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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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dürfen. ‚Das mag ich so an dir‘, hat sie einmal ganz lieb geflüstert. ‚Nie nimmst du mehr, als ich dir geben will. Bleib so, versprichst du es mir?‘ Natürlich hab ich ja gesagt.“
    „Und dann?“
    „Nach dem Feuerwehrheurigen ist sie blöd kichernd mit einem Be­soffenen hinterm Gebüsch verschwunden. ‚Warum gerade der?‘ hab ich sie am nächsten Tag verzweifelt gefragt. Ihre Antwort klingt mir noch heute im Ohr: ‚Du traust dich ja doch nie!‘ Und weg war sie, perdö, wie der Franzose sagt. Aber dich interessiert heute wahrscheinlich was anderes, hab ich recht?“
    „Ja, schon. Du bist ein heller Kopf, Firmian, denken wir doch miteinander durch, was in den letzten Wochen so passiert ist.“
    „Wenn’s dir weiterhilft, Simon, gern.“
    „Wir werden ja sehen. Also eins nach dem andern: Lassen wir einmal den Tod der Amalie weg. Dann bleibt die Sache mit dem Gemeindehaus und der Feuerwehr, der gestohlene Hahn und das tote Reh, der Löwe vom Kriegerdenkmal, die Buttersäure in der Schule und dein ruinierter Wein. Ich erzähl dir einfach, was ich so vermute. Und sei nicht gleich beleidigt, wenn du auch eine Rolle dabei spielst.“
    Der Mesner lachte. „Doch schön, wenn ich einmal im Leben nicht übersehen werde.“
    „Also, der Pfarrer hat mich darauf gebracht. Er sagt, es ist auch seine Schuld, daß aus dem Bartl, dem Fürst und dir Verlierer, Außenseiter geworden sind. Kommt das so hin?“
    „Na ja, jeder macht sich sein Leben selber. Aber Verlierer ist schon das richtige Wort für uns, für alle drei. Wir haben uns gegenseitig nichts vorspielen müssen.“
    „Und dann hat der Pfarrer gemeint, euch wären ein paar bsoffene Gschichten schon zuzutrauen.“
    „Da hat er nicht unrecht. Aber wenn diese Vorfälle wirklich zusammenhängen, kann’s nicht stimmen.“
    „Warum nicht?“
    „Das Reh und – mein Wein. Da hört sich der Spaß nämlich auf.“
    „Ganz meine Meinung. Aber es könnte natürlich sein, daß jemand Hirngespinste mit der Wirklichkeit verwechselt. Im Vollrausch ist man ein anderer Mensch, im Delirium erst recht.“
    „Realitätenverlust ist der Fachausdruck dafür.“
    „Oder so ähnlich.“ Polt zog eine Spielkarte aus der Tasche. „Kannst du was damit anfangen?“
    „Natürlich. Die Pique Dame vom Franzl. Er hat viel darauf gehalten.“
    Polt gab dem Mesner die Karte. „Da, lies.“
    „ Ich war es , schreibt er“, murmelte Halbwidl. Dann blickte er auf, und in seinem alten Bubengesicht war ein Lächeln, das Polt nicht deuten konnte. Wortlos und mit ruhigen Händen zerriß der Mesner die Karte in kleine Fetzen, die er zu Boden fallen ließ.
    „Sag einmal, spinnst du?“
    „Nicht mehr als andere.“ Der Mesner roch an seinem Weinglas. „Ist dir das schon aufgefallen, Simon? Das Glas ist leer, aber die Seele vom Wein ist immer noch drin. Die ersäuft erst später im Abwaschwasser.“
    „Könnte vom Franz stammen, dieser Satz.“
    „Sehr gut. Setzen!“ Der Mesner füllte die Gläser. „Und jetzt weiter, Herr Gendarm.“
    „Wenn du meinst. Du hast einmal gesagt, daß vielleicht jemand den Leuten im Wiesbachtal etwas heimzahlen will. Gibt’s einen einzelnen, dem man das alles zutrauen kann?“
    „Na ja. Einer fällt dir wahrscheinlich genauso ein wie mir: Der Paratschek, noch dazu, wo die Sache mit dem Löwen passiert ist. Andererseits, Simon, er kann’s auch nicht sein. Das Reh …, meinetwegen, einem frustrierten Jäger trau ich alles mögliche zu. Aber das Weinfaß, weißt du? Der Paratschek ist ein boshafter Mensch, aber kein gemeiner Verbrecher.“
    „Gelegenheit hätte er dazu gehabt.“
    „Ja, schon. Aber ich kann nicht daran glauben. Wer war das wirklich mit dem Weinfaß, Simon? Das ist die Frage. Wer tut mir so was an?“
    Es blieb lange still im Preßhaus. Nur eine große Fliege summte.
    „Du“, sagte Polt dann, „du selbst hast es dir angetan.“
    Firmian Halbwidls Gesicht zeigte Erstaunen oder Erschrecken. „Das mußt du mir aber genauer erklären.“
    „Ich versuch’s. Handfeste Beweise gibt es bis jetzt aber keine, und recht muß ich auch nicht haben, das sage ich gleich dazu. Na gut. Der Firmian Halbwidl als Gemeindearbeiter. Fleißig für zwei, voller Ideen. Wird gekündigt, weil er Unruhe stiftet mit seinem Ehrgeiz. Der Feuerwehrmann Halbwidl wird dem Hauptmann zu vorlaut und muß gehen. Firmian, der Hilfsbereite, bringt die Jäger auf seinem Traktor­anhänger zum Wald, nimmt eine Kurve zu eng, der Anhänger kippt in den Graben. Die

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