergehen, doch es drängte sie offensichtlich, sich in das hübsche kleine Steinhäuschen zurückzuziehen, das Geran und sein Vater am Südende von Annaths einziger Straße errichtet hatten. Sie hatten feste Pläne für den Abend. Vater, Darral und Grettan sorgten dafür, daß während des Mahls Ruhe herrschte, aber länger ließ sich der erzwungene Frieden nicht aufrechterhalten. Scharenweise zogen wir die lange Straße hinunter und begleiteten das frisch gebackene Ehepaar in sein neues Heim, und dann ging ich zurück in Darrals Haus und ließ mich ins Bett fallen. Ich war am Ende meiner Kräfte.
Selbstverständlich waren die Bürger von Annath und die algarischen Klanangehörigen alles zivilisierte Menschen, weshalb die Keilerei auch nicht vor Sonnenuntergang losging.
K APITEL 40
Am nächsten Morgen sprach ich mit Vater, und er unterhielt mich mit einem humorvollen Bericht der nachhochzeitlichen Vergnügungen. Ich betrachte Vaters Schilderungen solcher Ereignisse immer mit Vorbehalt, da er einen tief verwurzelten Hang zu künstlerischer Ausschmückung hat.
»Er hat dem Priester den Kiefer gebrochen? «
»So sauber, wie du einen Zweig entzwei brechen würdest«, feixte Vater. »Hat ihn mit der Faust mitten auf die Kinnspitze getroffen. Natürlich rechnete der Priester nicht damit. Drüben in Algarien verpassen die Leute ihren Priestern keine Faustschläge. Er wird jetzt eine Weile keine von diesen langatmigen Predigten mehr halten – jedenfalls so lange, bis sein Kiefer wieder verheilt ist. Dann, kurze Zeit später, versuchte Knapp der Schankwirt, den Kampf nach draußen zu verlagern, und da bongte ihm irgend so ein Wüstling einen Stuhl über den Schädel.«
»Bongte?«
»Ja, das war das Geräusch, das entstand – bong! Genauso. Knapp ging zu Boden wie ein gefällter Ochse, und die Schläger fuhren fort, seine Kneipe auseinanderzunehmen.«
Ich seufzte.
»Was ist los?«
»Ich hatte mich auf einen ruhigen Tag gefreut. Aber ich vermute, ich kümmere mich jetzt besser um die Verletzten.«
»Sie werden's überstehen, Pol. Es war ein Freundschaftskämpfchen. Niemand kam auf die Idee, ein Messer zu ziehen.«
»Gebrochene Knochen müssen gerichtet werden, Vater.«
»Du kannst nicht alles richten, Pol.«
»Wer hat denn die Regel aufgestellt? Was hast du vor?«
»Ich glaube, ich gehe ins Tal zurück. Chamdar hält sich augenblicklich in Tolnedra auf, aber ich bin sicher, seine Grolims und Dagashi schnüffeln in Sendarien herum. Ich möchte ihre Aufmerksamkeit nicht auf diesen Ort lenken, und ich bin ziemlich leicht zu erkennen.«
»Ein kluger Entschluß. Grüß die Zwillinge herzlich von mir.«
»Das werde ich.«
Den Rest des Morgens brachte ich mit der Versorgung der zahllosen Schnitte, Prellungen, Abschürfungen und gebrochenen Knochen zu, und dann stattete ich dem jung vermählten Paar einen Besuch ab. Sie behandelten mich natürlich höflich, aber ich gewann doch den Eindruck, daß sie für den weiteren Verlauf des Tages
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