Polt - die Klassiker in einem Band
etwas einstürzt, weißt du?“
„Komische Vorstellung.“ Die Lehrerin schaute in die Runde ihrer Schulkinder. „Unter uns ist die Erde durchlöchert wie ein Emmentaler.“
„Frau Lehrerin!“ Polt hatte vorhin gar nicht bemerkt, daß auch der Peter Schachinger in der Gruppe war.
„Ja, Peter?“
„Diese Holzgestelle da drüben! Was ist das?“
„Eine Wildfütterung für den Winter. Jäger bauen so etwas.“
Simon Polt erhob sich und ging ein paar Schritte näher. Die Futterkrippe stand am Rand der kleinen Lichtung. Dahinter war irgendwann eine Stufe in den Löß gegraben worden, und oberhalb standen Rebstöcke.
„Was suchst du da?“ Polt hörte Karins Stimme.
„Ich weiß nicht. Aber diese Geländestufe kommt mir merkwürdig vor. Warum hat man sich die Mühe gemacht? Und da ist auch etwas. Karin, komm doch einmal her!“
Hinter dicht wucherndem Gestrüpp waren halb verfaulte Bretter zu erkennen. „Eine Tür!“ Polt schob aufgeregt die Zweige zur Seite. „Da, die Bretter sind nur angelehnt!“ Polt warf das morsche Zeug achtlos ins Gras und leuchtete mit der Taschenlampe nach unten.
Karin schaute an ihm vorbei. „Es ist zum Weinen. Alles voller Gerümpel.“ Offensichtlich war der Keller seit Jahren als heimlicher Müllablagerungsplatz verwendet worden.
Polt ging zwei Stufen tiefer. „Soviel ist das gar nicht, Karin, es könnte auch Tarnung sein. Hilfst du mir?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, reichte er eine verrostete Dachrinne nach oben, ein altes Fahrrad folgte und ein Kinderwagen ohne Räder. Nach einer guten Viertelstunde atmete Polt auf. „So, fertig.“ Er schaltete die Taschenlampe ab. „Kein Licht unten zu sehen. Aber die vier können tief hinten im Keller stecken. Kommst du mit, Karin? Die Kinder bleiben besser oben.“
Polt zählte 27 Stufen, bis sie endlich in der Tiefe angelangt waren. Modrig roch es hier, verrostete Faßreifen lagen wirr zwischen Holztrümmern. Da war aber noch ein Geruch in der Luft. „Petroleum“, flüsterte Polt. Der Keller war als gerade Röhre in den Löß gegraben worden. Links und rechts öffneten sich Seitengänge. Der Boden war naß, gefährlich aussehende Spalten durchzogen die Wölbung über ihren Köpfen, lange, schwarz glänzende Wurzeln hingen von der Decke. Polt blieb stehen. „Da, vorne links, ein Lichtschein!“
Vorsichtig gingen der Gendarm und die Lehrerin weiter und schauten dann wie gebannt in eine große, matt erleuchtete Nische. Auf vier Weinkisten aus Plastik saßen vier Buben, und das Licht einer Petroleumlampe färbte ihre Gesichter rot. Klaus stand auf und ging Polt feierlich entgegen. „Willkommen in Tiefenheim, Herr Inspektor. Ich bin so froh, daß Sie da sind.“ Dann erst sah er die Lehrerin. „Frau Walter! Haben Sie den Schatz in der Räuberhöhle gefunden?“
„Ja, Klaus.“
„Dann ist es gut. – Ich zeige Ihnen Tiefenheim, Herr Inspektor. Wollen Sie?“
„Klar. Und Frau Walter darf auch mit?“
„Natürlich. Sie ist ja die Herrin der Höhle.“
„Na, das klingt schon anders als Fachlehrerin.“
„Du hast gut reden, von und zu Wolkenburg!“ Polt sah, daß Karin feuchte Augen hatte.
Klaus war mit seinen Freunden schon vorausgegangen. Am Ende der Kellerröhre hielt er die Lampe an eine kleine Wasserfläche. „Der Tiefensee. Das Wasser kann man trinken.“ Er machte kehrt und bog in einen der Seitengänge ein. „Unser Vorratslager.“ Ganze Stapel von Blechkonserven gab es hier, Gläser mit Essiggurken, Rollmöpsen oder Marmelade, Limonadeflaschen, aber auch Petroleum und Kerzen. Polt war beeindruckt. „Ihr habt die gute Frau Habesam ja ganz schön ausgeplündert.“
„Seit über zwei Jahren.“ Klaus hatte wieder die Führung übernommen. „Aber es ist aus mit dem Räuberleben. Alles, was noch da ist, bekommt die Frau Habesam zurück.“
Jetzt bog er in einen besonders geräumigen Seitengang ab. An der Stirnwand war ein aus Ziegeln errichteter Tisch zu erkennen, der irgendwie an einen Altar erinnerte. Klaus stellte eine brennende Kerze darauf und trat zurück. „Die Zeremonienhalle.“
Über dem Tisch erkannte Polt einen skelettierten Kopf, der vermutlich von einem Hasen stammte. Neben der Kerze stand eine halb geleerte Flasche Kirsch-Rum, und dann lag da noch ein dickes aufgeschlagenes Buch. Polt trat näher und sah Illustrationen, die Details weiblicher Anatomie darstellten. Er klappte das Buch zu. „Der medizinische Hausschatz“, flüsterte er Karin Walter zu. „Jugend forscht!“
„Gehen
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