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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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der Hohlweg vor der Tür ein reißender Wildbach sein. Gehen wir besser in mein trautes Heim.“
    Im Preßhaus saßen der Lehrer und der Gendarm einander gegenüber. Lange war nur das Rauschen des Regens zu hören. Dann gab sich Franz Fürst einen Ruck. „Sie werden wissen wollen, was ich von den Lausbübereien, über die wir schon geredet haben, neuerdings halte?“
    „Ja.“
    „Ich bin ratlos, wirklich. Am liebsten würde ich Sie jetzt mit einer schlauen Lüge ruhigstellen, Herr Gendarm.“ In diesem Augenblick erhellte der Widerschein eines Blitzes die Türöffnung, und Sekunden später folgte ein gewaltiger Donnerschlag.
    Franz Fürst lachte. „War vielleicht doch keine gute Idee, das mit der Lüge. Dann also eben die Wahrheit, oder ein Stück davon. Die Sache mit dem gestohlenen Hahn des Pfarrers habe ich erst durch die Karin Walter erfahren. Was die anrüchige Verzierung des Gemeindeamtes und das Feuer im Zeughaus angeht, weiß ich allerdings, wer es war. Bin ja oft genug nachts unterwegs gewesen, in den letzten Wochen.“
    „Und?“
    „Nichts und. Das tote Reh war ein arger Schock für mich, und Amalie Pröstlers groteskes Ende hat mir wohl für immer den Boden unter den Füßen weggezogen.“
    Polt stand auf und holte das Foto, das ihm vorhin aufgefallen war. „Ist sie das?“
    „Ja. Vor tausendundeiner Ewigkeit. Ich versuche es mit einem Gedankenspiel, Inspektor, damit Sie verstehen. Nehmen wir einmal an, ich wäre der Fäkalanarchist und der nonkonformistische Zündler gewesen.“
    Der Gendarm schaute überrascht auf. „Ziemlich viele Fremdwörter, nicht wahr?“
    „Sie verstehen mich schon. Die beiden Untaten passen doch recht gut zu mir. Antiautoritär war ich auch schon in meiner gut frisierten Zeit. Daran konnten Anzug und Krawatte nichts ändern. Mein Hinausschmiß aus der Schule könnte die latente Abneigung gegen dörfliche Institutionen dann zum Haß gesteigert haben.“
    „Und warum sind Sie dann nicht auf die Schule losgegangen?“
    „Weil sie immer noch ein Stück von mir ist. Das kann ich aber weder vom Gemeindeamt noch von der Feuerwehr behaupten. Außerdem enthemmt Alkohol, und daß ich für ziemlich weitgehende Scherze schon immer Sinn hatte, werden Ihnen meine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen bestätigen.“
    „Ich glaub es auch so. Aber worauf wollen Sie hinaus?“
    „Kommt schon noch. Erst einmal biete ich Ihnen ein überzeugendes Indiz an, Herr Gendarm.“ Fürst kramte in einer Schachtel und überreichte seinem Gegenüber dann ein schmales Heft.
    „Da schau her!“ Polt starrte verblüfft auf die vertraute Zeichnung eines Federhutes. Im Gegensatz zu den Skizzen, die er bisher gesehen hatte, war diese allerdings durch ein seltsames Wort ergänzt: Revolit.
    Der Lehrer nahm Polt die kleine Broschüre aus der Hand. „Ich will Ihnen das Heft nicht geben, Herr Inspektor. Es ist wahrscheinlich das letzte Exemplar, und es war einmal sehr wichtig für mich. Nur soviel: Revolit steht für Rücksicht, Ehrlichkeit, Vertrauen, Opfer, Liebe, Initiative und Treue. Wir Lehrer haben dieses Wort damals als radikalen Aufruf dafür verstanden, stärker zu werden und andere stärker zu machen. Negativ betrachtet war unser Feindbild das konservative und autoritäre System.“
    „Das ist lange her, wie?“
    „Sehr lange. Unsere Ideale von damals habe ich versoffen und verraten. Nur von der boshaften Verrücktheit ist noch etwas da. Also noch einmal: Angenommen, ich wäre der Missetäter. Paßt es dann auch zu mir, ein Reh in der Falle verenden zu lassen und die Pfarrersköchin in einen stundenlangen Todeskampf zu schicken?“
    „Nach allem, was ich weiß, nein.“
    „Sehen Sie, Inspektor, das ist der Punkt. Wer auch immer gegen Gemeinde, Feuerwehr und Pfarrer aufgemuckt hat – ich kann mir nicht vorstellen, daß zu den beiden tödlichen Verbrechen eine Verbindung besteht. Und darum darf ich Ihnen nicht verraten, was ich weiß.“
    „Und die Zeichnung des Hutes an den Tatorten?“
    „Stammt natürlich von mir. Ich habe mich nachträglich mit der Aggression des Täters oder der Täterin solidarisch erklärt.“
    „Sie machen es mir nicht gerade leicht, Herr Fürst. Etwas anderes. Sie haben doch auch Botanik unterrichtet. Wissen Sie, ob bei uns hier im Wiesbachtal Tollkirschen wachsen?“
    „Und ob ich das weiß! Ich kann Ihnen sogar eine Stelle zeigen. Die Atropa Belladonna mag es sonnig, außerdem bevorzugt sie Kalkböden. Auf dem Grünberg gibt es einen ehemaligen Steinbruch. Ich

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