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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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die wunderbare Weinvermehrung bei der Hochzeit von Kanaan können auch sehr trockene Exegeten nicht als göttlichen Aufruf zur Mäßigung interpretieren. Aber wie überall in der Welt hat auch der Teufel die Klauen im Spiel. Na ja. Der Blaue Portugieser vom Franzgreis ist jedenfalls ein höchst erfreulicher Tropfen.“
    „Und paßt natürlich gut zur Ente …“
    „Freilich. Aber mir ist überhaupt der Rote lieber. Als Meßwein nehme ich den Cabernet Sauvignon vom Höllenbauer, obwohl mich der Mesner und die Köchin im Chor dafür schelten. Die Flecken in den Altartüchern, weißt du!“
    Das Essen hatte Simon Polt müde gemacht. Nach einem langen Mittagsschlaf besuchte er Karin Walter, um von seinem Gespräch mit Franz Fürst zu berichten.
    „So ist er eben.“ Die Lehrerin schob unwillig einen Stoß blauer Schulhefte beiseite. „Aber ein ganz lieber Mensch ist er auch. Ich könnte dir Geschichten und Geschichten erzählen, Simon. Aber etwas anderes. Ich wollte mich heute noch ein wenig am Grünberg umschauen, für den Schulausflug im Herbst. Kommst du mit?“
    „Ja“, sagte Polt, „ja, gerne.“ Und er spürte ein deutliches Kribbeln im Nacken.
    Am Waldrand legten Karin Walter und Simon Polt ihre Fahrräder ins Gras. Die Lehrerin schaute den Gendarmen prüfend an. „Was fällt dir auf, an so einem Übergang zwischen zwei Lebensräumen?“
    „Nicht viel.“ Polt war noch ein wenig außer Atem. „In Naturkunde war ich ziemlich schwach. Aber man lernt ja nie aus, nicht wahr?“
    „Das ehrt dich, mein Lieber. Schau einmal: Diese Stauden da gehören noch nicht richtig zum Wald, weil sie viel Licht und Wärme brauchen. Andererseits könnten sie ohne den Schutz höherer Gehölze nicht gedeihen. Gleich dahinter wachsen so ziemlich alle Sträucher, die bei uns im Weinviertel vorkommen. Unglaublich viele Insekten gibt es da, seltene Schmetterlinge, und natürlich Vögel.“
    Simon Polt war auch jetzt kein guter Schüler. Er achtete kaum darauf, was die Lehrerin sagte, aber er fand den Klang ihrer Stimme außerordentlich reizvoll. Auch hielt er es für pure Zeitverschwendung, Grünzeug zu betrachten und dabei womöglich Karin Walter aus den Augen zu verlieren.
    „Mir nach, Simon! Der Weg ist fast zugewachsen um diese Jahreszeit.“
    Aus der Stille, die über den Weingärten lag, tauchten die beiden in das vielstimmige Halbdunkel des Buschwerks ein und fanden sich wenig später zwischen schlanken Baumstämmen wieder. „Eichen, Hainbuchen und Linden stehen hier, Simon. Der Hohlweg vor uns folgt einem der langen Täler, die den Hängen des Grünbergs eine überraschend komplizierte Struktur geben. Und da links führt ein schmaler Weg direkt zum Gipfel, der Jungfernsteig.“
    Polt versuchte, nicht zu grinsen. „Den nehmen wir!“
    „Nein. Wir gehen geradeaus. Ich will dir was zeigen.“
    Nach einer Weile blieb Karin stehen und schaute sich suchend um. „Da muß es irgendwo sein. Dieser Graben linker Hand ist ein aufgelassener Hohlweg. Komm, wir müssen auf die andere Seite.“
    Abseits des Weges war es mühsam voranzukommen, hüfthoch wucherte das Grün. „Wir sind gleich da, Simon. Diese kleine Lichtung da vorne: Fällt dir was auf?“
    Polt sah Stauden und hohes Gras, aus dem Blumen leuchteten. Die tiefstehende Sonne legte lange Baumschatten darüber. „Was soll mir hier auffallen, Karin? Schön ist es.“
    „Ja, das auch. Außerdem stehst du vor einem Tatort, mein Lieber!“
    Die Lehrerin lief auf die Wiese und teilte mit beiden Händen das Gras. Der rundliche Buckel eines flach behauenen Steines kam ans Licht. Aus der Nähe erkannte Simon Polt dann ein Kreuz und verwitterte Schriftzüge. „Ein Grabstein, Karin?“
    „Ja. Der Fürst Franzl hat ihn entdeckt, und ihm ist es auch gelungen, die Inschrift zu entziffern. Unter der Jahreszahl 1638 wird berichtet, daß hier ein gewisser Georg von Datschit begraben liegt, der von drei Personen unerbärmlich ist ermerdert worden .“
    „Na das sind Raubersgschichten!“ Der Gendarm betrachtete fasziniert den Stein. Dann stutzte er. „Du Karin, da, an der Rückseite, ist noch etwas, nur oberflächlich eingekratzt!“
    „Tatsächlich, Simon. Ein Hut mit Feder! Kommt mir übrigens bekannt vor. Ein wenig wächst schon Moos darüber. Muß lange her sein, daß sich hier jemand verewigen wollte.“
    „Stimmt. Allerdings ist mir diese Zeichnung in den letzten Tagen auch anderswo untergekommen.“
    „Erzähl!“
    „Später einmal. Ist wahrscheinlich halb so wichtig.

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