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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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oder Franz Fürst, der sich mit einem riesigen schwarzen Hund um einen Holzstock balgte. Polt sah die Prüfungszeugnisse des Lehrers, Dankschreiben von Eltern und Vorgesetzten, es gab Fotos, die ihn am Fußballplatz zeigten, auf Berggipfeln oder als offenbar begabten Turmspringer im Schwimmbad. Bilder, auf denen er mit Frauen zu sehen war, gab es natürlich auch. Polt stutzte: Bei einer davon, sie umarmte den Lehrer von hinten und hielt ihm die Augen zu, war es durchaus vorstellbar, daß sie Amalie Pröstler in jungen Jahren war.
    Der Gendarm ging weiter, ins eigentliche Preßhaus. Es war recht dunkel hier, und er ließ den Strahl seiner Taschenlampe umherwandern. Erinnerungsstücke noch und noch, Sperrmüll dazwischen, Bücher und eine altmodische Schreibmaschine. „Herr Fürst!“ Keine Antwort. Eine Holzleiter führte zu einem kleinen Raum, der sich hinter dem Preßhausdach in die Böschung schob. Polt erschrak, als er in einem zerschlissenen Polstersessel ein menschliches Gerippe sitzen sah. Auf den zweiten Blick erkannte er es als kunstvolle Bastelarbeit aus Papier. An der linken Seite des Brustkorbes war ein großes rotes Herz auf die Rippen geklebt, und über dem Schädel hing ein Plastikschwert am sprichwörtlich dünnen Faden. Der Gendarm kletterte nach unten, trat ins Freie und sah neben dem Gebäude eine offene Kellertür.
    Als er die nach unten führende Treppe betrat, schlug ihm eine unerwartete und beklemmende Mischung von Gerüchen entgegen. Verfaultes Holz, Kot, Urin, Verwesung. Polt spürte Übelkeit hochsteigen. Doch die Sorge um Franz Fürst verdrängte den Ekel. Rasch ging er nach unten und sah, daß eine Reihe brennender Kerzen den Keller erhellte. Dann sah er auch Franz Fürst. Er kauerte in einer Nische im Löß auf einem Haufen Fetzen und zitterte. „Herr Fürst!“ Polt trat näher, berührte ihn an der Schulter. Der Lehrer zuckte zusammen, schaute hoch und erkannte den Gendarm. „Die helfende Hand des Gesetzes? Oder die strafende?“
    „Die Hand vom Simon Polt. Und jetzt sagen Sie einmal, warum stinkt es denn hier so erbärmlich, Sie entschuldigen schon!“
    „Ich gebe seit Tagen das Schauerstück vom lebendig Begrabenen. Weiß schon gar nicht mehr, wie das Tageslicht aussieht. Meine Notdurft verrichte ich hier unten. Und dann ist da noch die Elsa.“
    „Elsa?“
    Fürst zeigt auf ein schwarzes Etwas, das Polt im Halbdunkel übersehen hatte. Eine tote Krähe hing an einem Stück Spagat.
    „Als sie noch gelebt hat, war die Elsa eine Freundin von mir. Und jetzt gehen wir eben gemeinsam den Weg alles Vergänglichen.“
    „Sie werden sich den Tod holen, hier unten.“
    „Oder der Tod holt mich. Aber das dauert. Ich bin zäh, wissen Sie? Immer sportlich gewesen.“
    „Kann ich Sie dazu überreden, mit mir nach oben zu gehen? Bitte, Herr Fürst!“
    „Das war hinterhältig.“
    „Warum?“
    „Ich hab noch nie Nein sagen können.“
    Donner und Blitz
    Franz Fürst hielt die Hand vor die Augen, als er zögernd ans Tageslicht trat. „Der Himmel zürnt. Spüren Sie nichts?“
    Tatsächlich hatte der Wind aufgefrischt. Polt schaute nach oben und sah blaugraue Wolken, die den Himmel fast völlig bedeckten. Schon fielen die ersten Tropfen. „Na endlich! Die Natur kann’s brauchen.“
    „So ein Gewitter bringt leider nicht viel, Herr Polt. Das meiste Wasser bleibt an der Oberfläche, und die Menschen haben in ihrer begnadeten Dummheit dafür gesorgt, daß das kostbare Naß so rasch wie möglich abfließt. Bei den Alten ging es um jeden Tropfen. Doch ihren Nachfahren ist es gelungen, das Land so lange trockenzulegen, bis es wirklich trocken war, wüstentrocken. Heute weiß man es wieder besser, aber es ist schon fast zu spät. Kommen Sie ins Preßhaus, Inspektor, da ist das Dach noch so halbwegs in Ordnung.“
    Franz Fürst ging voran, suchte nach Zündhölzern und Kerzen, fand beides. „Einen Augenblick Geduld. Ich muß mein alter ego retten, mein anderes Ich.“ Der Lehrer kletterte nach oben und kam mit dem Gerippe wieder. „Das Damoklesschwert kann bleiben, wetterfest, wie es ist.“
    Simon Polt ging zur offenen Tür des Bretterverschlages, um nach dem Wetter zu sehen. Es regnete heftig, wütende Windstöße jagten das Wasser in Schwaden über die Rebstöcke.
    Franz Fürst war neben ihn getreten. „Der Himmel gibt der Erde einen nassen Kuß. Nette Metapher für Regen. Hab ich irgendwo gelesen. Das hier schaut mir aber eher nach Vergewaltigung aus. In spätestens zwanzig Minuten wird

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