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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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offene Küchentür. Niemand war zu sehen. Dann hörte er einen halblauten Ruf. Er drehte sich um und erblickte Herrn und Frau Breitwieser vor dem Stall. Als Polt näherkam, bemerkte er, daß sie ärmliche Arbeitskleidung trugen. Beide waren sehr schmutzig und wirkten erschöpft. „Guten Tag, Herr Inspektor.“ Breitwieser wischte sich den Schweiß aus den Augen. „Die Götterdämmerung habe ich mir immer heroischer vorgestellt.“ Seine Frau stand ein paar Schritte abseits und schaute zu Boden.
    „Ich verstehe nicht …“
    „Fritz Brenner hat uns verlassen. Wir haben es nicht gleich entdeckt, weil er stets im Stall schlief, aus freien Stücken, wie ich hinzufügen möchte. Das war seine Welt. Er hat sich dort auch die Mahlzeiten selbst zubereitet. Wir haben ihn oft tagelang nicht zu Gesicht bekommen. Meine Frau hat ihn mit frischer Wäsche versorgt und seine Kleidung geflickt. Als sie heute morgen nach ihm sehen wollte, war er nicht mehr da.“
    „Vielleicht hat er nur eine Besorgung zu machen und kommt wieder.“
    „Nein. Er hat den Gutshof nie verlassen, nicht einmal für eine Stunde. Der kommt nicht wieder. Ich kenne ihn gut. Er hat einen stählernen Willen.“
    „Ja, aber“, Inspektor Polt war verwirrt, „warum entschließt sich so ein Mensch zu gehen, nach all den Jahren?“
    Breitwieser lächelte bitter. „Fragen Sie lieber, warum er so lange geblieben ist. Wir konnten ihm ja kaum etwas für seine Arbeit bezahlen. Vielleicht hat es ihm etwas bedeutet, daß ich auf Gedeih und Verderb auf ihn angewiesen war. Aber es ist wohl jetzt müßig herumzureden. Ich habe eine Bitte an Sie, Inspektor. Wenn Sie mich in mein Arbeitszimmer begleiten, kann ich Ihnen die Telefonnummer der Gutsverwaltung geben. Ich ersuche Sie, dort anzurufen. Es muß ja wohl das Vieh abgeholt und alles Übrige mit uns geregelt werden.“
    Polt folgte Horst Breitwieser ins Haus. Als die beiden in den Hof zurückkehrten, war die Frau des Pächters schon wieder im Stall. Der Gendarm schob den Zettel mit der Telefonnummer in eine Uniformtasche. „Ich erledige das für Sie.“
    „Sehr freundlich, es hat keine große Eile. Im Gegenteil, erwähnen Sie bitte auch, daß wir gerne noch ein paar Tage Zeit hätten. Die Tiere sind gesund, aber der Stall ist in einem schrecklichen Zustand. Fritz Brenner hat wohl nicht viel Wert auf Ordnung und Sauberkeit gelegt. Dieses Bild können wir niemandem zumuten, schon gar nicht dem Gutsherrn.“
    „Alles klar. Gehen Sie es nur nicht zu wild an. Sie und Ihre Frau sind nicht mehr die Jüngsten. Und noch etwas. Es betrifft Ihren Unfall. Ich darf nicht aus der Schule plaudern, aber es sieht ganz so aus, als hätten wir einen Zeugen gefunden, der Sie weitgehend entlastet.“
    „Das glaube ich nicht.“
    „Wie Sie meinen. Wenn ich Ihnen irgendeinen Weg abnehmen kann …“
    „Niemand kann mir etwas abnehmen, Inspektor. Sie haben ohnedies schon die Ehre, jenes Telefonat zu führen, das unseren Wahn vom stolzen Bauernleben beendet. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Es wartet jede Menge Drecksarbeit auf mich.“
    Polt hatte noch lange den durchdringenden Geruch nach Jauche und Stallmist in der Nase, als er Richtung Brunndorf fuhr. Vor Aloisia Habesams Kaufhaus machte er halt. „Gibt es etwas Neues, das mich interessieren könnte?“ rief er durch den Türspalt.
    „Und wenn es das gäbe, warum fragen Sie mich danach? Mir sagt ja keiner etwas. Aber kommen Sie nur herein, Inspektor.“ Aloisia verzog das Gesicht. „Sie riechen nach Stall, mein Bester.“ Polt schnupperte an der Hand, die er Breitwieser gegeben hatte. „Tatsächlich. Ich war im Runhof, Frau Habesam.“
    „Noch immer diese Unfallgeschichte, wie?“
    „Ja, auch.“
    „Sie sind wieder einmal sehr gesprächig. Jedenfalls ist es schade, daß der Runhof so heruntergekommen ist. Was haben die dort nicht alles probiert, seit dem Krieg. Eine neue Schweinerasse gezüchtet, riesenhaft groß waren die Tiere und so empfindlich, daß sie mit Herzschlag tot umgefallen sind, wenn im Herbst die Jäger geschossen haben. Dann waren wieder Hunderte von Truthähnen dort, kein Mensch weiß, was aus den häßlichen Viechern geworden ist. Und jetzt geht wohl schön langsam alles zu Ende.“
    „Kann gut sein. Auf Wiedersehen also, Frau Habesam, ich muß jetzt weiter.“
    In der Dienststelle erwartete ihn Harald Mank und musterte seinen Kollegen argwöhnisch. „Hast du mir wirklich alles erzählt, was bei diesem Herrn Frieb los war?“
    „Alles. Warum

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