Polifazios Vermächtnis (German Edition)
über diesen Erdspalt kommen würde, darüber wollte er sich Gedanken machen, wenn es soweit war.
„Sie werden ihre Suche abbrechen, sobald sie den Riss erreichen!“, schlussfolgerte Himbi trocken und nüchtern.
Plötzlich spürte Himbi seine Beine nicht mehr. Und überhaupt, seinen ganzen Körper durchzog mit einem Male eine eisige Kälte. Zitternd sackte er immer mehr in sich zusammen. Himbi blickte auf den Kristall. Die letzte Zeit, die ihm noch vergönnt war, wollte er damit verbringen, das Farbenspiel des Kristalls zu betrachten. Er war so kurz davor! Gnospel hätte gar nicht anders gekonnt, als ihm die Hand seiner Tochter zu geben. Bei diesem prächtigen Geschenk! Das farbige Spiel des Kristalls nahm zunehmend ab. Die Pfütze mit dem Lampenöl war nun fast vollständig aufgebrannt. Himbi schloss für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, sah er alles um sich herum nur noch verschwommen. Himbi drehte seinen Kopf. Sein Blick zog wie in Zeitlupe beängstigend nach. Plötzlich bildete er sich ein, Geräusche aus dem Gang zu hören. Es hörte sich an wie eine Armee, die den Gang zu ihm entlanggelaufen kam. Himbi schüttelte den Kopf, um sich von dieser Illusion zu befreien. Doch vergebens. Er hörte das Getrampel noch immer. Hinzu kamen plötzlich Rufe und Schreie. Plötzlich sah Himbi die verschwommenen Umrisse von einigen Personen. Wie in Zeitlupe kamen sie auf ihn zu gerannt. Die Zeit schien zu stehen. Himbi, der weitere Guhle vermutete, ließ sich mit seinem Oberkörper auf den harten Boden gleiten und verschränkte mit letzter Kraft seine Arme schützend vor dem Gesicht. Dann verstummten die Stimmen und um ihn herum wurde alles schwarz.
Ein Unglück kommt selten allein.
Als Himbi seine Augen wieder öffnete, befand er sich in einem sonnendurchfluteten Raum. Alles um ihn herum erstrahlte im gleißenden Licht der Sonne. Vom Licht geblendet, hob er sofort seinen rechten Arm und hielt ihn schützend vor sein Gesicht. Blinzelnd guckte er an sich herunter. Er lag in einem weichen Bett, das mit weißem Bettzeug bezogen war. Im Raum roch es nach Kräutern, die Himbi schon lange nicht mehr gerochen hatte.
„ Bin ich im Himmel?“, fragte sich Himbi, immer noch nicht darüber im Klaren, ob er wach war, oder ob er das alles vielleicht nur träumte.
„ Nein mein Junge, dafür hast du noch Zeit, viel Zeit! Wie es aussieht, wollen dich die Götter noch nicht bei sich haben.“ lachte eine ihm sehr vertraute Stimme. „Gromit!“, rief Himbi voller Freude und blickte sich sogleich zu dem langjährigen Freund der Familie um.
Langsam gewöhnten sich seine Augen an das helle Licht im Raum. Endlich erkannte Himbi seinen guten Freund Gromit, der ihn mit einem freundlichen Lächeln ansah. Schließlich erhob er sich von dem Stuhl, der neben dem Bett stand, und nahm Himbi freudig in die Arme.
„Ach, wie lange ist das jetzt her mein Junge? Wie ich sehe, bist du ein stattlicher Zwerg geworden!“ sagte Gromit.
Himbi konnte es nicht glauben. Er hatte Gromit schon einige Jahre nicht mehr gesehen. Gromit lebte in Gundal, der großen Handelsmetropole an der südöstlichen Küste des Landes. Himbi kannte Gromit schon, seit er denken konnte. Eigentlich war er ein sehr guter Freund von Fobosch. Die beiden kämpften damals beim ersten Marsch der Orks in derselben Einheit. Doch für Himbi war er vielmehr als ein Freund der Familie. Da er seine Mutter niemals kennenlernen durfte, war Gromit in all den Jahren eher wie ein zweiter Vater für ihn geworden. Himbi war gerne bei Gromit zu Besuch. Leider war dies nicht so oft möglich. Bei ihm durfte er immer all die Sachen machen, die sein Vater ihm verbot.
„Gromit, was ist mit mir passiert? Und wo bin ich überhaupt?“ fragte Himbi.
„ Du befindest dich in Xandriat, im Haus der Heiler. Du hast fast drei Wochen lang geschlafen. Zwischenzeitig hatten die Heiler schon alle Hoffnung für dich aufgegeben. Aber wie konnten sie auch wissen, dass du ein solch dickes Fell hast?!“ Begann Gromit, zu antworten.
Himbi fing an, sich zu erinnern. Plötzlich fiel ihm wieder ein, was geschehen war. All die schrecklichen Erinnerungen an die Dinge, die dort unten in den Stollen geschehen waren, kamen ihm wieder vor Augen. Zögerlich fasste er sich mit der rechten Hand an die Stelle, wo der Guhl ihn gebissen hatte. Er verspürte keinen Schmerz. Die Heiler hatten wirklich gute Arbeit geleistet. Dennoch fühlte er sich immer noch ziemlich schlapp und
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