Polt - die Klassiker in einem Band
Polt, „und zur Hölle mit dir.“
Mein ist die Rache
Am nächsten Morgen machte Polt eine für ihn neue Erfahrung. Er fühlte deutliches Unbehagen, als er in seine Uniform schlüpfte. Auf dem Weg zur Wachstube sah er, daß die Tür zum Kirchenwirt schon offenstand, trat ein und bestellte Kaffee.
„Na, Simon?“ Franzgreis schaute Polt aus verschwollenen Augen an, es war für ihn wohl spät geworden, gestern. „Eilig hast du es heute aber nicht mit der Arbeit.“
Der Gendarm nickte nur.
„Schnapserl gefällig? Hilft manchmal.“
„Mir nicht.“ Polt zahlte und ging.
„Guten Morgen, Simon!“ Harald Mank warf einen Blick auf die Uhr. „Nicht aus den Federn gekommen, wie? Was macht übrigens die Karin Walter?“
„Woher soll ich das wissen? Gibt’s was Neues?“
„Der Kratky wird ungeduldig, du sollst ihn anrufen.“
„Das auch noch.“ Polt zog das Telefon an sich heran.
Der Wiener Kriminalist hatte offenbar auf den Anruf gewartet. „Mein lieber Kollege Polt! Wie ich so höre, ziehen Sie gemächlich durch die Gegend und plaudern mit den Leuten. Ist das so?“
„Ja.“
„Und was unterscheidet Ihrer Meinung nach eine Ermittlung vom Zeitvertreib?“
„Ich verstehe die Frage nicht.“
„Das war zu erwarten. Also noch einmal, und diesmal volkstümlicher. Ich habe durchaus Verständnis für eine unkonventionelle Arbeitsweise. Aber zielführend sollte sie sein. Ich warte auf Ergebnisse, mein Freund. Es muß ja nicht der große Wurf sein. Aber ich vermisse sogar konkrete Kleinigkeiten, die uns weiterhelfen könnten.“
„Die Kleinigkeiten gibt es nicht.“
„Was sonst?“
„Einen größeren Zusammenhang. Vielleicht.“
„An Ihnen ist ein Philosoph verlorengegangen. Als Gendarm gefallen Sie mir weniger.“
„Daran kann ich nichts ändern.“
„Doch. Sie können! Ich habe schon mit Ihrem Dienststellenleiter gesprochen. Es wird ihm ein Vergnügen sein, mir ab morgen Ihren täglichen detaillierten Bericht zu übermitteln. Und jetzt will ich Sie nicht länger an der Arbeit hindern. Bis bald!“
Harald Mank hatte mitgehört. „Tut mir leid, Simon. Aber von seinem Standpunkt aus gesehen hat er recht. Und was dich angeht, auch wenn der Vergleich hinkt: Seit Tagen gehst du um wie eine tragende Katz.“
Jetzt grinste Polt. „Vielleicht wird’s ja doch noch ein großer Wurf. Aber im Ernst: Ich glaube wir haben es bald hinter uns, alle miteinander. Dann wird die Gerechtigkeit siegen, daß es nur so kracht, und die sogenannten Anständigen dürfen sich noch besser vorkommen.“
Der Gendarm griff wieder zum Telefon und wählte.
„Ja? Paratschek.“
„Simon Polt hier. Wär’s möglich, daß Sie morgen gegen zehn aufs Wachzimmer kommen?“
„Ich werde pünktlich sein.“
„Bestens. Und noch schöner wär’s, Ihr Freund Hafner könnte gleich mitkommen.“
„Er steht neben mir, säuft meinen teuren Bourbon und nickt. Was ist denn los, Herr Inspektor? Alles in Ordnung?“
„Alles oder nichts, Herr Paratschek.“
Gleich darauf erreichte der Gendarm Virgil Winter und bat den Priester um ein Gespräch am folgenden Tag, gegen Mittag im Pfarrhof.
Routinearbeit folgte. Geschwindigkeitskontrolle gemeinsam mit Inspektor Zlabinger. Am frühen Nachmittag mußte der Windauer Karl in seinem Haus in Brunndorf aus dem Bett geholt werden. Seit Monaten hatte der arbeitslose Alkoholiker Polizeistrafen nicht bezahlt. Darum wurde seine Festnahme angeordnet. Noch vor drei Jahren war der Windauer Unternehmer gewesen, Chef einer Tischlerei mit immerhin drei Mitarbeitern. Konkurs, fahrlässige Krida, die alte Geschichte. Polt und Zlabinger taten bedrückt ihre Pflicht, lieferten Windauer ab und kehrten ins Wachzimmer zurück.
Gegen drei rief Firmian Halbwidl an. „Gut, daß du es bist, Simon.“ Die Stimme des Mesners klang frischer als in den vergangenen Tagen. „Wir sollten miteinander reden. Es gibt wieder Neuigkeiten.“
„Tut mir leid, ich hab jetzt keinen Kopf dafür, Firmian. Bist du am Abend zufällig im Preßhaus?“
Der Mesner lachte leise. „Ja, zufällig.“
„Dann bis später.“
Nach Dienstschluß ging Polt nach Hause, zog sich um, hob seinen Kater hoch und vergrub für ein paar Sekunden das Gesicht im dichten, roten Fell des Tieres. Dann gab er Czernohorsky zu fressen und machte sich auf den Weg.
Er ließ das Fahrrad stehen. Den ganzen Tag über hatte er kaum auf das Wetter geachtet, es war eben Sommer. Doch nun schaute er, das Hoftor hinter sich schließend, zum Himmel hinauf.
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