Polt - die Klassiker in einem Band
könnte?“
„Meinetwegen. Und die Amalie, meinst du, haben alle gemocht. Es hat keinen Grund gegeben, ihr etwas anzutun.“
„Eines sag ich dir, Simon: Wenn mein verpfuschtes Leben noch einen Zweck haben soll, dann muß gesühnt werden, was gestern passiert ist, egal, wen es trifft.“
„Du willst mir also bei der Arbeit helfen?“
„Kannst es auch so verstehen, ja.“
„Aber wie die Amalie zur Flasche mit dem vergifteten Wein gekommen sein könnte, kannst du mir nicht sagen?“
„Nein. Und ich wüßte verdammt gern, was da geschehen ist.“
„Noch was, Firmian: Wenn du selber Hilfe brauchst, weil dir der Himmel auf den Kopf fällt oder so, jederzeit, klar?“
Wortlos wandte sich der Mesner ab. Polt ging, und weil Bruno Bartls Weingartenhütte ganz in der Nähe war, wollte er auch dort Nachschau halten. Die Hütte war offen und leer, doch dahinter, im Weingarten, stand eine Badewanne. Zu Polts Erstaunen saß der Bartl drin und wusch sich.
„Grüß dich, Bruno! Das war aber sonst nicht so der Brauch bei dir. Höchstens einmal, wenn der Regen die Wanne gefüllt hat. Wo hast du denn diesmal das Wasser her?“
„Vom Brunnen. Ich weiß einen, der noch funktioniert. Und in der Kirche muß man gewaschen sein, Herr Inspektor Polt!“
„Du willst in die Kirche gehen?“
„Ja. Wenn der hochwürdige Herr Pfarrer am Sonntag die hochheilige Messe liest.“
„Aber du warst doch nie in der Kirche, die letzten Jahre.“
Bartl gab keine Antwort und schaute stumm in den Weingarten.
„Bruno, weißt du übrigens schon, daß die Amalie Pröstler tot ist?“
Bartl nickte.
„Und hat das vielleicht mit deinem Kirchgang zu tun?“
„Mein ist die Rache, spricht der Herr“, sagte Bartl.
Kreuz und quer
Simon Polt war unruhig. Er empfand es schlichtweg als Zumutung, daß ihn seine bisher recht brauchbaren Erfahrungen als Gendarm diesmal nur verwirrten. Da gab es einen Bruno Bartl, der keiner Fliege etwas zuleide tat. Und dann kauft sich dieser harmlose Mensch ein spitzes Messer und ergeht sich in düsteren Andeutungen. Im Pfarrhof war die Welt für Simon Polt immer in gottgefälliger Ordnung gewesen. Und jetzt? Vergifteter Wein, eine tote Pfarrersköchin, deren Leben zuvor schier unlöslich mit dem des Pfarrers verbunden war. Und dann noch ihre seltsame Beziehung zu Heinz Hafner.
Nur das widersprüchliche Wesen von Grete Hahn, immer wieder für Überraschungen gut, gab Polt keine neuen Rätsel auf.
Mürrisch und ohne sich viel dabei zu denken, folgte er einem Güterweg, der nach Brunndorf führte. Immerhin ging es auf Mittag zu, und da war es ja möglich, daß Heinz Hafner im Haus Grete Hahns um die Kochtöpfe strich.
Sie war allein. „Inspektor Polt! Kommen Sie mir zuliebe oder wegen meines zeitweiligen Mitbewohners?“ Sie trug Jeans und ein hellblaues T-Shirt.
„Wissen Sie, wo Heinz Hafner ist, Frau Hahn?“
„Ich weiß, wo er nicht mehr ist.“ Sie lachte. „Der ist abgereist. Grete, mein gefallener Engel, hat er gesagt, für mich ist es derzeit überall schöner als im Wiesbachtal. Adieu.“
„Zum Teufel mit ihm! Darf ich telefonieren?“ Grete Hahn nickte, und Polt griff zum Apparat.
„Ja? Franz Greisinger hier.“
„Ich bin’s, Simon Polt. Sag einmal, wohnt der Heinz Hafner noch bei dir?“
„Warum nicht? Aber ich schau schnell in seinem Zimmer nach. Bleib am Apparat, Simon.“
Bald darauf war die Stimme des Wirtes wieder zu hören, noch ein wenig außer Atem. „Der ist weg. Nur ein Scheck liegt auf dem Tisch. Übrigens doppelt so hoch wie der Zimmerpreis.“
„Wie schön für dich, Franz. Danke!“
Polt wandte sich an Frau Hahn. „Und Sie?“
„Ich? Um ein paar sexuelle Erfahrungen reicher und wieder zu haben, mein Lieber!“
„Sie nehmen das ziemlich locker, wie?“
Frau Hahn wandte sich mit einer heftigen Bewegung ab. „Nein,“ sagte sie zur Wand. „Nein, ich nehme das ganz und gar nicht locker. Und jetzt gehen Sie besser, Herr Gendarm, aber schnell!“
Polt machte sich unverzüglich auf den Weg ins Wachzimmer, wo er Harald Mank berichtete.
Sein Vorgesetzter entschloß sich angesichts der Hitze zu einem reduzierten Wutausbruch und ließ die rechte Hand schwer auf den Schreibtisch fallen. „Einfach weg, sagst du? Der Kratky wird sich freuen. Ich versuch gleich einmal, ihn zu erreichen.“ Mank hatte Erfolg.
„Kratky.“
„Ein Glück, daß Sie im Büro sind, Herr Landesgendarmerieinspektor! Heinz Hafner ist abgereist, ziemlich überstürzt. Wir haben mehr oder
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