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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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und schaute sich zunehmend verwundert um: Statt geradlinig oder sachte gekrümmt in den Löß vorzudringen, senkte sich diese Kellerröhre mit abschüssigen Flächen zwischen kleinen Etagen immer tiefer und endete schließlich in einer urtümlichen Höhlung, die gerade noch Platz für einen Tisch und ein paar Sessel bot.
    „Na also“, sagte der Herr der Tiefe befriedigt, als er die Runde in seinem Reich versammelt sah. „Wir wären soweit.“
    Wenig später sprudelte Grüner Veltliner in die Gläser, fast schon klar, nur von einem feinen Schleier getrübt. Die Männer sagten prost, denn das durften sie nach altem Brauch erstmals am Tag des heiligen Martin. Sie kosteten schweigend. Nach dem zweiten Schluck stieß Dr. Eichhorn einen ebenso genießerischen wie melancholischen Seufzer aus. „Phantastisch“, sagte er. „Jammerschade eigentlich, daß dieser vollmundige Naturbursche nach dem Filtrieren nur noch ein braver Vorzugsschüler sein wird.“
    „Geht nicht anders“, sagte Josef Schachinger und wandte sich ab, um eine neue Kostprobe zu holen. Eine gute Stunde später legte er den Weinheber beiseite, verschwand in der Dunkelheit eines Seitenganges und kam mit einer Flasche Rotwein wieder, die offensichtlich schon sehr lange im Keller gelegen hatte. „Zehn Jahre ist der Bursche alt. Anfangs habe ich geglaubt, daß nie etwas aus ihm wird, weil er so unharmonisch war. Aber inzwischen: meine lieben Freunde, mein lieber Herr Inspektor!“ Er zog vorsichtig den Korken heraus, führte ihn zur Nase, nickte befriedigt und schenkte behutsam ein, um das Depot in der Flasche zu halten. „Also, dann prost mit einem anständigen Wein für anständige Leute und einen Gendarmen!“
    Als Polt kostete, erschrak er beinahe vor der wuchtigen Tiefe und der betörenden Harmonie dieses schweren Weines. „Da hört man die Engel singen“, sagte Dr. Eichhorn nach einer Weile andächtigen Schweigens. „Und den Teufel lachen“, ergänzte Schachinger, der schon wieder einschenkte. „Wenn das so weitergeht“, stellte Christian Wolfinger fest, „trage ich heut einen mordstrumm Rausch nach Hause.“ Friedrich Kurzbacher nickte. „Nicht nur du.“
    Auch Simon Polt spürte, wie seine Gedanken allmählich ihre klaren Konturen verloren, ziellos und träge wurden, doch auch leicht und hellsichtig. Vorerst hatte er wenig Lust, sich dagegen zu wehren, denn er wollte die Gelegenheit nicht versäumen, diese kleine, matt erleuchtete Innenwelt unter der Erde so intensiv wie möglich zu erfahren.
    Josef Schachinger öffnete eine zweite Flasche, später noch eine dritte. Polt fiel auf, daß er sich die ganze Zeit über nie zu den anderen gesetzt hatte. Breitbeinig stand er in der Kellerröhre und beobachtete seine Gäste. „Hier unten“, sagte er irgendwann, wie zu sich selbst, „ist nur noch der Wein wichtig. Da ist mir die ganze Scheißwelt egal.“
    Karl Brunner, der lange geschwiegen hatte, blickte auf. „Aber am nächsten Tag ist alles wieder da, doppelt so groß und dreimal so schwer.“
    Dr. Eichhorn schaute nachdenklich zu ihm hinüber, schwieg aber. Dann fuhren alle zusammen, als Christian Wolfinger mit der Faust auf den Tisch schlug. „Und wer macht uns das Leben schwer? Verbrecher, wie der Hahn einer war! Ich sage euch, mit einem schlechten Menschen ist das wie mit einem schlechten Wein: Der muß weg, verdammt noch einmal.“
    „Da hat aber unser Herr Inspektor allerhand dagegen“, sagte Josef Schachinger ruhig. Wolfinger, der schon ziemlich betrunken war, faßte Polt vertraulich an der Schulter: „Dienstlich vielleicht, aber doch nicht wirklich, was, Simon?“
    „Doch“, sagte Polt. „Doch, wirklich.“
    „Darauf trinken wir noch einmal. Soviel Gerechtigkeit muß gefeiert werden.“ Schachingers Augen glänzten angriffslustig.
    Polt spürte deutliches Unbehagen. Die Stimmung war anders geworden, er gehörte jetzt nicht mehr zur Runde, und hier unten saß er in der Falle.
    „Ich habe eine bessere Idee“, hörte er da zu seiner Erleichterung Karl Brunner sagen: „Wir probieren auch noch in meinem Keller, ob der Wein was taugt.“
    „Ihr bleibt hier“, entgegnete der Schachinger störrisch. „Wenn ich euch endlich einmal alle beieinander habe.“ Karl Brunner hob andeutungsweise die Schultern. „Ja, wenn dir mein Wein zu gering ist, Josef …“
    „Natürlich nicht.“
    „Also, dann komm.“
    Im Licht, das aus der offenen Preßhaustür drang, suchten die Männer ihre Autos, und Polt nahm mit schlechtem Gewissen

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