Polt - die Klassiker in einem Band
Hemd und zog ihn hoch.
Polt stieß den Wieser wütend von sich. „Zuschlagen ist wohl alles, was Ihnen einfällt, wie?“
„Das gibt eine Beschwerde.“
„Schon gut. Und jetzt denken Sie bitte einmal nach. Was hat denn der Klaus so geredet in der letzten Zeit? Hat er vielleicht etwas davon erzählt, was er und seine Freunde treiben und wo sie sich aufhalten, beim Spielen?“
„Erzählt? Der?“ Manfred Wieser lachte. „Seit seine Mutter fort ist, vor ein paar Monaten, hat er nicht ein Wort mit mir geredet, immer nur blöd geschaut. Und jetzt verschwinden Sie endlich!“
„Nichts lieber als das.“ Der Gendarm und die Lehrerin ließen Manfred Wieser allein.
„Wohin?“ Karin Walter saß schon auf ihrem Fahrrad.
„Zur Wolkenburg. Eine Baumhütte in der Nähe der verlassenen Kellergasse zwischen Burgheim und Brunndorf.“ Schweigend fuhren die beiden nebeneinander her und ließen dann die Räder am Beginn des Hohlweges zurück. Simon Polt ging voraus. „Nicht ausrutschen, es ist feucht hier. Und Vorsicht mit den Ästen, ein paar davon haben Dornen.“
„Ich kann schon auf mich aufpassen.“
Als sie die alte Kellergasse erreicht hatten, ließ Polt das Licht seiner Taschenlampe über die verfallenden Preßhäuser wandern. „Wie eine verwunschene Stadt, nicht?“
Karin Walter gab keine Antwort.
„Und das hier muß der zweite Eingang vom Gapmayr-Keller sein, ich hab dir davon erzählt. Halt, ich seh was!“ Hinter dem Riegel der schweren Holztür steckten Wiesenblumen. „Seltsam. Der Gapmayr und Blumen!“ Polt trat näher. „Sie sind noch nicht welk. Komm, wir müssen weiter. Da, links die Böschung hinauf. – Und jetzt noch ein paar Meter durchs Gestrüpp. – So, da ist ja schon die Strickleiter.“ Polt kletterte hoch und Karin Walter folgte ihm. „Daß wir die vier vergeblich in der Hütte suchen würden, war dir wohl klar, hm?“ Sie hatte die Beine angezogen und die Arme um die Knie gelegt.
„Das schon. Doch ich gehe davon aus, daß die Buben nach wie vor Wirklichkeit und Phantasie nicht auseinanderhalten.“
„Und das bedeutet?“
„Wir müssen mitspielen. Stell dir einmal vor, Karin: Vier verwegene Haudegen sind die heimlichen Herrscher des Wiesbachtales. Doch eines Tages geraten sie in eine ausweglose Situation. Ihr Ehrenwort untereinander oder das Bündnis mit einem bedrohlichen Partner soll Rettung bringen, doch es macht alles nur noch schlimmer. Die vier wissen, daß sie verloren haben und geben auf.“
„Du vergißt deine Rolle in diesem Spiel, Simon.“
„Absichtlich, weil ich sie noch nicht einschätzen kann. Aber ganz abgesehen davon: Was werden die vier tun?“
„In den Untergrund gehen, um dort elendiglich, aber ehrenhaft zu verkommen. Oder um eines Tages als strahlende Helden zurückzukehren.“
„Meine ich auch. Aber vorher werden sie verschlüsselte oder versteckte Botschaften hinterlassen, als Hinweise darauf, daß man mit ihnen noch zu rechnen hat.“
„Die Blumen an Gapmayrs Kellertür?“
„Vielleicht. Aber vor allem werden sie an ihre geheimnisvollen Schlupfwinkel gedacht haben. Wo könnte hier etwas versteckt sein?“
„In den Spalten zwischen den Brettern.“
„Zu einfach. Ein doppelter Boden?“
„Zu kompliziert. Es mußte rasch gehen.“ Karin schaute herum. „Vielleicht gibt es eine Aushöhlung im Baum?“
„Nicht schlecht. Wenn du einen dumpfen Fall hörst: Das war ich.“ Polt kletterte nach außen und kam nach einiger Zeit enttäuscht wieder. „Nichts. Was jetzt? Wir können nicht ewig hier herumsitzen. Sag was, Karin.“
„Laß mich. Ich denke eben darüber nach, wie und wo Schüler ihre Schummelzettel verstecken. – He, manchmal sind sie ja gar nicht versteckt, und darum bemerkt man sie nicht.“
„Das ist mir zu hoch.“
„Na, zum Beispiel der vollgekritzelte Umschlag einer Arbeitsmappe. Fällt gar nicht auf, wenn da irgendwo auch ein paar Formeln oder Vokabeln draufstehen. Da, schau dir einmal die Wände an!“
Tatsächlich entdeckte Polt erst jetzt und im Licht der Taschenlampe, daß mit schwarzem Filzstift auf die Bretter des Baumhauses gezeichnet und geschrieben worden war. Da stand Fischzug Habesam, Splitternacht Grenzwacht und Belagerung Ziegelfeste, auch Fahrrad-Rache und Waldtier-Verteidigungsschlacht. Unter den Zeichnungen stellte eine offensichtlich eine Lehrerin dar, die unter dem Gewicht ihres gewaltigen Busens fast nach vorne kippte. „Kennst du die?“ fragte Polt harmlos.
„Ich bin die einzige weibliche
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