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Polgara die Zauberin

Polgara die Zauberin

Titel: Polgara die Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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andere Pläne hatten, und so stapfte ich wieder nach Hause und ging zu Bett.
In den folgenden Tagen ordnete Alara in Gedanken die Ereignisse des Hochzeitstages neu an, so daß der Tag zu einem uneingeschränkten Triumph für sie wurde. Na ja, es tat niemandem weh, und wenn es sie glücklich machte.
Die Lage von Gerans Häuschen am Südende des Dorfes war ein bißchen lästig, aber Geran hatte die Entfernung möglicherweise beabsichtigt. Seine Mutter war eine Spur zu besitzergreifend in bezug auf ihn und mehr als nur ein bißchen herrschsüchtig. Wir liebten sie selbstverständlich alle, aber sie neigte zu Launenhaftigkeit. Ich hätte früher darauf achten sollen.
Aber jenseits dieses letzten Hauses in unserem Dorf gab es eine Welt, und sie bewegte sich, ob wir davon Notiz nahmen oder nicht.

Es geschah etwa zur selben Zeit wie die Hochzeit, daß Taur Urgas seinen wahnsinnigen Plan, Kaiser Zakath von Mallorea zu ermorden, in die Tat umsetzte. Auch Zakath ' Geliebte wurde in die Verschwörung verwickelt. Sie zählte zu den Toten, als alles aufflog. Nach diesem Ereignis nahm die Vorstellung, die murgosische Rasse auszurotten, von Zakath Besitz – ein löbliches Ziel, nehme ich an, das aber bedeutenderen Ereignissen in die Quere kam. Taur Urgas war jeden Deut so wahnsinnig, wie Drosta es behauptet hatte, Zakath nicht viel besser. ChoRam von Algarien heilte später den Wahnsinn von Taur Urgas, und Cyradis, die Seherin von Kell, heilte Zakath von dem seinen. Sie benutzten allerdings völlig verschiedene Methoden.
Ich glaube, mir war nicht bewußt, wie sehr mein abgeschiedenes Leben in Annath mich von den aktuellen Vorgängen entfremdete, bis Vater im Frühling 5349 vorbeischaute und mir von der inneren Zerrissenheit der Angarakaner berichtete. Das ländliche Leben hat einen gewissen Reiz, aber wenn die Welt untergegangen wäre, hätte man es in Annath erst fünfzig Jahre später gemerkt, wie ein bedeutender Staatsmann einmal erwähnte.
Im Herbst desselben Jahres brach eine Tragödie über meine kleine Familie herein. Es war ein ganz gewöhnlicher Herbsttag mit einem kalten Hauch in der Luft. Das Laub der Birken und Espen war ein einziger Farbenrausch. Wie sonst auch gingen Geran und Darral zur Arbeit in den Steinbruch. Da stürzte kurz vor der Mittagspause die Südwand des Steinbruchs ab und begrub meinen Neffen Darral unter sich.
Unfälle wie dieser ereignen sich nur allzu oft, und ein Steinbruch ist auch kein besonders sicherer Arbeitsplatz, aber wie sich hinterher herausstellte, war Darrals Tod keineswegs ein Unfall. Es war der erste Hinweis, daß Chamdar – oder Asharak der Murgo, wenn ihr das lieber habt – uns schließlich gefunden hatte.
Meine Trauer über Darrals Tod setzte mich nahezu außer Gefecht. Vater schaffte es, rechtzeitig zur Beerdigung in Annath zu sein, aber ich ignorierte ihn fast völlig. Ich war nicht in der Stimmung für Plattheiten. Ich blieb zwei Wochen lang auf meinem Zimmer, und als ich schließlich wieder hervorkam, war Vater fort. Alara bewegte sich wie geistesabwesend durch ihre Küche, aber ich schenkte ihr nicht viel Beachtung. Ich begann, meine Mahlzeiten in meinem Zimmer einzunehmen, da ich mit niemandem reden wollte, am allerwenigsten mit denen, die meinen Kummer teilten.
Als ich schließlich wieder unter Menschen ging, mußte ich erkennen, daß Alara sich mir entfremdet hatte. Ich war zuversichtlich, diesen Zustand beheben zu können, aber das war ein Irrtum. Kein Arzt kann jemals die Krankheiten seiner eigenen Familie heilen, da Objektivität eine notwendige Voraussetzung für die Ausübung dieser Kunst ist, und wer kann schon objektiv sein, wenn es um die eigene Familie geht? Ich zögerte die Entscheidung hinaus, und als ich endlich zu einer Diagnose gelangte, war es zu spät. Natürlich besteht durchaus die Möglichkeit, daß es von Beginn an zu spät gewesen war, denn Alaras Wahnsinn hatte einen äußeren Grund.
»Was ist denn nur los, Pol?« fragte sie mich eines Nachmittags, ungefähr eine Woche, nachdem ich meine Klausur beendet hatte. Sie hatte mich mit Tränen in den Augen angetroffen. Ihr Tonfall klang besorgt. »Hast du dir weh getan?« Sie wirkte aber nur mäßig interessiert und ein wenig geistesabwesend.
Ich musterte sie scharf. Ihre Miene war sanft und gelassen, und das hätte mich gleich stutzig machen müssen.
»Komm schon, meine Liebe«, sagte sie in beschwichtigendem Ton. »Reiß dich zusammen. Es ist Zeit, daß wir mit den Vorbereitungen fürs Abendessen anfangen.

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