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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Fußweg zu ihrem Haus hoch. »Du bist also Vordai«, sagte ich zu der betagten, aber immer noch schönen Frau in der Tür.
»Und du bist Polgara«, erwiderte sie.
»Ihr kennt euch?« Vater klang überrascht.
»Dem Namen nach, alter Wolf«, ließ ich ihn wissen. »Man nennt Vordai die ›Hexe der Marschen‹. Sie ist eine Ausgestoßene, und dies ist der einzige Ort in Drasnien, an dem sie ungefährdet leben kann.«
»Vermutlich, weil das Holz hier überall zu naß ist, um problemlos Scheiterhaufen daraus aufzuschichten«, fügte sie hinzu. »Kommt aus dem Regen raus.«
Das Innere der Hütte war peinlich sauber und ordentlich, im Kamin brannte ein Feuer, und auf dem Tisch stand eine Vase mit Wildblumen. Ihr braunes Kleid erinnerte mich an das, was Mutter getragen hatte, als ich sie in Fleisch und Blut in den Höhlen von Ulgo getroffen hatte. Vordai hinkte indes, was Mutter nicht tat.
Wortlos nahm sie unsere nassen Kleider und hängte sie in der Nähe des Feuers auf, damit sie trockneten. Dann gab sie uns Decken, in die wir uns wickeln konnten. »Setzt euch«, sagte sie und zeigte auf den Tisch. »Im Topf sollte genug für uns alle sein.« Der aus dem Topf aufsteigende Duft sagte uns, daß sie eine köstlich gewürzte Fischsuppe zubereitet hatte. Vordai war mit Sicherheit eine hervorragende Köchin.
»Du wußtest daß wir kamen, nicht wahr?« wollte ich von ihr wissen.
»Selbstverständlich. Schließlich bin ich eine Hexe.«
Dann hüpfte einer der Fennlinge ins Haus und erzählte etwas mit dieser aufgeregten, keckernden Stimme.
»Ja«, antwortete Vordai dem glatten kleinen Tier, »ich weiß.«
»Es stimmt also«, sagte ich. Ich hatte einige wilde Gerüchte über Vordais Fähigkeit gehört, sich mit den Lebewesen des Sumpfes zu verständigen. »Du hättest nicht an ihnen herumpfuschen sollen, weißt du.«
»Ich habe ihnen keinen Schaden zugefügt«, entgegnete sie achselzuckend, »und ich unterhalte mich wesentlich lieber mit ihnen als mit Menschen.«
Diese schöne alte Frau strahlte eine Verletzlichkeit aus, die ich mir nicht genau erklären konnte. Das Leben hatte es nicht gut mit ihr gemeint, so viel stand fest, aber da war noch etwas anderes, was ich nicht ausmachen konnte. Sie verwirrte mich mehr, als ich sagen kann. Außerdem forderte sie die Ärztin in mir heraus. Ärzte richten Dinge, die falsch gelaufen sind, aber mein Problem hier bestand darin, daß ich nicht genau wußte, was falsch gelaufen war. Und so entschloß ich mich, es herauszubekommen. Ich bin nicht die Frau, eine Herausforderung auszuschlagen – das ist euch vielleicht schon aufgefallen, oder?
Nachdem wir gegessen hatten, schickte ich meinem Vater eine lautlose, nicht zu subtile Botschaft. »Geh raus«, lautete sie.
»Was?«
»Geh nach draußen. Ich muß mit Vordai allein sein. Geh. Jetzt.«
Sein Gesicht nahm plötzlich einen beleidigten Ausdruck an. »Ich gehe nach draußen, um das Boot umzudrehen«, erklärte er. »Es wäre nicht günstig, wenn es mit Regen volliefe.« Dann stand er auf und ging. Er sah ein bißchen lächerlich aus mit dieser Decke.
»Ich helfe dir beim Abwasch«, teilte ich unserer Gastgeberin mit. Diese kleinen häuslichen Verrichtungen, die wir miteinander teilen, bringen Frauen einander näher, aber Vordai weigerte sich hartnäckig, mir ihr Herz zu öffnen – also machte ich es auf die andere Art. Ich schickte einen behutsam tastenden Gedanken aus, und nachdem ich ihren Verteidigungswall durchbrochen hatte, entdeckte ich die Ursache ihrer lebenslangen Verbitterung. Natürlich war es ein Mann. Der Grund für die Probleme einer Frau ist fast immer ein Mann. Es war eine ziemlich alltägliche Geschichte. Als Vordai etwa fünfzehn gewesen war, hatte sie sich unsterblich – und heimlich – verliebt. Der Mann war etwas älter als sie gewesen, und, einfach ausgedrückt, dumm wie die Nacht. Sie hatten in einem schlammigen kleinen Dorf am Rand der Sümpfe gewohnt. Vordais Bemühungen, das Herz dieses begriffsstutzigen Klotzes zu erobern, waren recht unkonventionell gewesen. Sie hatte ihre Gaben benutzt, um den Nachbarn zu helfen. Unglücklicherweise war ihr Angebeteter religiös – auf die denkbar schlimmste Weise. In den Tiefen seiner stumpfen kleinen Seele gierte er danach, ›das Greuel der Hexerei mit Stumpf und Stiel auszurotten‹. Er war es gewesen, der den Mob angeführt hatte, der sie auf den Scheiterhaufen hatte bringen wollen. Sie hatte in die Marschen fliehen müssen und hatte jegliche Hoffnung auf Liebe, Ehe und

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